Posts Tagged ‘indischer Alltag’

Die Somar-Connection

Thursday, August 7th, 2008

Gestern Abend rief mich mein bester Freund und Frauenversteher Somar an, es gäbe Neuigkeiten bezüglich Manoj. Ob ich die hören wolle? Er käme dann gleich mal vorbei, er sei eh grad in der Gegend. Und U. sei doch in Delhi, die Luft also rein für ein konspiratives Besäufnis, oder?

‘Klar‘, sagte ich und rollte mit den Augen vor lauter Müdigkeit, ‘komm vorbei!‘, denn natürlich war ich neugierig, was Manoj von Somar gewollt hatte. Dazu muss ich ergänzen, dass die beiden sich bisher nur einmal begegnet waren. Damals hatte mir Somar gesteckt, wie unsympatisch er M. gefunden hatte. Er sei maulfaul, unmotiviert und deutlich zu schlecht gelaunt für seinen Job als Fahrer. Dann hatten wir das Thema gewechselt, zu unerfreulich.

Teatime in India

Sunday, June 29th, 2008

Gelbe Hitze, staubschwere Luft. Wir treten aus dem kühlen Schatten des Mandai-Markts heraus und haben Durst auf Chai. Chai, oder Cha auf Marathi, ist die indische Antwort auf den englischen Fünf-Uhr-Tee, nur dass sich Inder in ihrem Teekonsum nicht auf eine Tageszeit beschränken. Überall und zu jeder Zeit wird der süße, starke schwarze Gewürztee angeboten und konsumiert. Chai ist nicht bloß ein Getränk in Indien, es ist eine Lebenshaltung.

Wir haben Glück: Gleich an der Lieferrampe für Bananenstauden steht ein Chai-Wallah mit seinem mobilen Teestand. Der Kerosinbrenner faucht, der verbeulte Aluminiumtopf mit dem Gebräu brodelt. Gelassen steht der Mann an seinem Brenner, beobachtet den siedenden Inhalt, nimmt Augenmaß und gießt immer dann, wenn der Topf überzukochen droht, mit einer Kelle in hohem Bogen ein wenig von der Flüssigkeit in eine Extrakanne, nur um dann, wenn sich das Gebräu beruhigt hat, den Inhalt der Kanne wieder dem Topf hinzuzufügen. Jedesmal mit großer Geste, prüfend, routiniert. Dann noch ein wenig grob zerteiltes Lemongrass hinzugefügt, blubbernd aufgekocht, erneut abgeschöpft, im Bogen gegossen, bis der Meister zufrieden ist. Das dauert. Erst wenn ein Maximum an Cremigkeit, an sahniger Konsistenz erreicht ist, wird der Tee serviert: Mit einem feinen stolzen Lächeln gießt uns der Wallah den Tee in zwei der bereitstehenden Gläschen.

“two rupees.”

Friday, June 20th, 2008

Ich war heute einen Tee trinken mit Manoj, wie so oft, auf unseren Einkaufstouren durch die Stadt, die uns häufig zu Dorabjees und einem nahegelegenen Aquarium-Shop führen. Manoj plauderte ein wenig mit einem Freund, Vinodh, und wir alle genossen die entspannte Atmoshäre nach einem arbeitsamen Tag, auf der Straße stehend, neben dem Auto, um uns herum das quirlige Leben, das nur Indien einem schenken kann.

Als ich schließlich zum Aufbruch mahnte, eingestiegen war und die Tür schloss, zeigte sich neben dem Fenster ein ernstes Jungengesicht. “Madam, shoeshine?”, fragte der Elfjährige zaghaft und überhaupt nicht gierig durch die Scheibe und ich schüttelte den Kopf. Wir hatten es eilig. “No!”, formten lautlos, aber sanft meine Lippen, doch der Kleine ließ nicht locker. Ich verneinte zwei weitere Male lächelnd, deutete auf meine Schuhe, die doch gerade erst von einem anderen Schuh-Künstler auf Hochglanz gebracht worden waren.

Warum ich Indien liebe, die 2.te

Wednesday, June 4th, 2008

Ich werde Indien nicht mehr verlassen, wenn es nach mir geht. Jedenfalls nicht, um woanders zu leben. Und wenn nicht Indien, so auf keinen Fall die Tropen, was für mich gleichzusetzen ist mit Asien, insbesondere Süd-Ost-Asien. Ich sitze in einem kleinen Tandur-Lokal auf einem schmierigen, fragilen Plastikstuhl direkt am schmutzigen Gehsteig der Dhole-Patil-Road und lasse entspannt das nächtliche Treiben an mir vorbeiziehen. Dann greife ich zum Handy, um U. kurz darüber zu informieren, dass ich nie wieder zurück will. Er versteht und grunzt zustimmend in den Hörer. Darin sind wir uns einig. Ich könnte und werde an dieser Stelle eine kurze Liste aufführen, warum ich Indien hassen könnte.

Das Internet. Mal funktioniert‘s, die meiste Zeit nicht. Ich habe in den vergangenen Wochen endlose (und endlos viele) Telefonate geführt, um die Kisten zum Laufen zu bringen, versprochen wurde viel, passiert ist wenig bis nichts. Angeblich liegt’s an ‘nem deutschen Server, den sie zum Laufen bringen müssen: „Madam, just another one and a half days, then it‘ll be working“. Naja.

and then again…

Wednesday, May 7th, 2008

it is so beautiful here. A warm wind is caressing my skin as I leave the house in twilight to buy some cigarettes at a close-by stall . I look up at the construction site facing the west, last fading light, when I see some people on top of one of the poor, one-storeyed houses on the opposite side of the empty site erecting a simple construction of coloured banners, flapping in the wind. I can see grace there, and beauty and even something divine as the people seem so devoted to what they are doing. And for a moment time is standing still in India. The wind, the silhouettes of the people against the darkening sky, the ordinary noises from the street – everything is flowing harmoniously together into a big melting pot of life. It is a peaceful image I´m taking home with me and on this evening I´m sure that India is not going to break me. I will always find something to love.

Vom Glück einer europäischen Geburt

Tuesday, May 6th, 2008

Gestern war ich geschockt. Nicht nur Jothie hat unter einem trunksüchtigen Ehemann zu leiden, auch Wondana hat so eine nutzlose Zecke erwischt. Folgender Sachverhalt: Wie wir wissen, ist Wondana schwanger. Sie erwartet eine Larki, also ein Mädchen. Neulich, als sie mir das mitgeteilt hat, um ihre Übelkeit und ihr Nichterscheinen zu erklären (ansonsten ist sie zuverlässig, die Süße, es könnte also etwas werden mit unserer arrangierten Ehe), strahlte sie über beide Backen. Ich habe sie beglückwünscht, mich mit ihr gefreut. Leider währte das Glück nicht allzu lange.

Gestern war sie bei mir, als das Telefon klingelte. Somar, mein Freund und Helfer, war am Apparat, gleichzeitig Wondanas Großonkel, oder was weiß ich. Er wollte Wondana sprechen. Dann verlangte er mich: Er müsse mir leider mitteilen, dass Wondana heute einen freien Tag bräuchte. Sie müsse nämlich in die Klinik, um ihr kleines Mädchen abzutreiben. Das habe ihr Ehemann von ihr verlangt, und sie hätten deswegen einen großen Streit am Wochenende gehabt. Ihr Ehemann sei im Übrigen ein Trinker und das Geld reiche nicht hin und her um die Familie zu ernähren, also müsse das Mädchen weg und Wondana heute in die Klinik (nach Auffassung des Ehemannes).