Archive for December, 2008

Eine (kleine?) indische Tragödie…

Tuesday, December 30th, 2008

Eine Ziege mit neugeborenem Zicklein vor einer Hütte

Bad news für Somar: Wenn mein Organisationstalent und bester-Freund-und-Frauenversteher Pech hat, sitzen er, Shanti und ihre kleine Familie inklusive Somars demenzkranker Mutter, ihrer Ziege Peanut und den beiden Zicklein ab dem Neujahrsmorgen auf der Straße, obdachlos und ohne Perspektive auf ein neues Zuhause, denn dafür ist kein Geld da: Somar hat nämlich, als er vor zehn Jahren das kleine Einraum-Haus an der Airport-Road kaufte, den Vertrag juristisch nicht prüfen lassen und das ist nicht gut für ihn, überhaupt nicht gut.

Leider befindet sich seine zehn-Qudratmeter-Hütte nämlich auf einem Grundstück, das dem Militär gehört. Daran ist grundsätzlich nichts verkehrt, bis auf die Tatsache, dass alle Häuser, die am Rande des Grundstücks errichtet worden sind, ILLEGAL gebaut wurden, somit jederzeit enteignet werden können, zum Abriss freigegeben, plattgemacht. Gottseidank hat sich das Militär bislang nicht gerührt.

Arizona? Afrika? Indien?

Sunday, December 28th, 2008

blick auf steppenlandschaft und akazien

Freie, unbebaute Natur hat in Indien Seltenheitswert, jedenfalls in Pune und Umgebung. Die meisten unbebauten Landstriche sind nicht etwa Äcker oder andere Anbauflächen, sondern eingezäunte und bewachte Militärgebiete, in denen einem auch gern mal die Granaten um die Ohren fliegen. Neulich fuhr ich nach Alandi – einem kleinen Pilgerort nördlich von Pune, als es 50 Meter rechts neben der als ‘Highway‘ bezeichneten kleinen Landstraße erst pfiff und dann laut schepperte. Mitten in der steppenartigen Graslandschaft stiegen Staubwolken gen Himmel.

Shabundin rollte mit den Augen und meinte nur lakonisch: “Ooch, das sind doch nur Granaten, das machen sie hier immer.” Irgendwo müsse man schließlich trainieren für den Anti-Terrorkampf oder die Grenzauseinandersetzungen mit Pakistan.

Die Detonationen gefielen mir nicht, wohl aber das Gebiet, in dem die Army Krieg spielt. Also machten U., Kalu und ich heute einen Ausflug in das sonntäglich verwaiste Militärgebiet, zu dem ich mir einen unbewachten Zuweg gemerkt hatte.

Frohe Weihnachten!

Wednesday, December 24th, 2008

Kalu mit Weihnachtsmütze

…. und ein harmonisches, friedvolles Fest ohne Sorgen im Kreise aller, die Ihr liebt, wünschen Euch der genesene Weihnachtskalu und Julia. Feiert schön!

Danke, Indien!

Tuesday, December 23rd, 2008

Indien – Du bist ein störrischer Esel: Man kann an Dir ziehen und zerren und Du bewegst Dich nicht vom Fleck. Es sei denn, Du willst. Du bist durch und durch eigensinnig, hast Deine so geliebten ‘Rules and Regulations‘ und Du hast eine Million Wege, diese zu umgehen.

Du kannst einen in den Wahnsinn treiben, wenn man etwas bewegen möchte und das möglichst schnell. Effizienz ist in Deinen Genen nicht vorgesehen. Genauso wenig wie Gründlichkeit, oder Genauigkeit. Und auch Pünktlichkeit ist eher Deine Sache nicht. Aber vergessen wir mal diese langweiligen europäischen Tugenden, so sie denn welche sind, und wenden uns einer viel humor- und liebevolleren Art zu, Deine Eigenheiten zu betrachten:

Es gibt ein großartiges Video mit Bollywood-König Sharukh Khan, das all Deinen Eigensinn, Deine Doppelbödigkeit, Deine Ambitionen, Deinen Patriotismus und Deine Bauernschläue auf die Schippe nimmt, und das sich lohnt, genau betrachtet zu werden, denn dann kapiert man vielleicht ein bisschen, wie Du tickst: Phir Bhi Dil Hai Hindustani – Mein Herz schlägt indisch.

Die Schönheit des Makels

Monday, December 22nd, 2008

Indien ist voller schöner Dinge.

Dieses Kunstwerk erstand ich neulich, als ich noch keinen kranken Hund hatte und noch das Haus verlassen konnte 😉 bei einem Basar fliegender Händler aus anderen Staaten, insbesondere Rajasthan. Witzig fand ich, dass der Händler überhaupt nicht begreifen konnte, was ich an diesem alten Tontopf so schön fand: Er gab mir die Vase mit verächtlicher Geste, war doch die Glasur nicht ebenmäßig, und an einer Seite verbeult war sie auch, die Vase, nicht die Glasur.

Ich unterließ es, ihn aufzuklären, wieviel Schönheit nach europäischen Maßstäben hier vor mir stand und lächelte in mich hinein. So unterschiedlich können die Auffassungen sein!

Ich war glücklich: Hätte ich so ein Stück suchen wollen, wäre ich wohl erst in Europa, und da auch nur mit Glück, in einer Galerie für alte japanische Töpferkunst fündig geworden – für ein Hundertfaches des indischen Preises.

Tod den Streunern.

Sunday, December 21st, 2008

Schlechte Aussichten für alle Straßenhunde in Maharashtra und Goa: “HC okays stray dog culling” – hinter dieser kryptischen Überschrift verbirgt sich eine schockierende Todesbotschaft für alle Streuner, wörtlich übersetzt: Der Highcourt in Mumbai segnet das Erlegen von streunenden Hunden ab.

Das Grundsatzurteil eröffnet gegen alle Argumente der am Prozess beteiligten Tierschützer die Jagd auf viele Hunderttausend frei auf den Straßen lebende Hunde, die nun mit staatlicher Absegnung getötet werden dürfen, sobald sie die Schnauze zu weit öffnen: Voraussetzung für die Lizenz zum Töten ist nämlich nicht, dass die Opfer aggressiv oder unheilbar krank sein müssen – nein, die Erregung öffentlichen Ärgernisses kann nach Meinung der Richter bereits gegeben sein, wenn die Hunde zuviel oder zu laut bellen.

Wer Indien kennt oder in dem Land lebt, weiß, dass das quasi jede Nacht der Fall ist: Überall bellen Hunde und verteidigen ihre Reviere. Das ist völlig normal. Bis jetzt war es das auf jeden Fall.