Archive for February, 2009

Kalu allein in Pune oder: Somosa macht Urlaub

Friday, February 20th, 2009

Ich frage mich, wer in der kommenden Woche tapferer sein muss: Kalu oder ich?

Vermutlich ich. Drei Monate lang waren der kleine Scheisser und ich maximal für ein paar Stunden getrennt, von unserem Kurzaufenthalt in Deutschland Anfang Dezember einmal abgesehen, als er ganz frisch bei uns war. Jetzt gilt es für Kalu zu entdecken, dass es ein Leben auch ohne Julia gibt, dafür aber mit ganz vielen anderen Hunden und hoffentlich lieben Menschen, einem jetzt schon verhassten Pool (!) und Spielstunden ohne Ende.

Für ihn stelle ich es mir so vor, als wenn man das erste Mal auf Klassenfahrt geht, nur dass man die Klasse noch nicht kennt. Aufregend. Eine Gelegenheit, unabhängiger zu werden, sogar als Hund. Vielleicht macht er als erstes ja ein Fass auf, mit den anderen “Insassen” – Hey, cool, man, endlich sind wir sind sie los! Weiss man‘s?

Die indische Frau – das Vielfältigkeitswunder

Wednesday, February 18th, 2009

eine lächelnde Hausfrau in der Küche arbeitet am Computer

Seht Euch das an, seht es Euch ganz genau an (Doppelklick aufs Bild). Das Bild der modernen indischen Frau, die da so glücklich lächelnd in der Küche steht: Inmitten von Gemüsebergen schwingt sie lässig das Messer und macht gleichzeitig online-Überweisungen zwischen Möhrchen, Paprika und Tomatenstückchen. Überprüfen wir das Werbefoto einer online-Dienstes mal auf Lebensnähe:

Erstens: Sie steht in der Küche, also da, wo ein liebendes Weib und eine gute Mutter in Indien hingehören. Die Küche ist ihr Reich; natürlich steht Frau Saubermann da und nirgendwo anders. Nicht etwa in einem eleganten Arbeitszimmer, wo man online-Aktivitäten ja auch erledigen könnte. Aber dann fehlte natürlich das Rollenmodell für die breite Masse. Ergo musste es die Küche sein. Ich schätze, das gibt 100 Punkte für den Realitätsbezug.

Zweitens: Sie ist natürlich gertenschlank, trotz aller Kochkünste. Wundert mich, dass das nicht von vielen Inderinnen als Affront empfunden wird. Die Realitäten sehen bei verheirateten Paaren nämlich häufig anders aus. Das bewerte ich lieber nicht, ich will noch ein bisschen leben.

Kuh-Pipi statt Cola?

Monday, February 16th, 2009

indische Kühe fressen aus einem Muellhaufen auf der Straße

Wenn es nach dem Willen der fundamentalistischen Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) geht, werden wir in Indien alle in Zukunft Kuh-Urin statt Cola trinken: Mit einem euphemistisch als Kuh-Wasser bezeichneten Gebräu aus Urin und Kräutern will sich die RSS gegen die Fremdbestimmung von Coca-Cola & Co im heimischen Getränkemarkt durchsetzen.

Laut Spiegel.de befindet sich das Getränk momentan in einer Erprobungsphase und durchläuft verschiedene Tests im nordindischen Lucknow – die Markteinführung ist für Ende dieses Jahres geplant.

Die RSS-Organisation gilt als eine der militantesten unter den fundamentalistischen Hindu-Gruppierungen Indiens und glaubt an die Wiederbelebung traditioneller hinduistischer Werte und eines nationalen Bewusstseins. Ich zitiere Wikipedia, englisch: “RSS believes in a “burning devotion to the Motherland (India), a feeling of fraternity among all citizens, intense awareness of a common national life derived from a common culture and shared history and heritage”, as well as to “activise the dormant Hindu society (of India), realise its past mistakes, to instill in it a firm determination to set them right, and finally to make it bestir itself to reassert its honour and self-respect.”

Ninjas für die Liebe

Saturday, February 14th, 2009

ein Kampfkünstler verteidigt Liebespaare

Schlechte Aussichten für engstirnige Moralapostel: In einer beispiellosen Aktion beschützt am heutigen Valentinstag ein Geschwader von Liebesengeln die Liebespaare von Neu Delhi vor Übergriffen von selbsternannten Sittenwächtern. Der Trick dabei: Alle Teilnehmer der Aktion sind Kampfkünstler, die meisten von Ihnen tragen einen schwarzen Gürtel. Mindestens 10 solcher Liebesengel-Gruppen werden die typischen Treffpunkte von Liebespaaren “bewachen” – moralsaure Aggressoren werden nötigenfalls flachgelegt, allerdings nicht im Bett.

Ravi Kalvar, der Gründer der ‘Save the Earth’ Foundation, richtet sich mit der Aktion vor allem gegen die Shri Ram Sene, die einen Boykott des Valentinstags von den Mädchen und Jungen der Stadt gefordert hatten: “Das sind doch kranke Leute, vereint durch ihre Frustration und Eifersucht. Der Valentinstag ist ein Tag, an dem man seine Zuneigung zeigen darf und sollte und zwar auch einem selbstgewählten Partner. Dies ist ein freies Land und wir lassen uns weder diese Freiheit noch ein Recht auf freie Partnerwahl durch eine selbstgestrickte, Taliban-orientierte Organisation nehmen “, erklärte er der Times of India.

The colours of my mood

Wednesday, February 11th, 2009

Es dämmert in Pune. Gerade habe ich unseren Besuch verabschiedet, die Tür fällt ins Schloss und ich bin wieder allein. Ich öffne die Flügeltür auf den kleinen Treppenabsatz, die sich gen Süden öffnet, die Sonne ist längst hinter der Bauruine zur linken Seite unserer Wohnung verschwunden, und schaue in den Abendhimmel, der zartblau die Nacht einläutet. Ich sehe die Schwalben, die kreisend ihre letzte Abendrunde drehen, höre die Schwingen des Adlers, der, mit einem Stöckchen im Schnabel, den für heute letzten Baustein zu seinem Horst in dem großen Eukalyptusbaum unseres Gartens hinzufügt.

Kalu knabbert sanft an einem Stöckchen auf dem Rasen, die Waschmaschine rumpelt leise und dienstfertig in der Kammer neben dem Arbeitszimmer und ich genieße die ungewöhnliche Stille dieses Moments – die Kreissägen von der Baustelle nebenan schweigen, kein nahes Hämmern oder Hundegebell durchbricht die akustische Hintergrundkulisse aus fernen Verkehrsgeräuschen der Stadt – Pune atmet für mich hier und jetzt Entspannung und Frieden.

Über den Berg.

Tuesday, February 10th, 2009

little brown dog chewing on sneakers


Aufatmen. Die Krankheit als solche gilt als überstanden. Kalus Staupetiter hat das beachtliche Ergebnis von 1,9 logND50 und dieses kryptische Zifferchen nebst kryptischer Einheit (logND50?) gilt in Fachkreisen als nahezu perfekter Schutz. Man könnte jetzt glauben, die Sache sei damit vom Tisch und fortan leben alle glücklich und zufrieden.

Das ist ein Irrtum.

Jetzt ist Reha dran, damit das Zucken weniger wird und auch das unkontrollierte Hingefalle, aua. Zu diesem Zweck empfehlen Tierarzt und die freundliche Akupunkteurin Leyla von nebenan (jawohl, richtig gelesen: Akupunkteurin, allerdings für PFERDE, die sich aber auch Hunde zutraut, und die ich schließlich in Pune ausfindig gemacht habe) Physiotherapie, möglichst im Wasser. Mit anderen Worten: Der Hund muss SCHWIMMEN.

Nun ist dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden. Die Zusammenhänge sind einigermaßen klar: Hund spaddelt, Hund bewegt Brustmuskulatur, Hund trainiert Beweglichkeit und Koordination und baut in seinem schwachen linken Vorderlauf Muckis auf, die dann den fehlgeleiteten Nerven einen Vogel zeigen können, wenn der Tickimpuls kommt.