Archive for the ‘Reisen’ Category

Zulassung, die Zweite.

Sunday, July 4th, 2010

pulsar 220

Was macht man, wenn man in Indien offizielle Dinge geregelt haben will und dafür nicht Wochen oder mitunter Monate in einer gemeingefährlichen Schlange stehen möchte?

Richtig, man geht zu einem “Agenten”. Dies ist die euphemistische Bezeichnung für einen Menschen, der sehr gute Connections zur jeweiligen Behörde hat und den man für dessen Dienste unverhältnismäßig hoch bezahlt – mit anderen Worten: für Bestechung.

Als ich am Donnerstag geschlagen und unverrichteter Dinge den Handgreiflichkeiten hunderter verzweifelter und sauerstoffarmer Menschen bei 45 Grad im Collectors`Office entronnen war, war mir klar, dass ich mit meinem Anliegen, der Beglaubigung sämtlicher Dokumente, einem knapp 100 Seiten starken Pamphlet, auf offiziellem Weg nicht weit kommen würde. Also ließ ich mir von meinem Händler die Telefonnummer von Sanchit geben – er würde, gegen entsprechend Bares – das geforderte Affidavit innerhalb weniger Stunden besorgen können, versprach mir Shaunak.

Deutschland, Deine Fischbrötchen.

Wednesday, April 28th, 2010

Wie Ihr ja (aus bespielsweise) diesem und diesem post wisst, kann man mich normalerweise NICHT mit einer Deutschlandreise erfreuen. Da nun aber für Anfang Mai ein Deutschlandbesuch geplant ist, liege ich U. schon seit Tagen in den Ohren mit so völlig unpassenden und unangebrachten Fragen wie: “Muss das denn sein?”, “Kannst Du nicht alleine fliegen?” und der ultimativ destruktiven Frage: “Was soll ich da?”,  bis mich mein ebenso sanftmütiger wie geduldiger Mann wieder auf den Boden der Tatsachen und damit den Pfad einer tugendhaften Haltung gegenüber meinem (un)geliebten Heimatland zurückführt: “Ganz einfach, Hase, Du musst Schuhe kaufen!”

Das ist in der Tat ein schlagendes Argument. Ich liebe Schuhe. Gute Schuhe. Schuhe, in denen man sogar gehen kann. Schnell, möglichst. SOLCHE Schuhe gibt es nicht in Indien. Jedenfalls nicht für Frauen. Die durchschnittliche Inderin steckt ihr zartes, oder weniger zartes Füßchen in der Regel in feinst zisilierte Sandalen, was zwar den Temperaturen angemessen, aber zur Fortbewegung wenig hilfreich ist.

Helge is back!

Tuesday, March 30th, 2010

Helge-Timmerberg

Es gibt Zeiten der Dürre und es gibt Zeiten des Überflusses: Als ich vor nahezu zwei Jahren diesen Eintrag postete, ging ich davon aus, dass meine literarische Dürre für den Rest des Lebens andauern würde, hatte doch der geilste Reise-Schreiber der Nation angekündigt, jetzt seine Wandertätigkeit einzustellen und in Berlin für den Rest seines Lebens in den Sessel zu pupsen. Timmerberg, der Prophet, war müde.

Ich hingegen war zerstört. Hatte nicht er, der Eine, der Wahre, der Einzigartige, meine Tage erhellt, mein Zwerchfell erschüttert, Lebensfreude in der Düsternis des spießigen Alltags geschenkt, wenn U. und ich abends zusammen saßen und beim gegenseitigen Vorlesen so laut lachten, dass unsere ehemaligen Nachbarn uns am nächsten Tag besorgt und eine Spur zu neugierig fragten, was wir denn gestern für eine Party gehabt hätten?

Das Leben ist schön.

Monday, March 29th, 2010

countryside

sugarcane

heavy load

roadside-dhaba

“Momentan ist richtig, momentan ist gut
nichts ist wirklich wichtig
nach der Ebbe kommt die Flut…

am Strand des Lebens, ohne Grund, ohne Verstand,
ist nichts vergebens,
ich bau die Träume auf den Sand – und es ist, es ist ok…
alles auf dem Weg…
Es ist Sonnenzeit, unbeschwert und frei…

und der Mensch heißt Mensch
weil er vergisst, weil er verdrängt
und weil er schwärmt und stählt,
weil er wärmt, wenn er erzählt

und weil er lacht, weil er lebt

Du fehlst…”

Herbert Grönemeyer – Mensch

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Der glühende Fahrtwind weht durch die weit geöffneten Fenster unseres Autos und trocknet die Schweissrinnsale am Oberkörper. Leider nur dort: Zwischen meinen übereinandergeschlagenen Beinen haben sich kleine Stauseen gebildet, die sich beim Umsetzen auf den Sitz ergießen und dort, zusammen mit dem Staub der Straße, eine klebrig-braune Koalition eingehen, auf der ich sitze. Dass es richtig heiß ist, merkt man daran, dass sich auf meinem schwarzen T-Shirt weiße Salzränder unter meinen Brüsten bilden, und überall dort, wo die Haut ein paar Falten wirft. Bin ich ein Zebra?

You are so cute!

Wednesday, March 24th, 2010

haad-yao-palms

Ist schon merkwürdig: Eigentlich wollte ich Somosa leise und sanft entschlafen lassen, aber die jüngsten Ereignisse kribbeln in den Fingern und ein paar von Euch, die mir offensichtlich zugeneigt sind, lassen nicht locker: Soll Somosa leben oder sterben?

Ich könnte (und werde) Geschichten der letzten sechs Monate erzählen…

Eines vorab: Mir – und allen, die mir lieb und teuer sind, geht es gut, sehr gut. Als ich im letzten… ? (Moment, lasst mich nachsehen- wann war es denn eigentlich? O.K., November) erwähnte, dass ich mich zurückziehe, hätte ich nicht geglaubt, dass das ein so großes -und vor allem langfristiges- Thema wird. Aber das Leben ist immer anders als unsere Vorstellung.

Um etwas konkreter zu werden: Ich war (und bin, allerdings mit nachlassendem Elan, weil schon wieder ein anderes Thema aktuell ist) damit beschäftigt, klassische indische Miniaturen nach Deutschland zu exportieren, sowie Marmor-Gebrauchs/Dekorgegenstände, wie beispielsweise durchaus geschmackvolle, schlichte Schalen, große Wasserbecken ohne den typisch indischen Barock, Nandis etc., also Einrichtungsgegenstände, die der durchschnittliche Germane unbedingt zum Glücklichsein braucht. Oder etwa: Nicht?

It must be love…

Monday, October 12th, 2009

Samtweich streichelte heute morgen um vier die linde Nachtluft Indiens meine übermüdeten Glieder, als ich, verschwitzt und übernächtigt, voller Freude übers Rollfeld lief. Ich war drauf und dran gleich dort meiner Freude Ausdruck zu verleihen, auf die Knie zu fallen und den geheiligten indischen Boden zu küssen, konnte mich aber gerade noch zurückhalten und verschob das Ritual auf später.

Ich konnte nicht anders, als breit zu grinsen, als mir die junge Krankenschwester in einer pro-forma-Prozedur das Fieberthermometer (?) an den Hals hielt – 98° Fahrenheit, no worries –  und mich der bärtige Arzt nach irgendwelchen Schweinegrippen-ähnlichen Unpässlichkeiten fragte, die ich lächelnd verneinte: “Namaskar!” schmetterte ich ihm stattdessen gutgelaunt und Uhrzeit-unangemessen entgegen und preschte nach dem üblichen Stempelritual der Immigration entgegen. Dort fehlte mein spezieller Freund vom letzten Mal, Mr. Wichtigtuer, der mich ohne mein original FRO-Papier nicht einreisen lassen wollte. Stattdessen saß dort ein junger, durchaus netter Beamter, der wohl auch ohne Bakshish leben kann: Er jedenfalls winkte mich nach kurzer Prüfung der Papiere durch, ohne das sensible Stück überhaupt sehen zu wollen. Indien hat mich wieder und ich bin so, so froh.