Archive for the ‘India shocks’ Category

Ein neues China? Indien zensiert blogs.

Friday, April 23rd, 2010

Manchmal hilft der Zufall etwas nach: Zunächst konnte ich nicht glauben, dass die Unerreichbarkeit der blogs von blog.de etwas mit Politik zu tun haben könnte. Erst als Tage und Wochen ins Land gingen, und die Webseiten für mich unerreichbar blieben, wurde ich misstrauisch: Sollten die Seiten gesperrt sein, zensiert?

Lächerlich! Keine der Seiten, weder Danielas, noch Kerstins, enthält auch nur annähernd kriminellen content, höchstens ein wenig Sozialkritik, aber das ist es auch schon.

Was zunächst eine Vermutung war, verdichtete sich heute zu einer sehr wahrscheinlichen Erklärung: Bemerkenswert ist nämlich, dass die Seiten über einen Anonymizer, einen verschleierten Web-Proxy, erreichbar sind. Was lässt das allein für einen Schluss zu?

Richtig: Mein Internetanbieter, der staatliche Provider BSNL, hat blog.de-Seiten gesperrt. Und weil man das nur bedingt selektiv tun kann, wurden mal kurz alle, ALLE, blog.de-Seiten verbannt. Zur Terrorbekämpfung? Das wäre bestimmt die offizielle Variante, gäbe es eine.

Notiz: Sterben in Indien.

Monday, August 17th, 2009

Wo wir gerade beim Sterben sind: Heute, seit schätzungsweise drei Wochen, machte die TOI das erste Mal NICHT mit der Schweinegrippe auf, sondern mit einer anderen, zugegebenermaßen traurigen Nachricht:

Indien ist nach einer Statistik der WHO das Land mit den meisten Verkehrstoten – 2006 (die neuesten verfügbaren Zahlen) starben mehr als 114.000 Menschen (zum Vergleich: knapp 90.000 in China) auf den Straßen Indiens, nicht mitgerechnet diejenigen, die erst ein paar Stunden nach Einlieferung in das nächste Krankenhaus den Löffel abgaben – die Angabe bezieht sich nur auf die direkt am Unfallort Verstorbenen. Ich denke, da kann man dann locker noch mal das Doppelte addieren, um an eine realistische Zahl zu gelangen.

Dabei führen die Länder Andhra Pradesh und Maharashtra die Liste der “Killerstaaten” an – die Ursachen liegen vor allem im Schnellfahren, möglichst betrunken und unangeschnallt, und, was Motorräder angeht: Keine Helme, aber zwei Kinder vor dem Bauch, natürlich auch ohne Helm.

Pune in Angst. Update.

Tuesday, August 11th, 2009

Pune dreht durch. Ich hätte nie gedacht, dass ich außerhalb Japans einmal so viele Atemmasken sehen würde, wie die, die jetzt das Straßenbild der Stadt prägen: grüne Chirurgenmasken, gelbe, blaue, rote Dreiecksmasken, die aussehen wie vertikale Entenschnäbel, die ganze Bandbreite vorstellbarer und unvorstellbarer selfmade-Masken, Halstücher als Mundschutz oder alle drei Varianten übereinander: Pune ist fest in der Hand der Schweinegrippe, psychologisch betrachtet jedenfalls.

Die Angst geht um in der Stadt und wird munter gefüttert mit der ewig wiederkehrenden Berichterstattung über das Virus: Seit zehn Tagen titelt die Times of India Pune mit nichts anderem als den neuesten Infektionszahlen, den hilflosen Versuchen hysterischer Bürger, die zu Tausenden täglich an den hoffnungslos überforderten Screening-Centers Schlange stehen, um sich auf das Virus testen zu lassen, und den Zuständen in den staatlichen Hospitälern, die bislang das alleinige Recht hatten, H1N1-Patienten in Zwangs-Quarantäne zu nehmen.

Don´t mess with Indian Gods

Friday, July 10th, 2009

Die Macht gehört den Multinationals. Normalerweise sind weltweit operierende Unternehmen, die Trittbrettfahrer der Globalisierung, kaum durch etwas zu stoppen. An Indien hat sich jedoch jüngst eines der Schwergewichte dieser Unternehmenskultur die Zähne ausgebissen – ironischerweise eine Kette, die Fast-Food vertreibt:

Burger King hatte es gewagt, bei einer kleinen Anzeigenkampagne in Spanien die indische Göttin Lakshmi auf einen Burger zu setzen und diesen als heiligen Snack – La Merienda es Sagrada- zu bezeichnen. Weit sind sie damit allerdings nicht gekommen: Kurz nach Verbreitung der Poster in gerade einmal drei (!) spanischen Gaststätten liefen die Hindu American Foundation und die nationalistische Hindu-Partei BJP Sturm gegen die als geschmacklos empfundene Kampagne, die eine hinduistische Gottheit für den Verkauf und den Verzehr fleischhaltiger Nahrung einsetzt – ein striktes No-Go für strenggläubige Hinduisten. Keine Fleischlappen für Lakshmi.

Burgerking knickste und zog die Kampagne unter Entschuldigungen zurück: “Wir hatten nicht die Absicht, jemanden zu verletzen”, sagte Pressesprecherin Denise Wilson für Burger King.

Ein weiter Weg. Noch immer.

Monday, July 6th, 2009

Endlich. Endlich frei.

In einem Grundsatzurteil des Delhi High Courts wurde Sektion 377 des indischen Strafgesetzbuches vergangenen Donnerstag für verfassungswidrig erklärt, der homosexuellen Geschlechtsverkehr unter Erwachsenen auch in privaten Räumen unter drakonische Strafe gestellt hatte. Bislang konnten Homosexuelle für den in Sektion 377 als widernatürlich kriminalisierten Verkehr mit einer zehnjährigen bis lebenslangen Haftstrafe bestraft werden, auch wenn de facto während der letzten 20 Jahre keine Verurteilungen mehr ausgesprochen wurden. Dennoch: Homosexuelle blieben erpressbar.

Das hat nun ein Ende, wenn es nach dem Willen der Richter geht, die deutlich machten, dass das Gesetz die verfassungsmäßig garantierten Rechte der persönlichen Freiheit und Gleichheit verletze sowie das Verbot von Diskrimierung.

Willkommen im 21. Jahrhundert, Indien.

Ich hätte Freudenfeuer erwartet, lachende, tanzende Menschen allerorten, die diesen wichtigen Schritt Indiens in eine ernst zu nehmende Demokratie feiern. Es hat nicht sollen sein.

The story hasn´t ended here. Yet.

Wednesday, July 1st, 2009

Ich hatte mich gefragt, wie lange es dauern würde, bis Schwierigkeiten auftreten würden. Schwierigkeiten, die mit Sha- anfangen und -bundin aufhören. Nun, es dauerte nicht lange. Heute morgen sprach mich Kailash an: Ein grauhaariges muselmanisches Männlein, das ca. 40 Kilo wiegt, bei uns in den Carports wohnt und für Shabundin unser Auto gewaschen hat. Normalerweise ist das Sache der Fahrer, ist Teil ihres Jobs. Aber Shabundin zog es vor, sich nicht die Finger schmutzig zu machen – Kailash war der Mann für die Dreckarbeit. Shabundin hat Kailash für vergangenen Monat nicht bezahlt, natürlich nicht. Also tat ich es.

Vor einer Stunde dann klingelte es abermals an der Tür: Sunil, der Fahrer von Kishore, unserem Nachbarn und Vermieter: Shabundin hätte 2000 Rupien Schulden bei ihm und hätte versprochen, es von diesem Monatsgehalt zu bezahlen. Ob wir ihn schon bezahlt hätten?