Archive for the ‘Armut’ Category

Don´t mess with Indian Gods

Friday, July 10th, 2009

Die Macht gehört den Multinationals. Normalerweise sind weltweit operierende Unternehmen, die Trittbrettfahrer der Globalisierung, kaum durch etwas zu stoppen. An Indien hat sich jedoch jüngst eines der Schwergewichte dieser Unternehmenskultur die Zähne ausgebissen – ironischerweise eine Kette, die Fast-Food vertreibt:

Burger King hatte es gewagt, bei einer kleinen Anzeigenkampagne in Spanien die indische Göttin Lakshmi auf einen Burger zu setzen und diesen als heiligen Snack – La Merienda es Sagrada- zu bezeichnen. Weit sind sie damit allerdings nicht gekommen: Kurz nach Verbreitung der Poster in gerade einmal drei (!) spanischen Gaststätten liefen die Hindu American Foundation und die nationalistische Hindu-Partei BJP Sturm gegen die als geschmacklos empfundene Kampagne, die eine hinduistische Gottheit für den Verkauf und den Verzehr fleischhaltiger Nahrung einsetzt – ein striktes No-Go für strenggläubige Hinduisten. Keine Fleischlappen für Lakshmi.

Burgerking knickste und zog die Kampagne unter Entschuldigungen zurück: “Wir hatten nicht die Absicht, jemanden zu verletzen”, sagte Pressesprecherin Denise Wilson für Burger King.

WATCH IT!

Monday, February 2nd, 2009

Es ist die Geschichte eines Geknechteten, eines Wehr- und Chancenlosen, der viel zu früh erwachsen wird.

Es ist auch die Geschichte dreier Freunde, zwei davon Brüder, die sich der Härte und Unerbittlichkeit des indischen Lebens in einem der großen Slums Mumbais stellen müssen, der Brutalität des Alltags, der Brutalität ihrer Ausbeuter, der Brutalität einer mittellosen Flucht und des Überlebens auf der Straße, ohne Eltern, ohne Fürsorge, ohne Perspektive, und, vor allem, ohne Schutz.

Und es ist die Geschichte eines Sieges. Eines Sieges der Integrität über die Korruption, der Bescheidenheit über die Gier und des Vertrauens über die Hoffnungslosigkeit.

Slumdog Millionaire ist ein großer Film, der den Finger ganz tief ins Fleisch indischer Wunden legt, ohne voyeuristisch zu sein. Ein temporeicher Film, der schockiert, selbst wenn man in Indien lebt, der trifft. Bei dem man leidet, bei dem man fühlt. Jamals Schicksal lässt einen nicht kalt; der Film ist Hardcore-Indien. Jeder Schlag ins zarte Kindergesicht, jeder Tritt gegen den fragilen Körper ist Schlag und Tritt gegen die universelle Menschenwürde, gegen alles, was eine Seele hat.

…sind so kleine, starke Hände.

Thursday, January 29th, 2009

Pune, 11.30 Uhr an einem beliebigen Morgen, an einer beliebigen Kreuzung, Rush-Hour. Etwa 40, 50 PKWs, Laster und Piaggio-Dreiräder mit Lastenaufbau oder Bajaj-‘Autos‘, die legendären offenen Rikshas, kommen ächzend an der roten Ampel zu stehen; Shabundin und ich werden in unserem PKW schnell überholt von einer Hundertschaft Motorräder, die sich durch alle verfügbaren Lücken in die Pole-Position drängeln, die erste Reihe beim Anfahren.

Aus dem Augenwinkel sehe ich sie in Position laufen, humpeln oder langsam gehen: Die ragged people von Pune, zerlumpte Gestalten mit verfilzten Haaren, manche verkrüppelt, viele jung, zum Hungern viel zu schön, aber, und das unterstelle ich, bewusst ungepflegt, um einen bedürftigen Eindruck zu machen. Sie sind auf der Suche nach ein paar Rupien, gegeben von Menschen, die in diesem Moment der Not der Anderen, der Vielen, nicht ausweichen können.

Häuser für Arme, oder: Das Ende der Slums?

Friday, January 9th, 2009

Ausgangssituation: Millionen von einkommensschwachen Angestellten wie Hausmädchen, Putzhilfen, Sicherheitskräften und Straßenkehrer haben in den Innenstädten und nahe ihren Arbeitsplätzen kein Zuhause, jedenfalls kein legales. Bislang.

Das jedoch könnte sich bald ändern, zumindest wenn es nach dem Willen von Mr. Kumari Selja geht, seines Zeichens Union Housing Minister: 40 Städte sind bislang seinem Vorschlag gefolgt, adäquate und legale Wohnflächen in den Flächennutzungsplänen für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen in der Nähe ihrer Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Bis zu 25 % aller erschlossenen Flächen sollen in Zukunft für EWS-und LIG-Angehörige (EWS: Economically Weaker Section; LIG: Low Income Group) bereitgestellt werden. Und, wenn es nach dem Willen von Selja geht, nicht nur auf öffentlichem Land: Auch private Investoren sollen zur Rücksichtnahme verdonnert werden; laut TOI sollen auch in Delhi 20-25 % ALLER Flächen für Wohnprojekte diesen Bevölkerungsgruppen zur Verfügung gestellt werden.

Eine (kleine?) indische Tragödie…

Tuesday, December 30th, 2008

Eine Ziege mit neugeborenem Zicklein vor einer Hütte

Bad news für Somar: Wenn mein Organisationstalent und bester-Freund-und-Frauenversteher Pech hat, sitzen er, Shanti und ihre kleine Familie inklusive Somars demenzkranker Mutter, ihrer Ziege Peanut und den beiden Zicklein ab dem Neujahrsmorgen auf der Straße, obdachlos und ohne Perspektive auf ein neues Zuhause, denn dafür ist kein Geld da: Somar hat nämlich, als er vor zehn Jahren das kleine Einraum-Haus an der Airport-Road kaufte, den Vertrag juristisch nicht prüfen lassen und das ist nicht gut für ihn, überhaupt nicht gut.

Leider befindet sich seine zehn-Qudratmeter-Hütte nämlich auf einem Grundstück, das dem Militär gehört. Daran ist grundsätzlich nichts verkehrt, bis auf die Tatsache, dass alle Häuser, die am Rande des Grundstücks errichtet worden sind, ILLEGAL gebaut wurden, somit jederzeit enteignet werden können, zum Abriss freigegeben, plattgemacht. Gottseidank hat sich das Militär bislang nicht gerührt.

Harte Bandagen

Monday, November 24th, 2008

Vier Jahre lang hatte Shanti Terror: Terror bei Ankush, ihrem Arbeitgeber, bei dem sie sieben Tage in der Woche, sechs bis sieben Stunden täglich die Böden fegte und wischte, entstaubte, Wäsche wusch, bügelte, Frühstück für den hohen Herren bereitete und Füße massierte. Vier Jahre lang nonstop Dienst bei einem reichen Inder, also 1460 Tage oder 8760 Stunden bücken, putzen, katzbuckeln, sich ducken, um nicht angeschrien zu werden, getreten oder geschlagen, denn auch das kam vor, wenn der hohe Herr schlechte Laune hatte, oder getrunken hatte. Vielleicht passierte auch noch Schlimmeres, aber darüber würde Shanti nicht sprechen, dazu ist sie eine zu feine Seele.

1460 Tage drangsalierte Demütigung für 1200 Rupien pro Monat.

Irgendwann, vor einigen Monaten, als Wondana bei mir aufhörte und ich mich bei Somar, ihrem Mann und meinem guten-Freund-und-Frauenversteher erkundigte, ob Shanti nicht Lust hätte, für mich zu arbeiten, wagte Shanti dann das erste Mal aufzubegehren, gedanklich zumindest, denn Ankush, so viel war klar, würde Shanti nicht freiwillig gehen lassen.