Archive for January, 2009

The crusade of an Indian Woman

Saturday, January 31st, 2009

Neulich kam Shanti zu mir mit einem heiklen, weil privaten Anliegen: So privat, dass es nicht einmal Somar, mein bester-Freund-und-Frauenversteher (und Shantis Ehemann) wissen darf: Shanti möchte ein Konto eröffnen. Bei einer Bank. Und zwar ohne das Wissen ihres Mannes, zur Altersvorsorge. Sie hätte ihre Gründe dafür. Ob ich ihr dabei helfen wolle?

Ich sagte: “Klar, kann ich das. Lass uns zur Bank fahren, ich helf´Dir mit den Formalitäten.”

Ein frommer Wunsch. Shabundin fuhr uns zur nächsten Stelle von der xxx-Bank, wir stiegen aus, ein Dreigestirn mit einem Auftrag, einer Mission: Zielstrebig betraten wir die Filiale, lenkten den Gewehrlauf des Wachmannes in eine andere Richtung als die unserer Gesichter und erkundigten uns. Unser Besuch währte nur kurz: Die freundliche Dame am Schalter erklärte uns, dass eine Mindesteinlage von 1000 Rupien notwendig sei, um ein Sparkonto zu eröffnen und darüberhinaus folgendes Formular, das sie uns aushändigte.

…sind so kleine, starke Hände.

Thursday, January 29th, 2009

Pune, 11.30 Uhr an einem beliebigen Morgen, an einer beliebigen Kreuzung, Rush-Hour. Etwa 40, 50 PKWs, Laster und Piaggio-Dreiräder mit Lastenaufbau oder Bajaj-‘Autos‘, die legendären offenen Rikshas, kommen ächzend an der roten Ampel zu stehen; Shabundin und ich werden in unserem PKW schnell überholt von einer Hundertschaft Motorräder, die sich durch alle verfügbaren Lücken in die Pole-Position drängeln, die erste Reihe beim Anfahren.

Aus dem Augenwinkel sehe ich sie in Position laufen, humpeln oder langsam gehen: Die ragged people von Pune, zerlumpte Gestalten mit verfilzten Haaren, manche verkrüppelt, viele jung, zum Hungern viel zu schön, aber, und das unterstelle ich, bewusst ungepflegt, um einen bedürftigen Eindruck zu machen. Sie sind auf der Suche nach ein paar Rupien, gegeben von Menschen, die in diesem Moment der Not der Anderen, der Vielen, nicht ausweichen können.

sometimes I wonder…

Monday, January 26th, 2009

Frühmorgens, sechs Uhr, oder sechs Uhr dreissig, es fängt gerade an zu dämmern, die ersten Vögel singen ihr Morgenlied und ich öffne die Tür in die kühle Frische des Gartens: Meine Hände greifen in die Tüte mit den glibberigen Hühnchenlebern, ziehen ein Stück heraus, greifen nach der Gardena-Haushaltsschere, zerteilen das Organ in winzige Stücke, dann das nächste Stück rostroter Glipsch, bis genug in Kalus Fressnapf liegt. Dann greift meine blutige Hand in die Tüte mit dem Ziegenhack, auch davon gibt es ein paar Löffel. Wenn ich Glück habe, ist noch ein wenig von dem Vortagsreis mit Butter und Broccoli da, sonst gibt es feingeriebene Möhren und Haferflocken, möglicherweise ein Ei und auf jeden Fall wechselnde Öle.

Alles wird dann gemischt und mit den nötigen Nahrungsmittelzusätzen versehen – seine Medikamente hat Kalu vorher schon schon bekommen: Von Hand, eingehüllt in einen betrügerischen kleinen Hackball, den der Hund in seiner Morgengier hinunterschlingt, ohne seine übliche Auslese-Kontrolle.

‘A‘ steht Allah, ‘J‘ für jihad, ‘Z‘ für zunoob – die Sünde(n)

Wednesday, January 21st, 2009

Vorbei sind die Zeiten, in denen an pakistanischen Schulen das Alphabet mit positiv besetzten Assoziationsbegriffen gelehrt wurde. Heute steht an vielen Lehrinstituten der Buchstabe ‘A‘ nicht mehr für so etwas Harmloses wie beispielsweise Apfel, sondern für Allah, das ‘B‘ nicht für Birne, sondern für bandook (Pistole auf Urdu), das ‘H‘ steht für hijab (= Schleier) und das sonst so hübsche J hält den Kopf für Jihad hin, also den Kampf auf dem Weg Gottes.

Verantwortlich dafür ist ein Verlag namens Iqra Publishers, der eine Schulbuchserie aufgelegt hat, die, obwohl noch nicht als Pflichtlektüre an pakistanischen Schulen vorgeschrieben, zunehmend Verbreitung findet an pakistanischen Schulen – landesweit.

Laut den Vorschriften des “National Bureau of Curriculum and Textbooks” wird von Schülern der fünften Klasse darüberhinaus erwartet, dass sie in der Lage sind, antipakistanische Kräfte zu erkennen und entsprechend zu reagieren, Vorträge zu den Themen Jihad und Shahadat (= Martyrium) zu halten und ihren Glauben an Allah durch entsprechende Taten zu beweisen. Außerdem sollen die Schüler die Unterschiede zwischen Muslims und Hindus kennen und die daraus resultierenden Bedürfnisse für Pakistan. Ebenso werden den Schülern die bösen Absichten Indiens gegenüber Pakistan nahegebracht.

Update: Kalu – der drei Leben braucht. Und sehr viel Glück.

Monday, January 19th, 2009

Nach dem so gut überstandenen Unfall haben wir eine neue Katastrophe: Kalu hat Staupe, das ist jetzt leider gewiss.

Das ist in etwa so schlimm, als wenn jemand zu Euch sagen würde: “Sie haben einen Gehirntumor.” Überlebenschance: 50 Prozent. Es gibt keine Therapie.

Wir hatten, seit wir Kalu aufgenommen haben, immer sein leichtes Muskelzucken im linken Brustbereich im Blick. Deswegen, und wegen der anderen Symptome, die er anfänglich hatte, auch der Test Anfang Dezember. Doch trotz damals negativen Testergebnisses und blütenweißen neuen Zähnen ist der progressive Verlauf des Muskelzuckens, die Myoklonie, nicht mehr zu übersehen.

Das heißt, dass er keinesfalls über den Berg ist. Bei einer fortschreitend progressiven Entwicklung können alle vier Läufe von den vegetativ bedingten Konvulsionen ergriffen werden, weiterhin drohen motorische und andere nervenbedingte Ausfallerscheinungen bis hin zur Gehirnstaupe mit Gehirnkrämpfen und letzlich dem Tod.

Kalu – der Hund mit (mindestens) zwei Leben

Saturday, January 17th, 2009

ein Ridgeback-Mix-Welpe liegt auf dem Rasen mit einem Turnschuh als Beute

Kalu ist ein Hund mit vielen Leben, soviel steht fest. Und die braucht er auch, weil erstens: Indien ein gefährliches Land für kleine Hunde ist und zweitens: Er eine zu vertrauensselige Halterin hat, die mal ordentlich eine gewischt bekommen müsste, zum Aufwachen. Mein Gott, wie blöd muss man sein?

Aber nun zu dem, was am Morgen des 14. Januars passierte, der Tag, der bei uns als Kalu´s zweiter Geburtstag in die Familiengeschichte eingehen wird:

Es gibt nur wenige Momente im Leben, in denen man Todesangst hat. In denen die Zeit stillsteht und man alles wie in einem Film erlebt, in dem sich die Sekunden dehnen und zu Momenten des Grauens werden, weil Du weißt, dass etwas Schreckliches geschieht und Du kannst nichts, gar nichts tun, um die Dinge abzuwenden. Du stehst daneben und schreist, schreist aus vollem Halse, und Deine Hilflosigkeit lässt Dich wie ein Ertrinkender nach Luft schnappen und dann rennst Du, noch immer schreiend, und hilflos, bis Deine Beine versagen und alles, was Du tun kannst ist, auf einen guten Ausgang zu hoffen, against all odds.