Archive for the ‘Hunde’ Category

Von Wellen und Weisen

Saturday, November 22nd, 2008

Heute morgen bin ich mit einem fetten Kloß im Magen aufgewacht: Bilder von Knödel hämmern durch meinen Kopf, Knödel, wie sie rund und entspannt auf dem nackten Betonboden der Baustelle liegt, ganz Flauschball, ganz Fellknäuel, von den widrigen Umständen unbeeindruckt, wie sie ihre ersten wackligen Schritte wagt, ihre kleinen O-Beine kaum in der Lage, ihr dickes Welpen-Bäuchlein zu tragen, und dann – whamm! – Knödel laut schreiend vor Schmerz, den Kopf in den Nacken überstreckt, die Schnauze zum Schrei geöffnet, auf der Seite liegend, Beinchen in krampfartigen Zuckungen rasend, ins Leere greifend. So stirbt sie, viele Stunden lang.

Grauenvoll.

Ich greife nach U.`s Hand und frage ihn, wie es sein kann, dass ein so unschuldiges Wesen wie ein kleiner Hund so leiden muss. Warum? Wie soll man nicht verzweifeln, auf dieser Welt, an dieser Welt, die so grausam sein kann?

Sometimes I need to think

Friday, November 21st, 2008

Nein, ich bin nicht krank und ich habe auch keine Schreibblockade. Danke, dass sich Viele bei mir danach erkundigt haben, ob alles o.k. ist. Es ist, und es ist nicht: Ich denke nach, wie es hier in Indien für mich weitergehen soll: Ich möchte gern etwas mit und aus meiner Zeit hier machen. Möglichst etwas, das ich für wesentlich halte, keine Beschäftigungstherapie.

Ich habe jetzt tolle Leute um mich, die sich freuen, für uns zu arbeiten und denen ich vertraue. Das allein wäre die letzte Woche Stoff zum Schreiben gewesen – wie es uns gelang, zwei Menschen aus sklavenähnlichen Abhängigkeitsverhältnissen mit ihren indischen Arbeitgebern herauszulösen und ihnen zumindest für die nächsten drei Jahre eine auch monetär anständige Perspektive zu geben. Nachdem Shanti jetzt -nomen est omen – den ihr innewohnenden Frieden und ihr Lachen in unsere Wohnung gebracht hat, und sich um Haus und Hof kümmert, Shabundin aus seiner Zuhälteragentur befreit ist und uns glücklich durch Pune fährt und Jothiba sich um den Garten kümmert, entsteht Raum für neue Aufgaben. Und dadurch entstehen neue Fragen: Wie kann ich, wie will ich meine Zeit hier in Indien sinnvoll verbringen?

An alle Hundeleute: May they rest in peace

Saturday, October 25th, 2008

Kurzmitteilung: Wir sind heute Nacht aus Kalkutta wiedergekommen. Ich wollte heute viel darüber schreiben, was wir erlebt haben. Leider kann ich das im Moment nicht, denn ich war gerade auf der Baustelle, um nach meiner Hunde-Bande zu sehen. Ich traf Ankush beim Erdhügel, wo die Meute morgens gern in der Sonne döst. Er sagte mir, dass Ma geworfen hätte. Meine Augen glänzten vor Freude – eine Sekunde lang. Dann sagte Ankush, sie hätte EIN Junges geworfen.

Das ist nicht wahr. Hunde werfen nie, niemals nur einen Welpen. Alle anderen muss jemand sofort nach der Geburt getötet haben.

Ich muss mir also keine Gedanken darüber machen, welchen der kleinen Scheisser ich adoptiere und auch nicht darüber, wie ich die anderen vielleicht vermitteln kann. Ich bin fassungslos. Die Kleinen, bis auf das eine, sind tot. Indien ist ein hartes Land.

Is she gonna be my girl?

Monday, September 29th, 2008

Ich bin gerade zurück aus Chennai, respektive Mamallapuram, und dies ist die emotional dringendste Geschichte, die ich vom bengalischen Golf mitbringe: Kaum waren wir in dem gemütlichen Steinmetz-Örtchen 60 Kilometer südlich von Chennai angekommen, als ich diese Straßenschönheit entdeckte: Nicht aus Stein, weshalb wir gekommen waren, sondern überaus lebendig und verspielt, schlossen wir beide am ersten Abend Freundschaft.

Sie ist: sanft, vertrauensvoll und weich – ein Hund ohne schlechte Erfahrungen, vielleicht gerade mal sechs Monate alt. Ich streichelte sie, fütterte sie, hob sie nachts übermütig auf dem Weg vom Restaurant in unser Guesthouse wie ein Baby über die Schulter und das alles fand sie O.K. – nein, sie lächelte förmlich. Ich war bezaubert und voller Flohstiche. Dann war sie weg. Zwei volle Tage lang. O.K., ich hatte eh genug zu tun, sammelte Kontakte zu Steinmetzen und Galerien, guckte nach steinernen Nandis, Ganapattis und den obligatorischen Five-Rathas (Weltkulturerbe-Tempel aus dem siebten Jahrhundert), telefonierte und suchte. SIE.

Alive and Well!

Sunday, September 21st, 2008

Wir sind seit einer Woche zurück aus Kerala und groß war meine Erleichterung, dass ‘meine‘ Crew von der Baustelle trotz verschärfter Tischleraktivitäten wohlauf ist. Vollzählig, hungrig, gut drauf. So soll es sein. Knickohrs große Wunde am Bein ist gut verheilt, ein bisschen mager ist er, aber das bekommen wir hin. Ma wird sichtlich dicker (Stichtag Mitte Oktober) und ich frage mich, a) wie viele schwarznasige, knickohrige, geschlossenäugige Mini-Ma‘s in ihrem Bauch heranwachsen und b) ob Knickohr es geschafft hat, der einzige Vater zu sein?

Wer weiss. Tatsache ist, dass da ganz wundervolle Welpen heranwachsen und ich werde Euch jetzt etwas fragen, wofür U. mich hauen wird, aber meine Messer sind gewetzt und bin bereit für den Kampf: Ich habe mich gefragt, ob es nicht Sinn machen würde, wenn wir die Welpen nach Deutschland oder nach Indien vermittelten. Irgend jemand grundsätzlich Interesse?

Ich werde sie vermissen: Ein Gebet für Knickohr und Ma

Friday, August 29th, 2008

Ich komme gerade vom Packen, aber ein Gedanke lässt mich nicht los und macht mich unfroh: Vielleicht klingt es lächerlich, aber ich habe zunehmend Angst um Knickohr und Ma. Auf der Baustelle ist viel Aktivität, was für die Hunde nichts Gutes bedeutet – leicht können sie verscheucht werden und werden dann auf der Straße landen. Dort sind sie Freiwild für die staatlichen Hundefängertrupps, die die Straßen von Pune säubern sollen – auf nimmer Wiedersehen. Abgesehen davon ist Knickohrs Wunde am Schenkel immer noch nicht verheilt, es klafft ein tiefes Loch, nur die inneren Nähte haben gehalten. Bislang habe ich ihn mit Antibiotika, Wundspray und Heilsalbe über Wasser gehalten, aber jetzt, wenn ich nicht da bin? Ich habe Angst um ihn.