Von Wellen und Weisen

Heute morgen bin ich mit einem fetten Kloß im Magen aufgewacht: Bilder von Knödel hämmern durch meinen Kopf, Knödel, wie sie rund und entspannt auf dem nackten Betonboden der Baustelle liegt, ganz Flauschball, ganz Fellknäuel, von den widrigen Umständen unbeeindruckt, wie sie ihre ersten wackligen Schritte wagt, ihre kleinen O-Beine kaum in der Lage, ihr dickes Welpen-Bäuchlein zu tragen, und dann – whamm! – Knödel laut schreiend vor Schmerz, den Kopf in den Nacken überstreckt, die Schnauze zum Schrei geöffnet, auf der Seite liegend, Beinchen in krampfartigen Zuckungen rasend, ins Leere greifend. So stirbt sie, viele Stunden lang.

Grauenvoll.

Ich greife nach U.`s Hand und frage ihn, wie es sein kann, dass ein so unschuldiges Wesen wie ein kleiner Hund so leiden muss. Warum? Wie soll man nicht verzweifeln, auf dieser Welt, an dieser Welt, die so grausam sein kann?

U. sagt zwei Dinge, die mich nicht trösten: “So ist die Natur. Und zweitens gibt es keinen Gott.”

Ich denke nach, während mir die aufgehende Morgensonne ihre ersten wärmenden Strahlen ins Gesicht schickt, sehe einen kleinen Frosch, wie er über unsere Pflastersteine im Garten hüpft, sehe die Vogelwinzlinge, die in den Blättern der nassen Papaya ihr erstes Morgenbad nehmen und die Streifenhörner, die an einem alten Baumstamm Fangen spielen. Gibt es keinen Gott?

Ich glaube, es gibt das Leben. Und das Leben ist in meiner Vorstellung wie ein Ozean. Und diesem Ozean ist es völlig egal, ob die Wellen auf ihm lang oder kurz sind, ob sie vom Sturm gepeitscht werden oder gleichmäßig in einer sanften Brise kilometerweit rollen. Wenn eine Welle stirbt, stirbt nicht der Ozean. Und auch die Welle wandelt sich nur, bis aus ihr eine neue Welle wird. So wird das sein, so muss es sein, anders macht hier alles keinen Sinn.

Und was machen wir Menschen? Wir glauben, wir sind nur diese eine Welle und unser Partner ist eine andere Welle und alle anderen Lebewesen wie Falke, Kolibri, Frosch und Streifenhorn sind auch nur ihre eigenen Wellen und vergessen dabei, dass wir alle, alle, alle auch der Ozean sind.

Nichts stirbt, nichts wird geboren, alles ist im Wandel und doch immer gleich, wie Buddha lehrte und ich weiß nicht, ob diese Erkenntnis mich tröstet, an diesem Morgen, denn es macht Knödels Leid nicht ungeschehen.

Alles was ich tun kann, ist, zu vertrauen, dass das Bild vom Ozean stimmt und dass es die Einheit allen Seins wirklich gibt. Dass Buddha kein Lügner war und ich die Chance habe, zu erkennen, wenn die Zeit reif dafür ist. Ja, darum bitte ich an diesem Morgen, denn wie, bitteschön, sollte man sonst das ganze verdammte Leid aushalten?

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16 Responses to “Von Wellen und Weisen”

  1. adam says:

    Ich denke auch, das alles eigentlich vereint ist. Und dieses Eins ist das Leben und die Liebe. Du bist eigentlich auch eins mit deinem Gefuehle. Wenn die Gefuehle hochkommen ist das auch OK und ganz normal.

  2. anja says:

    lese deinen beitrag und verstehe sofort genau was du meinst…weiss aber leider auch keine antwort und kann dich vielleicht nur damit trösten, dass diese fragen an manchen tagen weniger präsent sind und einen an anderen tagen eben fast ausffressen…
    lg anja

  3. sarangiji says:

    Wie kommt jemand auf die Idee es gäbe keinen Gott????
    Das ist absurd!!!!

    Du siehst das Leben um dich herum, so vollkommen wie es ist. So schön wie es ist. All diese harmonischen Strukturen, all dieses harmonische Ineinandergreifen.
    Vielleicht sagst Du jetzt: ja und die Krankheiten, das Leid?

    Auch die Krankheiten sind ein Teil davon, so wie das Leiden und das Sterben.
    In jedem funktionierenden System wirken Kräfte und Gegenkräfte, gibt es Energiequellen und Energiesenken. Damit Du Strukturen am Tag erkennen kannst brauchst Du die Schatten. Ohne die Abwesenheit des Lichts, die Dunkelheit, ist auch das Licht nicht ein harmonischer Bestandteil unseres Kosmos. Die Dunkelheit ist notwendig für das Erkennen. Das Leid ist notwendig für die Erkenntnis.
    Vielleicht sagst Du jetzt: Das sagen immer die, die das Leid nicht ertragen müssen.

    Vielleicht hast Du recht. Ich sehe das Funkeln eines Tautropfens nur, wenn ich nicht blind bin. Und Leid macht leider oft blind. So kann ich die Schönheit der SChöpfung nur bei Abwesenheit des Leids in mir wirklich bewundern. Alles hat seine Zeit.
    Gott gab uns die Augen, um das Licht zu erkennen, gab uns den Verstand, um damit die Schönheit der Schöpfung zu erkennen. Die Großartigkeit Gottes.

    Die Schönheit der Schöpfung…
    Der Kosmos, die Natur, das Leben, alles ist phantastisch.
    Phantastisch kompliziert, bewundernswert phantastisch.
    Das Leben ist großartig, einzigartig, und die Seelen wollen es erleben, reißen sich darum, es zu erleben.
    In unserem Raum-Zeitsystem für eine Zeitlang zu existieren, muss für eine körperlose Seele das Höchste sein.
    Für eine Zeitlang darin zu existieren, und sei es eben leidend, bedeutet die Schöpfung Gottes zu erleben.
    In der Schöpfung zu leben bedeutet für die Seelen ein füreinander Dasein und ein gegenseitiges Helfen, die positiven Energien zu stärken.
    Und ich sage: Diese Schöpfung ist eben der Beweis dafür, dass es einen Schöpfer gibt.
    Auch das Leid, verdammt, ist ein Beweis, dass es Gott gibt.

    Sagst Du: Aber es ist ungerecht, was Knödel zustieß, was sie leiden musste.
    Ich meine, es ist falsch, Gott mit unseren Maßstäben zu beurteilen.
    Wir sehen nur die Wellen, aber nicht das, was sich unter den Wellen im tiefen Wasser abspielt. Wir sind eine Welle, maybe, und wir geraten in Strudel. Unsere Welle, wir, werden vernichtet, oder doch tatsächlich verwandelt in andere Wellen? Unser Leid erzeugt neues Leben. Den Sinn verstehen wir nicht. Was hat die Welle gestört/zerstört?

    War es ein Fisch, der im Augenblick des Gebärens neuen Lebens eine leichte Flossenbewegung machte? War es der jugendliche Krishna, der durch die Wellen rannte, um die Kleider der Gopis zu stehlen?

    Ist es nicht einfach ein notwendiges Hin und Her, Auf und Ab im komplexen System des Lebens, in dem wir nur ein unbedeutender Teil sind, wo wir den gleichen Regeln unter-worfen sind wie der Fisch, die Pflanze, die wir ernten um zu leben? Die wissen auch nicht, weshalb und warum wir das machen. Denn wenn wir sie uns zuführen, sind sie schon tot.

    Ergo:
    Die Schöpfung ist großartig. Superhypermostgroßartig.
    Wer sehen kann der sehe, dass diese Schöpfung das Werk einer/s SchöpferIn ist.
    Wir müssen uns den Regeln dieser Schöpfung unterwerfen.
    Wir müssen wissen, dass es Augenblicke geben wird, wo wir vor Leid die Schönheit der Schöpfung nicht erkennen können.
    Wir dürfen die Schöpfung nicht mit menschlichen Maßstäben messen.
    Wir dürfen den Schöpfer nicht mit unseren Maßstäben messen.
    Wir dürfen vor allem nicht davon ausgehen, dass die Regeln der Schöpfung auch für den Schöpfer gelten, z.B. das Kausalitätsgesetz.
    Wir müssen akzeptieren und demütig die negativen Zustände überwinden, im Wissen, dass sich Licht und Schatten abwechseln.
    Und wenn die Schatten in diesem Leben so groß werden, dass sie das Licht auslöschen, so müssen wir vertrauen, dass es im nächten Leben oder auf der anderen Seite wieder Licht gibt.
    Wir dürfen vertrauen, dass wir dann in den großen Ozean der Seelen eintauchen, zu dem wir gehören.
    Und wir werden dann wieder erstehen wollen.
    Wer weiß, ob wir dann eines Tages wieder als Welle oder als Dunsttröpfchen oder gar Schweißtröpfchen wieder erstehen – RAM jaane.

    Grß
    Andreas

  4. jules says:

    Hallo Andreas,

    Ich habe nur gefragt: Gibt es keinen Gott? Und ich glaube, die Frage ist legitim, schließlich befassen sich Menschheit und Philosophen wie Aristoteles, Platon, Hegel, Kant und Nietzsche seit Jahrtausenden mit dieser für den Menschen offensichtlich so dringenden Frage?!

    ICH habe nie gesagt, dass ich nicht an Gott glaube, oder eine Schöpfung, oder an das, was ich einfach Leben nenne, denn ich tue mich mit Begriffen wie Gott oder Schöpfung schwer – oder dem Gedanken an einen Schöpfer/Schöpferin.

    Mir reicht es, das Wunder Leben zu nennen: die Schönheit des Lebens, jedes Tautropfens, um bei Deinem Bild zu bleiben, oder, um meine Bilder zu zitieren: die der Kolibris, des kleinen Frosches, des Falken. Das kann man Gott nennen, wenn man möchte, oder auch nicht.

    Glücklicherweise bin ich bis jetzt fast immer in der Lage gewesen, neben dem Leid (und damit meine ich gar nicht mein eigenes, sondern vielmehr das anderer Lebewesen, unter anderem auch Knödel), die Großartigkeit jedes einzelnen Moments nicht aus den Augen zu verlieren. Und natürlich gebe ich Dir recht: Das Leben ist großartig. Superhypermostgroßartig.

    Natürlich gibt es zu jedem Zustand auch sein Gegenstück: Wir leben in einer Welt der Polarität, der Dualität, das ist selbst mit den begrenzten Mitteln unseres Verstandes mühelos nachzuvollziehen, es ist logisch. Aber: Ich denke, es ist nur allzu menschlich, in Momenten wie dem des sterbenden Knödels sich zu fragen, warum dieses ganze Leid nötig ist?

    Selbst wenn es stimmt, dass wir nicht nur die jetzige Erscheinungsform sind, die Welle, sondern eigentlich der Ozean darunter, dass wir also nicht wirklich sterben, sondern nur zurück in die Einheit allen Seins gehen.

    Hätte ich das bereits erfahren, wäre ich erleuchtet und Leid und Sterben würden ihren Schrecken verloren haben. So aber bleibt mir nur mein Vertrauen, das ich zweifellos habe.

    Ich glaube, wir liegen gar nicht so weit auseinander. Ich habe nicht einmal gesagt, dass es ungerecht ist, dass Knödel so leiden musste, obwohl ich natürlich manchmal so empfinde, Menschenkind, das ich bin. Ich habe mitgelitten, aber die gleichzeitige Schönheit des Lebens und seiner Erscheinungsformen nicht in Abrede gestellt.

    Vielleicht ist es dumm, die Frage nach dem “Warum?” zu stellen, weil, wie Du sagst, man als Mensch keine Antwort darauf finden wird, dazu fehlt uns die göttliche Perspektive. Dennoch stellt sich mir diese Frage im Angesicht von unmittelbarem Leid, wovon es hier so viel gibt, denn das Leid der anderen tut mir weh. Und aus meiner nur allzu menschlichen Perspektive wünschte ich, es wäre abdingbar.

    Und ich habe meine Sehnsucht zum Ausdruck gebracht, irgendwann einmal die Einheit zu erfahren, und nicht nur bestenfalls daran zu glauben, denn erst mit der ERFAHRUNG hat man Frieden, wirklichen Frieden. Dann sind Leben und Sterben, Freude und Leid nicht mehr zwei Gegensätze, die einander bedingen, dann ist alles nur noch Eins: Leben. Oder Schöpfung. Oder Gott.

    Gruß zurück!

  5. sarangiji says:

    Ja, Jules, wir liegen nicht weit auseinander in unseren Ansichten,
    mein Kommentar war eine Reaktion auf das was Du schriebst, und auch das was U. bzgl Gott sagte.

    Jedenfalls gehöre ich zu denjenigen, die sich 100% sicher sind, dass es einen (mehrere, viele) Gott gibt. So unbegreiflich wie die Schöpfung ist sind auch die Götter.
    Ich frag mich nur immer wieder, warum wir glauben müssen und nicht wissen dürfen, was Gott und das afterlife betrifft.
    Das ist ein riesiges Mysterium.

    In diesem Sinne,
    tschüs,
    Andreas

  6. adam says:

    Du hast was wichtiges gesagt, nur in der Erfahrung gibt’s Frieden (nicht nach der Erfahrung von Erleuchtung gibt es Frieden). Und das ist das Leben. Das Leben ist Glueck, Leid usw. In der Lebendigkeit von das alles, gibt’s Frieden. Dafuer braucht man nicht ueber das Leid zu diskutieren . Dass du das Leid, das Glueck von anderen Lebewesen mitfuehlen kann, das ist das wichtige. Wenn man das nicht kann, ist man mehr tot als lebendig.

  7. sarangiji says:

    Dass du das Leid, das Glueck von anderen Lebewesen mitfuehlen kannst, das ist das wichtige. Wenn man das nicht kann, ist man mehr tot als lebendig.“

    Leider scheint es Menschen zu geben, die eben auf diese Art leben, die mehr tot sind als lebendig, weil sie die anderen nicht fühlen, weil sie nicht mitfühlen können.

    Die Terroristen.

    Lebende Tote, die den Tod bringen. Menschenähnliche aus der Grauzone der Vergangenheit. Als das Morden noch viel grausamer war als heute. Menschenähnliche, Atavare, die es nicht wissen, dass sie es sind. Beherrscht von Predigern, Heilsbringern, charismatischen selbsternannten Übermenschen.

    Atavare, die Furcht und Angst, die Entsetzen und Tod bringen.
    Leider nicht in einer Welt am Draht, einer Computerwelt, einer Matrixwelt, sondern in unserer Realität.

    Marionetten mit Selbsttötungszünder. Schadensbringer in der Hand von „Heilsbringern“.

    “Unmenschlich”. Aber doch im Grenzbereich zum Durchschnittsmensch. Wir kennen das doch alle, wenn ein Mann ausrastet.
    Eine gewisse Schwellenenergie und ein Trigger-Ereignis müssen zusammenkommen, damit es geschieht.
    Die Schwellenenergie kann manipuliert werden. Die Manipulierten sprechen dann schneller auf Trigger an. Schon bei geringen Anlässen. Beispiel Alkoholisierung. Bei-spielsweise auch durch die Übermenschen. Heilsversprechen.
    Das Trigger-Ereignis kann eine Beleidigung sein. Beleidigung der Frau, des Glaubens…
    Schon mancher sah da rot. Schon mancher hat da in der Wut, im Unverstand, im Haß getötet. Da hat man einen Tunnelblick, der nichts anderes mehr beachtet als das Ziel. Die Gefühle stumpfen ab, treten total zurück.

    Soldaten werden auf eine andere Art und Weise manipuliert. Zum Beispiel mit Marschmusik. Gemeinschaftsdenken. Befehle, denen man nicht widersprechen darf, ohne Gefahr des eigenen Lebens.

    Tunnelblick, Einbahndenke – Terroristen ….. ein Phänomen, das die Menschheit versuchen muss abzuschütteln?

    Es gehört zu unserer Programmierung, ohne es können wir uns wahrscheinlich auch nicht mehr total auf eine Programmierungsaufgabe oder eine andere komplizierte Auf-gabe konzentrieren. Das ist ein ähnlicher psychologischer Bereich.

    Es scheint so als müssten wir mit der Krankheit leben.
    Wenn die bugs überhand nehmen, wenn jemand stirbt, dann weinen wir.
    Wenn die Terroristen Leid bringen, morden, dann weinen wir auch.
    Leider bleibt immer ein Restrisiko, in ihre Hände zu fallen.
    So wie das Risiko im allgemeinen nicht ganz aus dem Leben verbannt werden kann.

    Erinnern wir uns, dass es „nur“ Terroristen sind, keine Heerscharen die ganze Kontinente ausrotten. Wir müssen sie sinnvoll eingrenzen, ohne Überreaktionen.
    Für den Einzelnen ist das Risiko sehr gering. Eher wird man wohl in einem Verkehrsunfall umkommen, das Risiko akzeptieren wir auch.

    Gruß
    Andreas

  8. Daniela says:

    Hm, ich glaube, mein Weltblick ist komplett ruiniert (weil sehr pessimistisch). Ich sehe nirgendwo einen Sinn und Gott schon gar nicht, sondern einfach nur eine Reihe gluecklicher und ungluecklicher Zufaelle, die bei Lupenblick mehr oder weniger sinnvoll, mit viel Weitsicht aber alle voellig belanglos sind.
    Es macht mich richtig wuetend, wenn mir jemand sagt, dass “alles einen Sinn hat”. Ich sehe keinen Sinn darin, dass zum Beispiel der arme Fattu in unserer alten Wohngemeinschaft ueberfahren wurde. Beim rueckwaerts ausparken. Welchen Sinn soll das bitteschoen haben? Oder die ins Loch gefallene Knoedel? Welche grosse, universale Einheit geraet durch den Tod eines Hundes bitteschoen ins Lot? Und Baustellen sind nicht natuerlich, also ist das auch nicht “die Natur”, grausames Geschoepf, die so gern als spiritueller Suendenbock genoetigt wird. Die Natur hat auch keine Bomben, keine Autos und kein Rueckwaertsausparken erfunden.

    Um dein Ozeanbild zu nutzen: Fattu war also eine Welle. Und anstatt sich am Ufer ausrollen zu duerfen, wie jede andere Welle auch, hat irgendein Heini mitten ins Meer einen Wellenbrecher gesetzt. Wozu? Weiss kein Mensch. Aber die Welle ist hinueber.

    Die einize sinnvolle Art, mit Sinnlosigkeit unseres und aller Dasein umzugehen, ist die, indem wir versuchen, weniger gedankenverloren, weniger egoistisch und weniger verblendet durch die Welt zu schreiten. Wenn ich mir sage, dass jedes Leid irgendeinen Sinn hat, dann unterstuetze ich das Leid damit. Wenn ich ablehne, dass Unfaelle etc. einen Sinn haben, dann kann ich was dagegen tun. Sehr anstrengend, aber wenigstens nicht so selbstverliebt wie die “alles hat einen Sinn”-Variante, die vielleicht guten Schlaf bringt, aber sicher keine schoenere Welt.

  9. admin says:

    Hi Daniela,

    “Die einize sinnvolle Art, mit Sinnlosigkeit unseres und aller Dasein umzugehen, ist die, indem wir versuchen, weniger gedankenverloren, weniger egoistisch und weniger verblendet durch die Welt zu schreiten.” -Das unterschreibe ich absolut!

    Ich glaube, wir müssen hier differenzieren:

    Auch ich sehe keinen Sinn im Tod von Fattu oder Knödel. Und meine Verzweiflung über dies aus unserer Sicht sinnlose Leid habe ich, denke ich auch angemessen zum Ausdruck gebracht. Das Einzige, was ich mit dem Bild von Ozean und Welle zum Ausdruck bringen wollte, war, dass der Buddhismus beispielsweise lehrt, über den Tod des Individuums nicht traurig sein zu müssen, denn es bedeutet nur den Tod der Hülle, nicht des Lebens selbst und das, so lehrt der Buddhismus, gilt es zu erkennen.

    Natürlich ist es richtig, traurig und empört zu sein über sinnloses Leiden und Sterben und das werde ich mir auch nicht abgewöhnen, denn das bedeutet Mitgefühl. Aber es wäre schön, das Bewusstsein zu haben, dass der Tod nicht das Ende bedeutet, das wir alle so viel mehr sind, als nur unsere jetzige Erscheinungsform.

    Das soll aber keineswegs heißen, dass man entbunden ist von der Verantwortung, in diesem Leben etwas zu tun – ganz im Gegenteil.

    Und daran halte ich mich – und geh jetzt meine Baustellenhunde füttern.

    LG

  10. sarangiji says:

    Hallo Daniela,

    alles hat einen Sinn, den wir aber nicht erkennen – das soll uns natürlich nicht lethargisch machen.
    Wo wir Leid mindern können, tun wir das natürlich. Das verbessert unser Karma. Die Intention, der Wille Gutes zu tun und Leid zu lindern, das ist unsere karmische Aufgabe.
    Ich glaube Du hast Probleme mit einer Gottesvorstellung, die aus dem christlichen Bereich kommt.
    Wir dürfen nichts von Gott/der Göttin erwarten. Er/sie hat uns schon alles gegeben – die Schöpfung, unser Leben.
    Wir sollen nicht mit Gott hadern, dass er etwas zugelassen hat.
    Wenn er jedesmal einschreiten wollte, um Leid zu mindern, dann wäre das System nicht mehr funktionsfähig, das auf Freud und Leid, Licht und Schatten, Wärme und Kälte usw. basiert.
    Leid ist so gesehen eine Seite einer dualistischen Engergieform. So wie die Kälte eine Herausforderung für uns war, das Feuer zu erfinden, dann Öfen, Wärmepumpen, Windkraftanlagen, nicht zuletzt die Kernkraftwerke, so ist auch das Leid für uns eine Herausforderung es zu mindern. Nicht aber zu fragen: warum, warum soviel Leid, lieber Gott?
    Es ist das christliche Gottesbild, das irgendwo falsch ist, wenn von dem lieben Gott gesprochen wird. Gott ist nicht lieb in unserem Sinne. Gott ist.

    Auch weil Gott soviel Leid zulässt daraus zu schließen es gibt ihn nicht, das ist fatal.
    Hitze ist, Kälte ist, Wellen sind, das ist unsere Wellt.
    Gott ist. Karma ist.

    Unser Dasein ist nicht sinnlos. Mein Gott, Daniela, sag das nicht.
    Deine Seele hat die einzigartige Chance, die Schöpfung zu erleben. Tägliche Freude über die Schönheit der Schöpfung, ist das sinnlos? Es gab sogar schon welche, die sich in Freude Leid zufügten, weil sie dadurch ein intensives Empflinden des Lebens hatten.
    Liegst Du nicht abends öfters im Bett und erinnerst die schönen Dinge, die Du an dem Tag erlebt hast?
    Schreibst Du nicht schöne interessante Beiträge in Deinem Blog, über die sich so viele freuen ?
    Jede kleine Handlung Deinerseits kann ein Anreiz für positives Handeln anderer sein.

    Das Leben ist nicht nur schwarz-weiß. Ich glaube auch für Dich gilt: das Leben erscheint manchmal sinnlos. Die Welt erscheint manchmal ohne Gott.

    Um bei Deinem Bild zu bleiben: ein Heini hat einen Wellenbrecher ins Meer gesetzt. Damit hat er vielleicht bewirkt, dass viele Lebewesen vor einer Flut geschützt wurden. Du weißt das nur nicht und siehst nur den kleinen Hund, um den es natürlich schmerzt.

    Wenn Du morgen lesen würdest, dass ich bei einem Unfall ums Leben gekommen bin, wegen so einem Heini, der sein Auto nicht beherrschte, dann dürftest Du nicht wütend werden. Vielleicht bekomme ich übermorgen eine schlimme Krankheit und liege für 20 Jahre im Pflegeheim, stocksteif, nichts mehr von der Natur mitbekommend, leidend, andere betrübend, ein Bild des Schreckens. Dann doch lieber beim Autounfall umkommen. Ich wäre im Hinblick auf diese Alternative dem Unfallfahrer dankbar.

    Wir verstehen die Zusammenhänge nicht alle so richtig. Aber deswegen dürfen wir nicht verzweifeln und sollen uns am Leben freuen, solange uns das noch bleibt.
    Du musst daran glauben, dass Dein Leben sinnvoll ist. Dass es Gott gibt. Dass es das Leben danach gibt.

    LG
    Andreas

  11. adam says:

    Was ist sinnvoll? Was ist der Sinn? Vielleicht die Liebe u. das Verstaendnis
    Was ist der Sinn des Leidens? Das Leid hat keinen Sinn in sich. Aber vielleicht aus dem Verstaendnis des Leides kommt die Liebe, sonst verwandelt das Leid in die Angst. Was ist Verstaendnis? Das Fuehlen, das Erfahren. Es ist wie der Geschmack vom Essen. Man kann es in Woertern nicht fassen, man nimmt es wahr, wenn man isst. So ist es auch mit unseren Gefuehlen. Wenn wir unsere Gefuehle wahr nehmen, statt aus Angst davonzurennen, dann hat man eine andere Sensibilitaet.

  12. sarangiji says:

    …was im Endeffekt bedeutet, man kann nur wirklich wissen, was Leid und Tod bedeuten, wenn man sie selbst erfahren hat.
    Eigentlich müsste dann jeder eine solche Schulung durchmachen, damit er seinen Nächsten richtig schätzen lernt. Damit er erkennt was es heißt: was du nicht willst das man dir tu das füg auch keinem andern zu.
    Außer –
    Einer kommt auf die Idee, diese Erfahrung anderen zwangweise beizubringen. D.h. er will quälen, um anderen die Erfahrungen des Leids beizubringen.
    Und will sehen, wie sie den Prozess des Erkennens im qualvollen Tod bewältigen.
    So Verrückte soll es schon gegeben haben.
    Ob der Gequälten dann seinen Peiniger lieben lernt?
    Wohl kaum.

  13. adam says:

    Wir muessen mit dem anfangen, was die Realitaet entspricht. Wenn es Leid in mir gibt, nutzt es davon weg zu rennen? Wenn ich das tue, erfahre ich es nie, und lebe immer mit der Angst davor. Was ist eigentlich der Ego, der Ich?

    Wenn es keinen Ich gibt, dann gibts keinen Unterschied als Ich u. Du. Es gibt keinen mein Glueck u. dein Glueck, mein Leid u. dein Lied, es gibt nur das Mitfuehlen, das Erfahren.

    In dem Erfahren, Mitfuehlen gibt’s kein Ich. Vielleicht ist das die
    Liebe.

    Wenn ein Baby Leid fuehlt, fuehlt die Mutter auch nicht mit? Ist das nicht die Liebe?

  14. sarangiji says:

    Ich weiß nicht….
    wenn ich im Fernsehen „erlebe“ wie einer verwundet wird und spüre gleichzeitig auch den Schmerz, dann ist das einerseits die geschickte Regie des Filmemachers oder eine Rückerinnerung des Körpers an Schmerzen, die er schon gehabt hat.
    In dem Augenblick liebe ich den Akteur, den es im Film trifft nicht.

    Aber im Prinzip hast Du recht: im Tod verlieren wir unser Ego und kehren zurück zur Gemeinschaft der Seelen. Ohne die Bürde des Ego, die vom Körperlichen her kommt.
    Nur so können wir eintauchen in ein Jenseits, das eine bessere Welt ist. Nur so ist es meiner Meinung überhaupt möglich: was in unserem Ego ist denn nicht bestimmt durch unseren Körper, unser Gehirn? Unser Ego ist durch die Umwelt und die Vererbung geformt.
    Im Tod kehren wir wieder in den Zustand zurück, mit dem wir hier angekommen sind.
    Der Kreis wird geschlossen. Trotzdem war das Leben nicht sinnlos:
    Wir haben vieles verändert, vieles bewirkt in unserem Leben. Wir haben unser Karma verändert.
    Die Potentialenergie unserer Seele und die der Gemeinschaft der Seelen hat sich verändert. Und das ist wichtig für die gesamte Entwicklung des Universums.
    Unsere ganze Welt, das ganze Universum ist von Energiepotenzialen bestimmt. Nichts geschieht ohne energetische Spuren zu hinterlassen. An einer Stelle nimmt die Energie zu, an anderer ab. So wie wir eine Treppe hinauf laufen und dabei die potentielle Lageenergie verändern, und wenn wir vom Turm hinunterstürzen diese Energie in kinetische Energie umwandeln, so verändern wir die Energie im Universum durch unser Denken und Handeln.
    Vielleicht können wir die positive Energie, die netto bei unserem Denken/Handeln entsteht Liebe nennen.
    Hört sich gut an. Ein Begriff, der uns innerlich wärmt. Eine Vorstellung, die uns ein Ziel setzt. Das Ende der Sinnlosigkeit.

  15. Daniela says:

    Woher kommt die Besessenheit, nach einem Sinn suchen zu muessen? Wir sind hier, um uns fortzupflanzen, dann zu sterben, und dann sind die naechsten dran. Der imaginaere Sinn besteht nun darin, sein LEben moeglichst mit Froehlichkeit und Gutem zu bereichern. Das kann deine Familie sein, oder eine Taetigkeit, oder sonstwas. Aber die Natur hat daran kein Interesse. Die moechte nur, dass du deine Gene weitergibst.

    Ich glaube nicht an Gott. Und da ich auch nicht glaube, dass es einen hoeheren Sinn in irgendwas gibt, fuehle ich mich frei und bin meines eigenen Glueckes Schmied und immer so gluecklich, wie ich sein will. Das ist das Schoenste. Ich finde es nicht gut, sich staendig weismachen zu wollen, der Mensch sei etwas Besonderes. (bodenlose Arroganz)
    Sei ein guter Mensch, sei nett zu anderen, lebe dein LEben, hab Spass dabei – fertig ist das Paradies. Alles andere ist Nebensache. Oder Natur. Oder Instinkt. Aber fuer mich persoenlich unwichtig. Darum moechte ich an Sinn-des-LEbens-Debatten auch nicht teilnehmen.

    LG
    Daniela

  16. sarangiji says:

    Der Mensch ist etwas Besonderes, wie auch immer man es sieht: es gibt nichts Vergleichbares auf unserem Planeten.
    Und zum anderen Punkt: wie adam sagt, man muss es selbst erfahren. Ich meine, man muss es selbst erfahren, dass es da etwas mehr gibt, als was bisher die Wissenschaft sagt. Es ist ein Gefühl. Glaube.
    Ich kann auch nicht sagen, dass diejenigen, die diese Überzeugung haben die besseren Menschen wären – beileibe nicht. Zuviel wurde im Namen des Glaubens zerstört im Laufe der Zeit.

    Wir haben verschiedene Erfahrungen gemach in unserem Leben –
    sei’s drum!
    Wird schon seinen Sinn haben! ÄÄÄÄHhhh…..

    LG
    Andreas