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Update: Brutales Indien.

Monday, May 3rd, 2010

Manchmal kann man gar nicht so laut schreien, wie man möchte. Manchmal wünscht man sich, die Tageszeitung nicht aufgeschlagen zu haben, weil es einem restlos den Tag versaut. Und man sich die Haare rauft vor lauter Verzweiflung. Manchmal wünscht man sich, die Welt, und in diesem Moment insbesondere Indien, wäre ein besserer Ort, weil Menschen und ihre abscheulichen Taten es einem unmöglich machen, das Land und seine Menschen zu lieben.

Man beginnt zu hassen, und dann wird es gefährlich. Hätte ich in diesem Moment die Möglichkeit, die Idioten der Puner PMC (Stadtverwaltung), die in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag vergangener Woche 10 harm- und hilflose Straßenhunde in Pune mit Giftködern qualvoll umgebracht haben, physisch in die Mangel zu nehmen, ich würde nicht zögern. Feige Schweine, barbarische Tat.

Auch das ist Indien.

Thursday, April 8th, 2010

Ich bin sauer, stinksauer. Angeblich ist Indien ja ein ach so spirituelles Land, jeder hält am Tag mindestens fünf Poojahs ab, man rennt in die Tempel, man betet, man wirft sich vor Lakshmi oder Ganesh in den Dreck, man verbrennt viel Räucherwerk und macht einen großen Zauber um alles, was heilig ist oder sein könnte.

Nur im Alltag sieht die Sache anders aus. Da gilt das Faustrecht oder eher alttestamentarische Gesetze wie ‘Auge um Auge, Zahn um Zahn’. Indien ist meiner Erfahrung nach ein Land der Missgunst, keiner gönnt dem anderen die Butter auf dem Brot oder gar größeren materiellen Wohlstand.

Nun zum Auslöser meines Ärgers: Heute hatte ich vor, den Hundezwerg Zorro endlich seinem neuen Zuhause zuzuführen, das im Moment noch eher eine Baustelle ist als ein fertiges Haus, denn mein bester-Freund-und-Frauenversteher Somar hat gebaut. Und zwar hinter der neu gezogenen Mauer. Und legal. Endlich gehören ihm die 20 Quadratmeter Grundfläche indischen Bodens, auf denen jetzt sein neues, zweigeschossiges Haus entsteht. Soweit, sogut.

Look who’s watching…

Tuesday, April 6th, 2010

um-die-Ecke-geguckt

In den alten Alleen von Pune’s Koregaon Park ist es noch verhältnismässig schattig und kühl. Hier hat sich nicht nur der Geldadel der Stadt mit seinen großkotzig-grotesken Residenzen versammelt (Poonawallah, Bajaj etc.), auch andere Bewohner schätzen den alten Baumbestand, die großzügigen Gärten und die relative Stille mitten in der Stadt. Seit dem Anschlag in der German Bakery ist hier alles noch ruhiger geworden, das Militär hat sich rund um den Osho-Ashram hinter Sandsäcken verschanzt, allein Fussgänger und die Bewohner (mit ihren Autos) dürfen passieren, die alten Alleen atmen auf: Kein Durchgangsverkehr für Euer Durchlaucht.

Es war auf einer meiner Hunderunden, als ich an einem verwaisten Spekulationsobjekt der abgesperrten Lane Zwei vorbeikam und meinen Augen kaum trauen konnte: Ich wusste zwar, dass Hornbills, Papageien und Pfauen in den Gärten des Koregaon Park wohnen, neu waren jedoch diese niedlichen Käuzchen, derer ich gleich vier erspähte: Die spotted owlets vom Koregaon Park waren mein Geburtstagsgeschenk und ich fuhr noch einmal zurück, um die Kamera zu holen.

It must be love…

Monday, October 12th, 2009

Samtweich streichelte heute morgen um vier die linde Nachtluft Indiens meine übermüdeten Glieder, als ich, verschwitzt und übernächtigt, voller Freude übers Rollfeld lief. Ich war drauf und dran gleich dort meiner Freude Ausdruck zu verleihen, auf die Knie zu fallen und den geheiligten indischen Boden zu küssen, konnte mich aber gerade noch zurückhalten und verschob das Ritual auf später.

Ich konnte nicht anders, als breit zu grinsen, als mir die junge Krankenschwester in einer pro-forma-Prozedur das Fieberthermometer (?) an den Hals hielt – 98° Fahrenheit, no worries –  und mich der bärtige Arzt nach irgendwelchen Schweinegrippen-ähnlichen Unpässlichkeiten fragte, die ich lächelnd verneinte: “Namaskar!” schmetterte ich ihm stattdessen gutgelaunt und Uhrzeit-unangemessen entgegen und preschte nach dem üblichen Stempelritual der Immigration entgegen. Dort fehlte mein spezieller Freund vom letzten Mal, Mr. Wichtigtuer, der mich ohne mein original FRO-Papier nicht einreisen lassen wollte. Stattdessen saß dort ein junger, durchaus netter Beamter, der wohl auch ohne Bakshish leben kann: Er jedenfalls winkte mich nach kurzer Prüfung der Papiere durch, ohne das sensible Stück überhaupt sehen zu wollen. Indien hat mich wieder und ich bin so, so froh.

Pune in Angst. Update.

Tuesday, August 11th, 2009

Pune dreht durch. Ich hätte nie gedacht, dass ich außerhalb Japans einmal so viele Atemmasken sehen würde, wie die, die jetzt das Straßenbild der Stadt prägen: grüne Chirurgenmasken, gelbe, blaue, rote Dreiecksmasken, die aussehen wie vertikale Entenschnäbel, die ganze Bandbreite vorstellbarer und unvorstellbarer selfmade-Masken, Halstücher als Mundschutz oder alle drei Varianten übereinander: Pune ist fest in der Hand der Schweinegrippe, psychologisch betrachtet jedenfalls.

Die Angst geht um in der Stadt und wird munter gefüttert mit der ewig wiederkehrenden Berichterstattung über das Virus: Seit zehn Tagen titelt die Times of India Pune mit nichts anderem als den neuesten Infektionszahlen, den hilflosen Versuchen hysterischer Bürger, die zu Tausenden täglich an den hoffnungslos überforderten Screening-Centers Schlange stehen, um sich auf das Virus testen zu lassen, und den Zuständen in den staatlichen Hospitälern, die bislang das alleinige Recht hatten, H1N1-Patienten in Zwangs-Quarantäne zu nehmen.

Ein historischer Moment.

Friday, June 5th, 2009

Das lange Warten hat ein Ende: Heute Nachmittag um 15.59 Uhr flogen in Pune die Fetzen, als ein Gewitter losbrach, das sich durchaus mit einem ausgewachsenen Taifun messen konnte, nur dass der Spuk nach nur einer Stunde vorbei war. Ich habe deshalb heute den Tag im Kalender rot angestrichen als Beginn der Regenzeit, auch wenn das meterologische Institut den offiziellen Monsunbeginn in Pune generell erst auf den 7. Juni legt und die einschlägigen Wetterexperten einen verzögerten Monsunbeginn prognostiziert haben, da der Regen in Andhra Pradesh festhinge, so murmelte man.

Noch während es draußen toste, wurde ich von mir zur ‘rettet die Bücher’-Aktion ins Schlafzimmer abkommandiert, wo der Regen durch die fast geschlossenen Schiebe-Fenster geschossen war und weder den Regalen noch den Büchern zuträgliche Seen hinterlassen hatte: Ihr werdet lachen, aber IKEA-Billy Regale sind hier ein kostbares Gut, denn vernünftige Bücherregale im Sinne von ästhetisch vertretbar, schlicht und einigermaßen durabel sind so gut wie nicht aufzutreiben, jedenfalls nicht hier in Pune.