The crusade of an Indian Woman

Neulich kam Shanti zu mir mit einem heiklen, weil privaten Anliegen: So privat, dass es nicht einmal Somar, mein bester-Freund-und-Frauenversteher (und Shantis Ehemann) wissen darf: Shanti möchte ein Konto eröffnen. Bei einer Bank. Und zwar ohne das Wissen ihres Mannes, zur Altersvorsorge. Sie hätte ihre Gründe dafür. Ob ich ihr dabei helfen wolle?

Ich sagte: “Klar, kann ich das. Lass uns zur Bank fahren, ich helf´Dir mit den Formalitäten.”

Ein frommer Wunsch. Shabundin fuhr uns zur nächsten Stelle von der xxx-Bank, wir stiegen aus, ein Dreigestirn mit einem Auftrag, einer Mission: Zielstrebig betraten wir die Filiale, lenkten den Gewehrlauf des Wachmannes in eine andere Richtung als die unserer Gesichter und erkundigten uns. Unser Besuch währte nur kurz: Die freundliche Dame am Schalter erklärte uns, dass eine Mindesteinlage von 1000 Rupien notwendig sei, um ein Sparkonto zu eröffnen und darüberhinaus folgendes Formular, das sie uns aushändigte.

Wir nahmen es, und gingen. Ich fühlte mich zunächst nur bedingt zuständig: Der Fragebogen war in Marathi verfasst; keine Chance für mich, etwas zu kapieren, bis ich die umseitige englische Version entdeckte. Hier konnte ich helfen. Das Projekt dümpelte ein paar Tage vor sich hin, bis Savita, Shanti´s Tochter mich anrief: Ich möge doch, bitte, den Rest der Fragen ausfüllen, sie könne nichts damit anfangen.

Soweit, so gut.

Der Fragebogen schlummerte auf meinem Wohnzimmertisch, schließlich war ich eine Verbündete in den Unabhängigkeitsbemühungen Shanti´s, bis wir endlich mal ernst machten und ich guckte, was denn meine süße Savita so ausgefüllt hatte.

Nun, um es kurz zu machen: Die Auskünfte von Savita waren bescheiden, wenn nicht dürftig. Es haperte schon bei der Adresse: Shandni Chowl; Hausnummer und Straße unbekannt. Ebenso die (ehemaligen) Arbeitgeber: Da hatte Savita den Namen ihrer Mutter eingetragen, also Shantis – nicht wirklich das, was die Bank wissen will. Geburtsdatum der Antragstellerin, Geburtsdatum von Savita: Fehlanzeige.

Aber ich will mich hier nicht falsch verstanden wissen. Unseren größten anzunehmenden Unfall erlebten wir mit der Fragestellung nach Shanti´s Identität. Der Fragebogen beinhaltete gemeinerweise nämlich die Frage nach einem Identitätsnachweis: Russian Card, Voter´s ID Card, electricity bill, telephone bill…. natürlich hätten sie auch gern einen Personalausweis oder einen Reisepass, einen Führerschein oder einen Steuernachweis genommen. Aber nichts davon, sweet nuttin, war und ist verfügbar: Shanti ist persona non grata, eigentlich nicht existent.

Mit Mühe machte ich ihr beim Aufüllen des Formulars klar, dass das eine “absolute necessity” sei – eine unabdingbare Notwendigkeit. Wie sonst sollte sie sich gegenüber der Bank ausweisen? An wen sollte die Bank sonst das Guthaben auszahlen, falls gewünscht?

Shanti rollte mit den Augen.

Ich fragte sie: Gibt es denn keine Möglichkeit für Dich, irgendein Ausweispapier zu beantragen, ohne dass Somar davon erfährt?

Sie schüttelte den Kopf: No, madam, it´s all in Somars hands.

Eine Viertelstunde später kam sie zu mir und erkärte mir in etwa folgenden, angenommenen Sachverhalt, denn Shanti spricht kein Englisch: “You know, Somar is a real bad guy. He´s not been taking care of me, and us, everything is in his name, and I have no possibilities.”

Ich konnte nicht anders, als zu nicken, in diesem Fall. Ich weiß bislang nicht, wie das läuft, hier in Indien, aber so kann das nicht weitergehen. Shanti muss eine Möglichkeit haben, sich in irgendeiner Weise ausweisen zu können, für sich, für die Kinder, überhaupt.

Nächste Woche werde ich noch einmal mit ihr zur Bank fahren, let´s check it twice, und dann werde ich mal ein paar kritische Fragen zum Identitätsnachweis bei Frauen stellen – es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, sich unabhängig vom Ehemann ausweisen zu können, bzw. einen Ausweis als natürliche Person beantragen zu können? Oder sind Frauen hier einfach NICHTS?

Vielleicht eine naive Frage, nachdem ich bei Shanti als zweiten Namen Somar eingetragen habe, also den Vornamen ihres Ehemannes und als Nachnamen natürlich widerum den des Ehemannes?

Ich werde sehen, was die Bank sagt. Aber es kann doch nicht sein, dass… oder doch?

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4 Responses to “The crusade of an Indian Woman”

  1. Steffi says:

    Ich bin sehr gespannt, was dabei heraus kommt und drücke die Daumen! Ich hoffe, es ist möglich, Shanti zu ein wenig mehr Eigenständigkeit zu helfen.

    Hältst Du uns bitte auf dem Laufenden?

    Liebe Grüße!
    Steffi

  2. helen says:

    Wie wär’s mit der Voter’s ID Card für Shanti? Diese muss sie doch bekommen, und da dieses Jahr ja Parlamentswahlen anstehen, könnte (man) frau diese doch für sie beantragen, ohne dass der Mann Verdacht schöpft. Soweit ich weiß, braucht man dazu 2 Passbilder und wahrscheinlich die Zustimmung des Mannes :-(.
    Mit dieser ID Card habe konnte ich für meine Maid ein Handy beschaffen – auch als ein Stück Unabhängigkeit gegenüber Ihrem Mann – aber auch ein Statussymbol für sie.
    Bleib dran an der Sache – ist sicher sehr zeitaufwendig und wird noch manche Überraschung mit sich bringen. Wünsche Euch viel Erfolg
    LG
    Helene

  3. Daniela says:

    Sehr interessant und toi, toi, toi bei der Sache. Stimme Helene zu: Voter-ID ist die Loesung.
    Normalerweise kann man doch als Frau den Namen des Vaters angeben, wenn man den des Mannes nicht angeben will. Warum macht sie das nicht?

    Bei der einzutragenden Adresse sollte sie vorsichtig sein, denn die Bank schickt ja immerhin Unterlange an diese Adresse, und die koennten gut und gern in Somars Haende fallen. Auch da steht natuerlich evtl. die Alternative, die Adresse der Eltern anzugeben, sollten die auf gutem Fuss stehen/noch leben/etc. Oder deine? Du bist doch immerhin ihre Arbeitgeberin, oder? Da waere es doch moeglich, wenn du voruebergehend deine Adresse angibst. Vielleicht…. frag doch mal. Das schoene in Indien ist ja, dass manchmal alles geht….

    Lachen musste ich ueber die Russian Card. Ist das Absicht, weil kein Mensch Ration aussprechen kann?

    Bleib am Ball,
    Daniela

  4. jules says:

    Hallo Ihr Drei!

    Manchmal erledigen sich Dinge (und das hatten wir ja schon mal) hier von alleine. Heute kam Shanti freudestrahlend zur Arbeit und verkündete, dass morgen ihr Konto eröffnet würde. Soviel konnte ich ihren Worten entnehmen. Ich weiß noch nicht, wie sie das angestellt hat, denn Shabundin stand als Übersetzer gerade nicht zur Verfügung, aber sie wird das Rätsel morgen lüften, wenn sie mir ihr Sparbuch zeigen will.

    Strike! Hey, man, high five!

    Wenn es klappt. Und das glaube ich erst, wenn ich das verdammte Sparbuch sehe. Aber die Dinge sehen gut aus, denn auch Shabundin konnte einen “Freund” locker machen, der ihr, wie auch immer, ein Konto bei der Bank of Maharashtra eröffnen will, auch ohne Papiere (?!) Er ist sozusagen die Stand-By-Lösung.

    @Dani: Ha, Ha, Ha…ist das klasse! Nein, die Russian-Card ist ein echter Irrtum und danke, danke, dass mir endlich einmal einer sagen kann, dass das Ding eigentlich RATION-CARD heißt. Ich habe nämlich einfach die Aussprache lautmalerisch übertragen und frage mich seit neun Monaten, was das denn bitte sein soll: RUSSIAN CARD??? Was haben hier die Russen verloren? Was für eine russische Karte? Häääh???

    Jetzt weiß ich es. Glory, Glory, halleluja! Und die Russian Card lass ich so drin. Das ist köstlich, wirklich. Fettes Grinsen.

    Seid gegrüßt, Ihr Lieben.
    J.