Archive for the ‘India sucks’ Category

Ein weiter Weg. Noch immer.

Monday, July 6th, 2009

Endlich. Endlich frei.

In einem Grundsatzurteil des Delhi High Courts wurde Sektion 377 des indischen Strafgesetzbuches vergangenen Donnerstag für verfassungswidrig erklärt, der homosexuellen Geschlechtsverkehr unter Erwachsenen auch in privaten Räumen unter drakonische Strafe gestellt hatte. Bislang konnten Homosexuelle für den in Sektion 377 als widernatürlich kriminalisierten Verkehr mit einer zehnjährigen bis lebenslangen Haftstrafe bestraft werden, auch wenn de facto während der letzten 20 Jahre keine Verurteilungen mehr ausgesprochen wurden. Dennoch: Homosexuelle blieben erpressbar.

Das hat nun ein Ende, wenn es nach dem Willen der Richter geht, die deutlich machten, dass das Gesetz die verfassungsmäßig garantierten Rechte der persönlichen Freiheit und Gleichheit verletze sowie das Verbot von Diskrimierung.

Willkommen im 21. Jahrhundert, Indien.

Ich hätte Freudenfeuer erwartet, lachende, tanzende Menschen allerorten, die diesen wichtigen Schritt Indiens in eine ernst zu nehmende Demokratie feiern. Es hat nicht sollen sein.

Another Welcome (and Goodbye).

Wednesday, July 1st, 2009

Ach, wie ich Indien liebe!

Ganz besonders fällt mir das auf, wenn ich verschwitzt und übernächtigt um 3.50 Uhr aus dem Flieger in die Arme der absurden indischen Bürokratie kippe, die sich zur Vermeidung der Influenza einen besonderen Spaß ausgedacht hat: Alle Passagiere werden noch vor der Immigration abgefangen und einer Zwangsuntersuchung unterzogen: Zwei dickwangige, rundbäuchige Gesundheitsbeamte thronen feixend hinter zwei provisorisch aufgebauten Tischen unter einem Transparent (“medical examination”) und genießen es sichtlich, den Passagieren von ihren Assistenten schmuddelige Thermometer in die Ohren stecken zu lassen: Wer Fieber hat, darf nicht passieren, sondern landet im Gefängnis, das sich als Quarantäne-Station der staatlichen Hospitäler tarnt: Gehen Sie direkt ins Gefängnis, gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie nicht 4000 Mark ein. Los. Stopp. Schade. Vorbei. Das Grauen wartet am Airport.

Glücklicherweise hatte ich gestern kein Fieber, trotz meiner fetten Erkältung. Gottseidank. Sonst hätte sich den Beamten sicher eine Show geboten: Europäerin erleidet hysterischen Anfall, Flughafenverkehr für eine Stunde gesperrt. Oder so ähnlich.

Ist die Katze aus dem Haus…

Tuesday, June 23rd, 2009

Gerade erreichte mich die sms eines Freundes aus Pune: Gestern Nacht hätte die indische Polizei unseren Fahrer festgenommen, während er betrunken und mit überhöhter Geschwindigkeit durch Pune ballerte. Unser Wagen sei beschlagnahmt, die Firma hätte nun Anwälte beauftragt, um das Auto freizubekommen.

Nun, Shabundin, da hast Du Dir ja ein tolles Ding geleistet. Ich bin wirklich stolz auf Dich.

Wir haben uns das letzte Mal schon gefragt, warum der Wagen nach unserer Rückkehr aus Deutschland auffallend viele kleine Dellen aufwies, das eine Rad eine durchgeschlagene (!) Felge hatte und das Auto insgesamt so aussah, als hätte es einen Einsatz im Kriegsgebiet hinter sich. Aber – ich beschwichtigte U., unterstützte Shabundin, wies auf die insgesamt schlechten Straßen hin, bei denen so etwas schon mal passieren könne, insbesondere wenn man ungeteerte Schlaglochstraßen führe, wie das manchmal der Fall ist.

Dogged by cruelty. Kurzfassung.

Tuesday, April 28th, 2009

Wenn man dieses Land hassen möchte, dann findet man Gründe dafür. Jeden Tag.

Ich hasse dieses Land nicht. Ich habe mich sogar mal zu einer Äußerung verstiegen, die ziemlich nach “Ich liebe dieses Land” klang. Leider werden mir meine Liebesgefühle gerade schwer gemacht:

Vor ein paar Tagen fand ich den mit “Dogged by cruelty”- betitelten Artikel im Pune Mirror, Beiblatt der TOI für Pune. Inhalt: Die Hundefänger der PMC (Pune Municipal Corporation), die ja eigentlich für Sterilisation und Impfungen der Strays zuständig sein sollten, also für eine Gesundung und medizinische Versorgung der Hundepopulation, haben eine junge Hündin an einem Strick ums Genick hinter dem Hundefänger-LKW zu Tode geschleift. Zweieinhalb Kilometer lang. Bis sie endlich tot war. Weil sie sich geweigert hat, mitzukommen und ihre acht Welpen zu verlassen, von denen die Hundefänger wussten. Das Foto der toten Hündin erspare ich Euch.

Back in India. Update.

Thursday, April 23rd, 2009

Ich bin ziemlich nachdenklich. Ich hadere mit mir, weil ich Indien als Dreckloch bezeichnet habe, bezeichnen musste. Und leider bezieht sich “Dreck” eben nicht nur auf ein paar unangenehme Gerüche aus nahegelegenen Slums.

Ich erinnere mich daran, wie glücklich ich war, all der organisierten Tristesse Deutschlands entflohen zu sein, letztes Jahr, und ich finde es erstaunlich, wie sehr sich die Wahrnehmung ändert, sobald man länger an einem Ort lebt: Die Exotik schwindet, der Alltag (und Einblick) kommt und mit ihm die Ernüchterung. Schade, auf der einen Seite, aber unausweichlich.

Ich bin nicht undankbar. Nach wie vor empfinde ich das Leben hier als große Bereicherung, denn es lässt mich staunen, jeden Tag, immer und immer wieder, trotz der bitteren Aspekte, die dieses Land hat.

Ninjas für die Liebe

Saturday, February 14th, 2009

ein Kampfkünstler verteidigt Liebespaare

Schlechte Aussichten für engstirnige Moralapostel: In einer beispiellosen Aktion beschützt am heutigen Valentinstag ein Geschwader von Liebesengeln die Liebespaare von Neu Delhi vor Übergriffen von selbsternannten Sittenwächtern. Der Trick dabei: Alle Teilnehmer der Aktion sind Kampfkünstler, die meisten von Ihnen tragen einen schwarzen Gürtel. Mindestens 10 solcher Liebesengel-Gruppen werden die typischen Treffpunkte von Liebespaaren “bewachen” – moralsaure Aggressoren werden nötigenfalls flachgelegt, allerdings nicht im Bett.

Ravi Kalvar, der Gründer der ‘Save the Earth’ Foundation, richtet sich mit der Aktion vor allem gegen die Shri Ram Sene, die einen Boykott des Valentinstags von den Mädchen und Jungen der Stadt gefordert hatten: “Das sind doch kranke Leute, vereint durch ihre Frustration und Eifersucht. Der Valentinstag ist ein Tag, an dem man seine Zuneigung zeigen darf und sollte und zwar auch einem selbstgewählten Partner. Dies ist ein freies Land und wir lassen uns weder diese Freiheit noch ein Recht auf freie Partnerwahl durch eine selbstgestrickte, Taliban-orientierte Organisation nehmen “, erklärte er der Times of India.