Archive for the ‘Daily’ Category

Love´s the only thing that´s (for) free

Tuesday, July 7th, 2009

Gerade bekam ich Besuch von einem lieben indischen Freund, nennen wir ihn: X.

X ist einer der wenigen, der letzte Woche den Fall von Sektion 377 gefeiert hat, denn X ist schwul. Wir fingen an zu reden und natürlich fragte ich ihn, wie denn jetzt das Lebensgefühl sei, als freier schwuler Mann, in der Ära Post-377-Penal-Code. Er sagte: “Juli, ich erzähle Dir jetzt mal eine kleine Geschichte, wie ich mich all die Jahre gefühlt habe und wie es so war, in Indien, bis vor einer Woche:

Weißt Du, ich war vor ein paar Jahren mal auf einer schwulen Party und da gab es einen Jungen, der mir ziemlich gut gefiel und ich ihm wohl auch. Auf jeden Fall beschlossen wir, Sex zu haben, für uns, allein. Also gingen wir und suchten uns eine dunkle Ecke unter einer Brücke, als wir auf einmal Trillerpfeifen hörten. Ich bekam Angst, mein Lover auch, und hastig zogen wir uns halb an, als auch schon mehrere Polizisten die Kegel ihrer Taschenlampen auf uns richteten und uns abführten, aufs Revier.

Ein weiter Weg. Noch immer.

Monday, July 6th, 2009

Endlich. Endlich frei.

In einem Grundsatzurteil des Delhi High Courts wurde Sektion 377 des indischen Strafgesetzbuches vergangenen Donnerstag für verfassungswidrig erklärt, der homosexuellen Geschlechtsverkehr unter Erwachsenen auch in privaten Räumen unter drakonische Strafe gestellt hatte. Bislang konnten Homosexuelle für den in Sektion 377 als widernatürlich kriminalisierten Verkehr mit einer zehnjährigen bis lebenslangen Haftstrafe bestraft werden, auch wenn de facto während der letzten 20 Jahre keine Verurteilungen mehr ausgesprochen wurden. Dennoch: Homosexuelle blieben erpressbar.

Das hat nun ein Ende, wenn es nach dem Willen der Richter geht, die deutlich machten, dass das Gesetz die verfassungsmäßig garantierten Rechte der persönlichen Freiheit und Gleichheit verletze sowie das Verbot von Diskrimierung.

Willkommen im 21. Jahrhundert, Indien.

Ich hätte Freudenfeuer erwartet, lachende, tanzende Menschen allerorten, die diesen wichtigen Schritt Indiens in eine ernst zu nehmende Demokratie feiern. Es hat nicht sollen sein.

The story hasn´t ended here. Yet.

Wednesday, July 1st, 2009

Ich hatte mich gefragt, wie lange es dauern würde, bis Schwierigkeiten auftreten würden. Schwierigkeiten, die mit Sha- anfangen und -bundin aufhören. Nun, es dauerte nicht lange. Heute morgen sprach mich Kailash an: Ein grauhaariges muselmanisches Männlein, das ca. 40 Kilo wiegt, bei uns in den Carports wohnt und für Shabundin unser Auto gewaschen hat. Normalerweise ist das Sache der Fahrer, ist Teil ihres Jobs. Aber Shabundin zog es vor, sich nicht die Finger schmutzig zu machen – Kailash war der Mann für die Dreckarbeit. Shabundin hat Kailash für vergangenen Monat nicht bezahlt, natürlich nicht. Also tat ich es.

Vor einer Stunde dann klingelte es abermals an der Tür: Sunil, der Fahrer von Kishore, unserem Nachbarn und Vermieter: Shabundin hätte 2000 Rupien Schulden bei ihm und hätte versprochen, es von diesem Monatsgehalt zu bezahlen. Ob wir ihn schon bezahlt hätten?

Another Welcome (and Goodbye).

Wednesday, July 1st, 2009

Ach, wie ich Indien liebe!

Ganz besonders fällt mir das auf, wenn ich verschwitzt und übernächtigt um 3.50 Uhr aus dem Flieger in die Arme der absurden indischen Bürokratie kippe, die sich zur Vermeidung der Influenza einen besonderen Spaß ausgedacht hat: Alle Passagiere werden noch vor der Immigration abgefangen und einer Zwangsuntersuchung unterzogen: Zwei dickwangige, rundbäuchige Gesundheitsbeamte thronen feixend hinter zwei provisorisch aufgebauten Tischen unter einem Transparent (“medical examination”) und genießen es sichtlich, den Passagieren von ihren Assistenten schmuddelige Thermometer in die Ohren stecken zu lassen: Wer Fieber hat, darf nicht passieren, sondern landet im Gefängnis, das sich als Quarantäne-Station der staatlichen Hospitäler tarnt: Gehen Sie direkt ins Gefängnis, gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie nicht 4000 Mark ein. Los. Stopp. Schade. Vorbei. Das Grauen wartet am Airport.

Glücklicherweise hatte ich gestern kein Fieber, trotz meiner fetten Erkältung. Gottseidank. Sonst hätte sich den Beamten sicher eine Show geboten: Europäerin erleidet hysterischen Anfall, Flughafenverkehr für eine Stunde gesperrt. Oder so ähnlich.

Ist die Katze aus dem Haus…

Tuesday, June 23rd, 2009

Gerade erreichte mich die sms eines Freundes aus Pune: Gestern Nacht hätte die indische Polizei unseren Fahrer festgenommen, während er betrunken und mit überhöhter Geschwindigkeit durch Pune ballerte. Unser Wagen sei beschlagnahmt, die Firma hätte nun Anwälte beauftragt, um das Auto freizubekommen.

Nun, Shabundin, da hast Du Dir ja ein tolles Ding geleistet. Ich bin wirklich stolz auf Dich.

Wir haben uns das letzte Mal schon gefragt, warum der Wagen nach unserer Rückkehr aus Deutschland auffallend viele kleine Dellen aufwies, das eine Rad eine durchgeschlagene (!) Felge hatte und das Auto insgesamt so aussah, als hätte es einen Einsatz im Kriegsgebiet hinter sich. Aber – ich beschwichtigte U., unterstützte Shabundin, wies auf die insgesamt schlechten Straßen hin, bei denen so etwas schon mal passieren könne, insbesondere wenn man ungeteerte Schlaglochstraßen führe, wie das manchmal der Fall ist.

Die grüne Kühlbox

Tuesday, June 23rd, 2009

O.K. Ich liebe Deutschland. Aber nur so lange ich im Ausland lebe. Vorzugsweise im heißen Ausland, in dem ich jeden Morgen ab 11.00 Uhr nur noch eine ungefähre Vorstellung von meinen Gedanken habe, weil das, was man Denken nennen könnte, schon längst zu einer nur gelegentlich wahrnehmbaren, undifferenzierten Suppe kaum nachvollziehbarer Impulse verkocht ist, die allerdings keine Schmerzen bereitet – no brain, no pain.

Ganz anders hier, jetzt und heute: Ganz Deutschland entpuppt sich wohltuend als riesiger, frei begehbarer Kühlschrank mit gelegentlicher Solarbeleuchtung, in dem ich mich frei bewegen kann, Kilometer um Kilometer im gewohnten Hundeausgangs-Stechschritt absolvieren kann, ohne dass sich ein Schweißperlchen irgendwo auf meinem Körper zeigt oder ich die gewohnte indische Mattigkeit fühle, die jede Bewegung zur Belästigung macht.

Sommer in Deutschland, der Traum jedes Heizungsbauers, der garantiert nie arbeitslos wird.

Was fällt sonst noch auf?