Die grüne Kühlbox

O.K. Ich liebe Deutschland. Aber nur so lange ich im Ausland lebe. Vorzugsweise im heißen Ausland, in dem ich jeden Morgen ab 11.00 Uhr nur noch eine ungefähre Vorstellung von meinen Gedanken habe, weil das, was man Denken nennen könnte, schon längst zu einer nur gelegentlich wahrnehmbaren, undifferenzierten Suppe kaum nachvollziehbarer Impulse verkocht ist, die allerdings keine Schmerzen bereitet – no brain, no pain.

Ganz anders hier, jetzt und heute: Ganz Deutschland entpuppt sich wohltuend als riesiger, frei begehbarer Kühlschrank mit gelegentlicher Solarbeleuchtung, in dem ich mich frei bewegen kann, Kilometer um Kilometer im gewohnten Hundeausgangs-Stechschritt absolvieren kann, ohne dass sich ein Schweißperlchen irgendwo auf meinem Körper zeigt oder ich die gewohnte indische Mattigkeit fühle, die jede Bewegung zur Belästigung macht.

Sommer in Deutschland, der Traum jedes Heizungsbauers, der garantiert nie arbeitslos wird.

Was fällt sonst noch auf?

Trinkwasser. Hey, man kann hier einfach so den Mund aufmachen, sich unter den Hahn hängen und ein halbes Literchen weggluckern. Ohne danach lebensbedrohlich zu erkranken, weil man sich irgendeinen Mistbazillus eingefangen hat, vorzugsweise die Ruhr. Das ist toll, um nicht zu sagen grandios, wenn man ein Wasserfreak ist, wie ich es bin.

Und: Es ist so gottverdammt grün hier. GRÜÜÜÜN! Ich frage mich, warum so viele Menschen in Deutschland an Depressionen erkranken, soll doch die Farbe Grün am stärksten harmonisierend wirken auf die menschliche Psyche. Und davon ist zumindest jetzt ja wohl jede Menge da. Wer Grün allerdings nicht mag, hat ein Problem.

Ich mag Grün. Dass ich mittlerweile aber mehr nach Indien gehöre als nach Deutschland, zeigt sich für mich trotz all der natürlichen und zivilisatorischen Errungenschaften meiner germanischen Heimat daran, dass ich neulich Göttergatte U. in einem Hamburger Kreisverkehr in die falsche Richtung schicken wollte, nämlich nach links. U. guckte mich mit streng erhobener Augenbraue an, sagte: “Hase, wir haben hier keinen Linksverkehr!” und bog nach rechts ab. Good on him. Alles andere wäre nicht gut ausgegangen.

Leider habe ich das Problem nicht nur beim Autofahren: In den letzten drei Tagen laufe ich mit meinem Linksdrall entgegenkommenden Personen unfreiwillig in die Arme bei dem Versuch, ihnen nach links auszuweichen. Das kann unangenehm sein, aber auch sehr charmant, zumindest riechen die Menschen hier gut. Und das ist doch auch schon etwas. Sollte ich noch ein wenig bleiben?

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3 Responses to “Die grüne Kühlbox”

  1. Kerstin says:

    Noch eine, die endlich bemerkt, wie guuuuuuuuut die Menschen in Deutschland riechen *traeum*. Das war das, was mir im April als erstes aufgefallen ist. Im Gegenzug dazu brauchte ich in Indien ein paar Tage, um den “typischen” Geruch nicht mehr zu riechen…..(der es nicht wirklich wert ist, gerochen zu werden).

    Ich brauchte ungefaehr 3 Wochen (also die gesamte Zeit), um zu lernen, dass die Verriegelungen in Deutschlands Toiletten (in Restaurants und Kneipen) rechtsherum auf- und zugehen;) Als ich es dann endlich verstanden hatte, musste ich wieder abreisen und habe nun das Problem umgekehrt;)

    Ja, Deutschland ist sowas von gruen, das ist mir frueher nie so aufgefallen. Und das Gruen kann auch gut riechen:yes:

    Bleib noch ein bisschen und geniesse
    JG EHS

  2. Steffi says:

    Und, bist Du gut “zuhause” angekommen? Ich hoffe doch sehr.
    War sehr schön, Dich zu sehen. Wenn auch nur kurz.

    Ich drücke Dich und hoffe auf ein nächstes Mal in nicht allzu weiter Ferne.