Posts Tagged ‘indische Gesellschaft’

Survival of the fittest? Indische Grausamkeit, hautnah.

Saturday, May 1st, 2010

Es ist eine Sache, von Gräueltaten in der Zeitung zu lesen. Das kann man hier täglich und nicht nur auf Bildzeitungs-Niveau. Angesichts der prekären sozialen Verhältnisse (laut einer Statistik der Weltbank leben 44 Prozent der indischen Bevölkerung von weniger als einem US-Dollar am Tag. Ausrufezeichen.) wundert es mich täglich, dass es verschwindend wenig wirtschaftlich motivierte Gewaltkriminalität gibt.

Dennoch tropft aus indischen Zeitungen das Blut, wie hier bereits 2008 beschrieben. Dabei handelt es sich vielfach nicht um Gewaltakte aus wirtschaftlichen Gründen, sondern um persönlich motivierte Totschlag-Szenerien oder Morde. Morde, die im Namen der “Ehre” verübt werden, wegen Familienzwistigkeiten, aus Eifersucht, Morde sogar aus religiösen Gründen. Indien ist ein sehr emotionales Land.

Wie gesagt: Es ist eine Sache, über “Incredible India” zu lesen, wie sich das Werbemotto des indischen Tourismusverbands ironischerweise nennt, eine andere, die Schattenseiten einer hilfslosen und von Doppelmoral geprägten Gesellschaft im nächsten Umfeld mitzubekommen:

Die indische Frau – das Vielfältigkeitswunder

Wednesday, February 18th, 2009

eine lächelnde Hausfrau in der Küche arbeitet am Computer

Seht Euch das an, seht es Euch ganz genau an (Doppelklick aufs Bild). Das Bild der modernen indischen Frau, die da so glücklich lächelnd in der Küche steht: Inmitten von Gemüsebergen schwingt sie lässig das Messer und macht gleichzeitig online-Überweisungen zwischen Möhrchen, Paprika und Tomatenstückchen. Überprüfen wir das Werbefoto einer online-Dienstes mal auf Lebensnähe:

Erstens: Sie steht in der Küche, also da, wo ein liebendes Weib und eine gute Mutter in Indien hingehören. Die Küche ist ihr Reich; natürlich steht Frau Saubermann da und nirgendwo anders. Nicht etwa in einem eleganten Arbeitszimmer, wo man online-Aktivitäten ja auch erledigen könnte. Aber dann fehlte natürlich das Rollenmodell für die breite Masse. Ergo musste es die Küche sein. Ich schätze, das gibt 100 Punkte für den Realitätsbezug.

Zweitens: Sie ist natürlich gertenschlank, trotz aller Kochkünste. Wundert mich, dass das nicht von vielen Inderinnen als Affront empfunden wird. Die Realitäten sehen bei verheirateten Paaren nämlich häufig anders aus. Das bewerte ich lieber nicht, ich will noch ein bisschen leben.

Indien nur mit Maulkorb?

Tuesday, December 16th, 2008

Hoppla, da hab ich wohl gründlich jemandem auf die Füße getreten!

Heute fand ich diesen netten Kommentar von Monika zu “Deutschland, Deine Tugenden” in meinem Postfach – Tenor: Geh doch nach Hause, wenns Dir hier nicht passt, aber bitte äußere keine Kritik. Ich gebe das Schreiben an dieser Stelle als Beispiel wieder, wie sehr man mich missverstehen kann, wenn man es denn unbedingt möchte und wie groß persönliche Empfindlichkeiten sein können.

Vorab eines: Es ist nicht meine Absicht, Indien zu beleidigen. Ich finde eine Menge Dinge klasse hier und stelle ich sie auch genauso dar. Das entgeht offensichtlich manchem Leser, trotz der gutgefüllten Kategorie ‘India rocks‘, zum Beispiel.

Ich denke auch, dass ich eine Menge Verständnis für die Eigenheiten dieses großartigen Landes habe. Und ich beschreibe viele Dinge mit einem liebenden Auge, nicht einem hassenden. Sonst wäre ich in der Tat nicht hier, denn dann wäre es nicht zum Aushalten.

No space for pretty young things and their lovers

Wednesday, October 1st, 2008

Wohin gehst Du, wenn Du jung bist, Schmetterlinge im Bauch hast und Du mit Deinem Herzensmann oder der Herzensfrau einmal allein sein willst, zum Quatschen, Händchenhalten, oder vielleicht sogar zum Küssen? Denn mehr ist eh‘ nicht drin? Zum Üben, wie es ist, mit dem Anderen zu sein, ihn (oder sie) kennen zu lernen, die Art, wie er denkt, wie er spricht, wie er küsst – flüssiges Feuer im Bauch, oder sogar tiefer?

Klar, die deutsche Antwort lautet: Nach Hause. Zu ihm oder zu Dir, the choice is yours. Normal.

Das ist anders, hier in Indien, definitiv.

Gestern tobte ein Sturm der Entrüstung durch Pune‘s Lokalpolitik, denn hiesige Liebespaare wagen es, das kulturelle Erbe der Stadt mit ihren Unflätigkeiten zu beschmutzen: Die Ruinen des Shaniwarwada, das Vorzeigestück Punes aus der Peshwa-Ära im 18. Jahrhundert, wird nämlich von Liebespaaren heimgesucht! Da geht ein empörter Aufschrei durch sämtliche Parteien, denn der unselige Trend, sich an diesem stillen Ort zu treffen, um, wie es hier euphemistisch formuliert wird, ein wenig ‘quality time‘ miteinander zu verbringen, beschmutzt die Heiligkeit dieses einmaligen Platzes.

…und was sagt mir das jetzt?

Tuesday, September 30th, 2008

Ei, was haben wir denn da?

Ein indisches Paar aus Pappmaché mit ganz charmanten Wackelköpfen, bei dem ich jetzt Unterricht im Wackeln nehme. Und, falls man sich die beiden Hübschen mal genauer ansieht, stellt man was fest?

Richtig, die indische Frau ist kleiner als ihr werter Gatte. Und warum ist Mataji kleiner als ihr Pitaji?

Antwort: Weil ihr Mann auf einem Sockel sitzt!

Man könnte jetzt zu dem Schluss kommen, dass wir damit ein perfektes Abbild der indischen Gesellschaft im Kleinformat haben, in der alles seine Ordnung hat. So muss das sein. Die Frau kniet zu Füßen ihres edlen Gatten. So ist es politisch korrekt und der Mann darf lächeln und muss nicht schlagen.

Oder sollte ich da etwas missverstanden haben? Bin ich nur, typisch weiblich eben, zu empfindlich? Habe ich gerade meine Tage?

Mhhh, darüber muss ich noch mal ganz stark nachdenken…

Traue niemals einem Inder

Sunday, August 24th, 2008

Wie häufig habe ich die Aussprüche “Traue niemals einem Inder” oder “Inder lügen doch sowieso nur” von den hier lebenden Ausländern schon gehört? Etliche Male. Immer habe ich die Redner belächelt, gelegentlich verachtet, je nach Kontext. Auf jeden Fall habe ich solches Denken immer für bedenklich gehalten, wenn nicht sogar für gefährlich. Mir ist zuviel Selbstgefälligkeit darin und derlei Sprüche erinnern mich zu sehr an das narzististische, mörderische Gedankengut des Dritten Reichs. Generalisierende Vorurteile sind dumm UND gefährlich. Was aber, wenn an ihnen ein Funken Wahrheit ist?

Langsam etabliert sich in mir ein Bild von den Menschen, mit denen ich täglich zu tun habe, das ich gar nicht mag, bis vor wenigen Wochen noch nicht einmal für möglich gehalten hätte: Diese Inder, mit denen ich täglich zu tun habe, und nur von ihnen kann ich mir ein Bild machen, sind opportunistisch, illoyal und unehrlich und nicht einmal clever genug, damit nicht sofort aufzufliegen. Und sie kommunizieren nicht.