Archive for the ‘Leben’ Category

The bad news of a pre-monsoon India.

Tuesday, June 9th, 2009

‘Ees iis a kreitz’ sagt die Bayerin in mir jeden Morgen, wenn ich meine verschlafenen Augendeckel hebe und aus dem Spalt des längst getrockneten Vorhangs gen Osten blicke: Strahlend blauer Himmel, nicht mal ein Wattewölkchen am morgendlichen Firmament, geschweige denn die allfälligen Kumuli, die Regen, und, sagte ich es bereits?, KÜÜHLE bringen. Was da vom Himmel brennt ist die Sommersonne Maharashtras, unverdrossen, unbeeindruckt vom Monsun-geschwängerten Goa oder Karnataka, wohin das segensreiche Nass schon vorgedrungen sein soll. Zu früh gefreut.

Was gibt es sonst Neues in Pune?

Ganz Indien, nicht nur Pune, regt sich über die gewaltsamen Übergriffe auf indische Studenten in Australien, dort vor allem in Melbourne oder Sidney, auf. In den letzten zwei Wochen wurden etwa 12 Fälle publik gemacht, in denen indische Hochschulbesucher in diesen Städten von irgendwelchen australischen Brüllaffen zum Teil brutalst vermöbelt worden sind. Mittlerweile hat sich das Thema hier in Indien zum Politikum entwickelt, nicht ganz zu Unrecht, wie ich finde, wenn man bedenkt, dass australische Hochschulen sich nicht zu einem unerheblichen Teil durch ausländische Studenten finanzieren und die etwa 415.000 ausländischen Studenten, worunter allein 90.000 indischer Herkunft sind, der australischen Volkswirtschaft immerhin Einnahmen in Höhe von 15 Milliarden Dollar bescheren, jedes Jahr.

Ein historischer Moment.

Friday, June 5th, 2009

Das lange Warten hat ein Ende: Heute Nachmittag um 15.59 Uhr flogen in Pune die Fetzen, als ein Gewitter losbrach, das sich durchaus mit einem ausgewachsenen Taifun messen konnte, nur dass der Spuk nach nur einer Stunde vorbei war. Ich habe deshalb heute den Tag im Kalender rot angestrichen als Beginn der Regenzeit, auch wenn das meterologische Institut den offiziellen Monsunbeginn in Pune generell erst auf den 7. Juni legt und die einschlägigen Wetterexperten einen verzögerten Monsunbeginn prognostiziert haben, da der Regen in Andhra Pradesh festhinge, so murmelte man.

Noch während es draußen toste, wurde ich von mir zur ‘rettet die Bücher’-Aktion ins Schlafzimmer abkommandiert, wo der Regen durch die fast geschlossenen Schiebe-Fenster geschossen war und weder den Regalen noch den Büchern zuträgliche Seen hinterlassen hatte: Ihr werdet lachen, aber IKEA-Billy Regale sind hier ein kostbares Gut, denn vernünftige Bücherregale im Sinne von ästhetisch vertretbar, schlicht und einigermaßen durabel sind so gut wie nicht aufzutreiben, jedenfalls nicht hier in Pune.

Indiens Tugenden.

Wednesday, June 3rd, 2009

Wir haben neulich Abend in lockerer Expat-Runde zusammengesessen und als es etwas später wurde, kam irgend jemand auf die Idee, einmal aufzulisten, was er mag, am Leben in Indien. Das ist, kurz gefasst, das Ergebnis. Natürlich sehr subjektiv.

– Das Wetter (für Nordeuropäer ein wichtiger Aspekt – sechs Monate Winter und graues Schmuddelwetter eingedenk): Bis auf die Regenzeit haben wir hier mindestens neun Monate im Jahr strahlenden Sonnenschein, und, wenn man von den heißen Monaten Februar bis Juni einmal absieht, angenehme Temperaturen.

– Die persönliche Freiheit, die man dadurch gewinnt, dass man nicht jeden Mist selber machen muss, sondern sich dafür Leute nehmen kann, die froh sind, einem zeitraubende und nervige Arbeit wie Einkaufen und Putzen abzunehmen.

Kalu, der Muezzin.

Saturday, May 30th, 2009

Ich weiß nicht, ob Kalu Muslim ist, aber ich bezweifele es. Weder hat er meines Wissens nach die einschlägigen Rituale durchlaufen, noch legt er in seinem täglichen Verhalten ein annähernd an den Koran angelegtes gläubiges Verhalten an den Tag: Er entrollt nicht fünfmal am Tag einen Gebetsteppich um seine hübsche Schnauze gen Mekka zu wenden, er würde auch, da bin ich sicher, von einem Schweinefilet naschen, wenn es denn bei uns auf den Tisch käme, und wenn ich mich recht erinnere, habe ich ihn spätabends schon ein paar Mal mit einem kleinen Glas Whisky erwischt, als ich schlaftrunken die Treppe herunterkam, um meine Wasserflasche aufzufüllen.

Nein, Kalu ist definitiv kein Muslim.

So I got a serious bug now.

Thursday, May 28th, 2009

VORSICHT: Dieser Artikel enthält einige explizite Wörter und Formulierungen, die Ekel erregen können. Sie sind leider zur Beschreibung des Sachverhalts unumgänglich. Nur weiterlesen, wenn gewappnet, am besten mit einem Glas Whisky in der Hand. Also nicht weiterlesen, wenn schwanger. Auch die Lektüre beim Essen oder anderweitig sensiblen Tätigkeiten würde ich nicht empfehlen.

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Ich hatte ja bereits Mitte dieses Monats in `Delhi Belly´über meine wunderbaren Tage im Badezimmer geschrieben. Ende vergangener Woche war ich mir sicher, dass ich nun genug gesessen hatte – schließlich wollte ich nicht zum steinernen Denker von Rodin WERDEN, auch wenn sich die Haltung, wie bereits angedeutet, bestens zum Studium der Kacheln mit einhergehender Meditation eignet. Und tatsächlich schien die Sache erledigt zu sein, ich konnte mein normales Leben außerhalb gekachelter Räume wieder aufnehmen.

Dachte ich. Bis heute morgen: Ich wurde von fürchterlichen Krämpfen geweckt und verbrachte den halben Vormittag, mit eben diesen Krämpfen, wieder auf der Brille. Das Klo, mein bester Freund.

European bullshit.

Tuesday, May 26th, 2009

Manchmal hat Indien uns eine Menge voraus. Oder sagen wir: Teile der indischen Bevölkerung. Kleine Anteile.

Da liegt man, ganz gelassen, im Staub am Rand eines Markts einer südindischen Hillstation und läßt das Leben mit seinen zahlreichen Belanglosigkeiten an sich vorbeiziehen. Unbeteiligt. Unbeeindruckt. Frei. Was brauchst Du, wenn Du nicht mehr brauchst, als zwei Hände voll Reis, ein bisschen Linsenbrei und eine ausgelesene Zeitung, auf der Du Dein Haupt betten kannst? Was brauchst Du, wenn Du nicht weißt, wo Du die Nacht verbringen wirst oder woher Du die zwei Hände voll Reis bekommen wirst? Und wenn Du trotzdem schläfst wie ein Baby, weil Dich so viele Dinge nicht mehr jucken?

Nicht viel.

Ganz anders als wir Deutschen, Europäer oder sonstige Angehörige der Ersten Welt. Wir sorgen uns. Permanent, um viele Dinge. Das fängt beim Haarshampoo an und hört bei Matratzen auf: Wie dick? Federkern oder Latex? Wie muss man die Elastizität eines Lattenrosts einstellen?