Kalu, der Muezzin.

Ich weiß nicht, ob Kalu Muslim ist, aber ich bezweifele es. Weder hat er meines Wissens nach die einschlägigen Rituale durchlaufen, noch legt er in seinem täglichen Verhalten ein annähernd an den Koran angelegtes gläubiges Verhalten an den Tag: Er entrollt nicht fünfmal am Tag einen Gebetsteppich um seine hübsche Schnauze gen Mekka zu wenden, er würde auch, da bin ich sicher, von einem Schweinefilet naschen, wenn es denn bei uns auf den Tisch käme, und wenn ich mich recht erinnere, habe ich ihn spätabends schon ein paar Mal mit einem kleinen Glas Whisky erwischt, als ich schlaftrunken die Treppe herunterkam, um meine Wasserflasche aufzufüllen.

Nein, Kalu ist definitiv kein Muslim.

Umso bemerkenswerter ist allerdings, was der kleine Hundemann neuerdings so gegen morgens um fünf veranstaltet: Die vergangenen Nächte wurden wir von einem undefinierbaren Hundegeheul geweckt, das definitiv aus unserer Nähe kam und nicht etwa von den Baustellenhunden nebenan. Zunächst dachten wir, dass Kalu träumen würde – Hunde haben das manchmal, dass sie genauso intensiv träumen wie wir und entsprechende Laute von sich geben, die sich Menschen -abgesehen von unartikuliertem Grunzen- meist sparen. Nein, ein sauberes, artikuliertes Geheul, right next to my bed: Kalu singt! Und, holy shit, morgens um fünf!

Was ist los, fragten wir uns?

Erst letzte Nacht sind wir auf den Zusammenhang gekommen: Obwohl unsere Wohnung nicht in direkter Nähe zu einer Moschee liegt, können wir doch, so wir denn um diese unsägliche Zeit wach sind, deutlich den Ruf eines Mu´adhdhin wahrnehmen, der zum Morgengebet ruft. Und Kalu scheint inspiriert zu sein – leidenschaftlich stimmt er in den heiligen Ruf ein und nur ein paar harsche “Ruhe! Jetzt!”-Zurufe können ihn von seiner religiösen Empathie lösen und ihn zurück in den (stummen) Schlaf des Hundegerechten führen.

Auch wenn mir, persönlich, und als Frau, der muslimische Glaube nicht der nächste ist, weiß ich es wohl zu schätzen, dass Kalu die Morgengebete ernst nimmt. Ein bisschen Segen, wenn auch von Allah, kann auf keinen Fall schaden. Wie sagt doch Somar, mein bester Freund und Frauenversteher so schön: “God is great!”

Ich nehme an, das bezieht sich auch auf Allah. Und Kalu als Boten. Ob er wohl bald einen Teppich ausrollt?

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One Response to “Kalu, der Muezzin.”

  1. Sabine says:

    Hallo Julia,
    ich hoffe es geht Dir mittlerweile besser.
    So unsanft morgens aus dem Schlaf gerissen zu werden ist ja wirklich nicht schoen. Aber vielleicht hat Dein Kalu ja wirklich seine religoese Ader entdeckt.
    LG Sabine