Indiens Tugenden.

Wir haben neulich Abend in lockerer Expat-Runde zusammengesessen und als es etwas später wurde, kam irgend jemand auf die Idee, einmal aufzulisten, was er mag, am Leben in Indien. Das ist, kurz gefasst, das Ergebnis. Natürlich sehr subjektiv.

– Das Wetter (für Nordeuropäer ein wichtiger Aspekt – sechs Monate Winter und graues Schmuddelwetter eingedenk): Bis auf die Regenzeit haben wir hier mindestens neun Monate im Jahr strahlenden Sonnenschein, und, wenn man von den heißen Monaten Februar bis Juni einmal absieht, angenehme Temperaturen.

– Die persönliche Freiheit, die man dadurch gewinnt, dass man nicht jeden Mist selber machen muss, sondern sich dafür Leute nehmen kann, die froh sind, einem zeitraubende und nervige Arbeit wie Einkaufen und Putzen abzunehmen.

– Die fantastischen Ausgangsbedingungen für Reisen in Asien. Abgesehen davon, dass man mit Reisen innerhalb Indiens schon Monate verbringen kann, damit man eine IDEE von der Vielfalt dieses gigantischen Subkontinents und seiner verschiedenen Regionen vom Himalaya bis zum tropischen Süden bekommt, ist zumindest Mumbai in Maharashtra (wie auch Bangalore, Chennai, Delhi etc. – nur eben nicht Pune) ein fantastischer Ausgangspunkt, um in drei Flugstunden in Südostasien zu sein – Eine Strecke, für die man von Europa mindestens zehn Stunden braucht, Umsteigezeiten und Warten an Flughäfen nicht mitgerechnet.

– Das Essen: Viele waren der Ansicht, sie hätten noch nie so eine große Vielfalt leckeren, vegetarischen Essens zur Auswahl gehabt wie jetzt in Indien. Die indische Küche ist ungeheuer vielfältig, entsprechend der vielen kulinarischen Regionen und niemals war es so einfach, KEIN FLEISCH zu essen. Ergo: Man lebt fleischfrei, schont das Leben von Tieren, wenn man will und sammelt nebenbei gutes Karma. So in etwa.

– Das Chaos. Wobei ich einschränkend sagen muss, dass sich dieser Punkt ebenfalls auf der Negativ-Seite befindet. Hier der positive Aspekt: Indien ist und wird eines nicht: Indien ist und wird nie, NIE langweilig. Du kannst im beschissensten Stau stehen, und es gibt immer, immer etwas zu beobachten: Ob es alte Männer beim Teetrinken sind oder Pilger, die Bettler von nebenan, die einem jeden Tag auf die Pelle rücken, die kleinen Buden, die sämtliche Straßen säumen, um ihre Dienstleistungen anzubieten, oder ein Rudel verwahrloster Streuner (Mensch und Tier): Indien schillert, ganzjährig, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Farblos ist das Gegenteil von Indien.

– Indien ist definitiv value for money: Man kann in Indien sicher genauso viel Geld durchbringen wie in Ländern der ersten Welt, aber man muss nicht: Man kann ganz hervorragend mit einem vergleichsweise kleinen Budget zurechtkommen, aber erlebt überproportional VIEL in diesem Land, ohne dass es einem an etwas mangelt. Außer vielleicht an Gleichgültigkeit, denkt man sinkt am Abend mit Sicherheit mit einem Kaleidoskop an Eindrücken ins Bett, die man erst einmal verdauen muss. Insofern ist Indien reich und der Reisende und/oder Expat auch.

– Und, auf den besonderen Wunsch von U. , erwähne ich noch Indiens heimliches Nationalgetränk, neben dem Bier mit dem Eisvogel-Logo: Old Monk, der legendäre Rum, der eines von U.´s Lieblingsgetränken ist.

Soweit unsere Liste, unvollständig. Falls Euch wichtige Aspekte einfallen, die uns an dem Abend durch die Lappen gegangen sind, schreibt. Ich bin gespannt. BEVOR wir zu den Lastern kommen, für die es ebenfalls eine kleine, gemeine Liste gibt, natürlich.

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3 Responses to “Indiens Tugenden.”

  1. tolle liste! denke morgen sofort über ergänzungen nach… :roll:
    lg anja

  2. Daniela says:

    Yeah, Old Monk!!! Mein erster Schluck alkoholisches Indien & ein ewiger Favorit!

  3. Kerstin says:

    …die Flexibilitaet im Job. Wenn etwas erledigt werden muss, muss es erledigt werden, egal, ob Wochentag, Feiertag oder Wochenende (zumindest im Corporate Business), nichts mit 40 oder gar 36 Stunden-Woche!! Kann natuerlich auch schnell in’s andere Extrem rutschen, wenn man dies alles IMMER erwartet und somit nur noch am Arbeiten ist (weswegen ja zum Schutz der Arbeitnehmer Gewerkschaften in DE gegruendet wurden).

    …durch die Unzuverlaessigkeit der Inder kann man dies selber werden. Niemand meckert, wenn man kurzfristig absagt oder einfach gar nicht kommt (im privaten Bereich).

    …dass die Laeden so lange offen haben. Selbst nachts um 10 Uhr bleibt so mancher Supermarkt so lange offen, bis wirklich kein Kunde mehr kommt. Oder sie machen kurzerhand wieder auf, wenn man an der Tuer steht.

    …dass man aufgrund der Hitze genau weiss, wann die wenigsten Leute auf der Strasse/in den Laeden sind. So kann man unbeschwert shoppen.

    …man kann gnadenlos seine Neugierde ausleben. Niemand schaut bloed oder meckert, wenn man sich aus purer Neugier an einem Streitgespraech beteiligt oder Menschen einfach nur beobachtet.

    …dass Inder so geschwaetzig sind. Man erfaehrt alles, auch wenn es “geheim” ist. Umgekehrt muss man natuerlich vorsichtig sein.

    So, mehr faellt mir im Moment nicht ein. Chaos und Essen sind fuer mich eher negativ, dem kann ich wenig abgewinnen. Chaos, weil ich sehr ungeduldig bin und meistens keine Zeit habe. Und essen ist unter’m Strich fuer mich schnell langweilig. Nicht wegen des fehlenden Fleisches, habe in DE wesentlich weniger Fleisch gegessen als hier. Sondern wegen der Ueberwuerzung (nicht Schaerfe!!) und des Zerkochten.

    LG
    Kerstin