Archive for the ‘indische Gesellschaft’ Category

Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies

Friday, May 8th, 2009

Ich will mein Indien zurück. Das Indien, das mich vor einem Jahr begeistert hat mit seiner Farbenpracht, mit seiner Vielfalt, seinem unermesslichen Reichtum an Eindrücken, seiner Bescheidenheit, seiner Lebensfreude, seinem Lächeln.

Ich will meine Freude zurück, wenn ich in irgendeiner staubgeschwängerten Straße in einem kleinen Lokal sitze und meinen Teller Gurkenscheiben mit frischgeschnittenen Zwiebelringen und Limone bekomme und weiß, dass dies die indische Interpretation eines Salats ist und es mich überhaupt nicht stört, dass es kein Dressing gibt, dass das Dressing eben aus ein paar Tröpfchen Limonensaft besteht, nicht mehr. Punkt.

Ich habe Sehnsucht nach der Einfachheit MEINER Ansprüche, mit der ich in der Lage war, dieses höchst komplexe Land vor einem Jahr zu umarmen, umarmt zu werden – und, wichtiger, zufrieden zu sein.

Wie heißen die einschlägigen Horrorfilme noch?

Wednesday, May 6th, 2009

Komisch, wie sehr man abstumpft. Vor einem Jahr habe ich mich noch sehr darüber aufgeregt, wenn das Blut aus der Zeitung in mein Hirn tropfte, heute lese ich das Zeug, gucke leicht angewidert zur Seite, blättere um, und zucke mit den Schultern übergebe mich. Ich muss aufpassen, dass das nicht zur Gewohnheit wird, sonst werde ich noch anorektisch.

Erst jüngst ist wieder ein Fall in Orissa (muss eine besonders mittelalterliche Gegend sein) bekannt geworden, in dem ein indischer Bauer seine zehnjährige Enkelin in Abwesenheit der Familie geköpft hat, um ihr Blut mit der Saat zu mischen – als segenbringendes Ritual für eine reiche Ernte, ausgesät an einem besonders glückverheißenden Tag. Laut der Süddeutschen hat der Mann inzwischen gestanden und ist in Haft. Macht seine Enkelin nicht wieder lebendig.

Arrangierte Ehen und andere Besonderheiten

Sunday, April 26th, 2009

Ich habe mich schon immer gefragt, wie das hier so läuft, in Indien, mit den arrangierten Ehen. Fragen über Fragen stellten sich, die ich leider nicht wirklich loswerden konnte, jedenfalls bekam ich keine direkten Antworten darauf, denn alle Angehörigen der indischen Mittelschicht, die wir kennen und die der englischen Sprache mächtig sind, haben sich ihre Partner selbst gesucht und den modernen Weg der Liebesheirat beschritten. Keine große Hilfe also, wenn es darum geht, aus erster Hand zu erfahren, wie es um dieses einzigartige Instrument der indischen Gesellschaft heute bestellt ist.

Auf meinem Zettel des ungläubigen Unverständnisses befanden sich unter anderem folgende Fragen:

1. Gibt es das Institut der arrangierten Ehe eigentlich nur noch in der Unterschicht, oder werden auch die Damen der Mittelschicht noch an vielversprechende Kandidaten verkuppelt?

Back in India. Update.

Thursday, April 23rd, 2009

Ich bin ziemlich nachdenklich. Ich hadere mit mir, weil ich Indien als Dreckloch bezeichnet habe, bezeichnen musste. Und leider bezieht sich “Dreck” eben nicht nur auf ein paar unangenehme Gerüche aus nahegelegenen Slums.

Ich erinnere mich daran, wie glücklich ich war, all der organisierten Tristesse Deutschlands entflohen zu sein, letztes Jahr, und ich finde es erstaunlich, wie sehr sich die Wahrnehmung ändert, sobald man länger an einem Ort lebt: Die Exotik schwindet, der Alltag (und Einblick) kommt und mit ihm die Ernüchterung. Schade, auf der einen Seite, aber unausweichlich.

Ich bin nicht undankbar. Nach wie vor empfinde ich das Leben hier als große Bereicherung, denn es lässt mich staunen, jeden Tag, immer und immer wieder, trotz der bitteren Aspekte, die dieses Land hat.

Leben. Mehr ist im Moment nicht drin.

Thursday, March 19th, 2009

Ein kleines Kinder-Reitpferd aus Plastik vor einer hellblauen Mauer

Entschuldigung. Dass ich so lange nichts mehr habe von mir hören lassen, ohne Ankündigung. Jeden Tag habe ich mir vorgenommen, Euch zu schreiben, dass ich keine Zeit habe und dass es uns gut geht, und dann wurde doch nichts daraus.

Die Tage rennen und ich mit ihnen. Ich schaffe es einfach im Moment nicht, zu schreiben, und das wird sich, angesichts einer längeren Japanreise ab Ende nächster Woche, in naher Zukunft auch nicht ändern.

Freunde haben sich bereit erklärt, Kalu in dieser Zeit zu nehmen und so wird er einen wunderbaren Urlaub haben inklusive Kinderbespaßung im großen Garten und ich bin mir sicher, dass es ihm gut gehen wird, nur falls sich jemand Sorgen um den kleinen Scheisser macht.

That´s India, man!

Sunday, March 8th, 2009

Es ist doch immer wieder schön: Indien, Land der Improvisation, und des schnellen Gemauschels, ähem, der schnellen Lösung: Ich puzzelte heute verträumt im Garten herum, entrümpelte prophylaktisch die Maids-Chamber, also die Kammer im Nebengelass, in der potenziell Ganztagessklaven Live-in-maids ihr Zuhause finden und entdeckte dabei eine Reihe von ungenutzten, sehr hübschen Blumentöpfen, die ich einzusetzen gedachte: Jothiba, unser Gärtner, hatte nämlich vor einiger Zeit ein paar Steinnelken von anmutigen kleinen Terracotta-Töpfchen in schreiend-hässliche Plastiktöpfe umgepflanzt; ein Zustand, dem ich jetzt Abhilfe verschaffen konnte.

Kaum hatte ich die Schaufel angesetzt, stieß ich auf etwas Hartes. Merkwürdig.

Ich hatte mich schon immer gewundert, wohin die ursprünglichen, kleinen Terracottatöpfe verschwunden waren, wenn er etwas umgepflanzt hatte, denn bisher habe ich sie alle nie wiedergesehen. Nun ja.