Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies

Ich will mein Indien zurück. Das Indien, das mich vor einem Jahr begeistert hat mit seiner Farbenpracht, mit seiner Vielfalt, seinem unermesslichen Reichtum an Eindrücken, seiner Bescheidenheit, seiner Lebensfreude, seinem Lächeln.

Ich will meine Freude zurück, wenn ich in irgendeiner staubgeschwängerten Straße in einem kleinen Lokal sitze und meinen Teller Gurkenscheiben mit frischgeschnittenen Zwiebelringen und Limone bekomme und weiß, dass dies die indische Interpretation eines Salats ist und es mich überhaupt nicht stört, dass es kein Dressing gibt, dass das Dressing eben aus ein paar Tröpfchen Limonensaft besteht, nicht mehr. Punkt.

Ich habe Sehnsucht nach der Einfachheit MEINER Ansprüche, mit der ich in der Lage war, dieses höchst komplexe Land vor einem Jahr zu umarmen, umarmt zu werden – und, wichtiger, zufrieden zu sein.

Manchmal glaube ich, dass es gar nicht gut ist, zu viel über irgendetwas auf dieser Welt zu wissen, denn Wissen tötet. Tötet die Sinne, die unmittelbare Wahrnehmung, tötet die Freude. UND gibt dem besserwisserischen Kopf die Chance, zu kategorisieren: Dies ist gut, dies ist schlecht, warum machen die das nicht anders, bla, bla, bla.

Und dann ist kein wahres Erleben mehr möglich: Dann hast Du ein Date mit dem Film in Deinem Kopf, aber nicht mit dem, was Du gerade erlebst.

Und um genau zu dem zurückzufinden, was in der Vergangenheit meine Faszination und meine Freude an Indien ausgemacht hat, bin ich heute mit einer guten Freundin in eines der ältesten Viertel Punes gefahren, dem Kasbah-Peth, gelegen am jetzt verdörrten Mutha-Fluss, der Wasserader Punes, gegründet von den Peshwars, einem Herrschergeschlecht der Marathen, um 1300.

Enge Gassen, winzige Häuser, winzige Dhobi-Ghats, öffentliche Waschplätze, an denen die Frauen wie vor Hunderten von Jahren schlagend ihre Wäsche waschen, viel Handwerk, keine Autos, kein Verkehr, nur dieses heimelige, intime Gefühl von Leben, das einer inneren, traditionellen Ordnung folgt – ein romantisches Stilleben, das sich meiner Kritik entzieht. Indien ist eben so.

Und das ist gut so. Ich lade Euch ein, mir ins Kasbah-Peth zu folgen, in ein Stück altes Indien, das direkt neben den Glitzerneubauten von Infosys & Co existiert, ein Jahrhunderte altes Stück Geschichte, in dem man Aladins Wunderlampe vermuten würde, hätte das Märchen in Indien gespielt. Vielleicht gibt es ja eine indische Variante?

Die Bilder öffnen sich bei Klick als Pop-Up, wie immer. Enjoy!

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21 Responses to “Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies”

  1. Steffi says:

    Sehr beeindruckend. Was anderes kann ich gar nicht sagen, finde einfach die richtigen Worte nicht.
    Man fühlt sich glatt in eine andere Zeit oder sogar eine andere Welt versetzt.

    Danke für die Fotos!

  2. Kerstin says:

    Ist es wohl so, dass in Pune mehr Trennung besteht zwischen diesem einfachen Leben und dem Leben der sogenannten Mittelklasse?
    Hier in Bangalore scheint es alles mehr vermischt zu sein, da mich diese Bilder nicht mehr wirklich beeindrucken, da ich sie taeglich sehe (keine negative Wertung, nur eine Feststellung). Hier stehen z. B. Appartmenthaeuser direkt neben diesen alten Vierteln/Haeuser, so dass man dieses Leben taeglich mitbekommt. Oder aber, ich lebe in so einem Viertel, in dem neue Haeuser einfach neben alte gestellt wurden, so dass man beides auf einen Blick hat.

    Ausserdem denke ich, ist es normal, dass man das “Fremde/Andere” am Anfang mag und geniesst, dann wird es irgendwann normal und man muss sich “zwingen”, dieses Gefuehl wieder zu bekommen.

    LG
    Kerstin

  3. Daniela says:

    Hallo Julia,

    Alles ok? Du scheinst eine schlechte Phase zu haben. Das geht wieder weg. 🙂

    Nicht schön finde ich, dass es immer das arme Indien sein muss, das den Besucher fasziniert, ihm Ruhe und Frieden und ein Gefühl von Balance vermittelt. Was um alles in der Welt ist so toll daran, dass es Menschen gibt, an denen der Fortschritt vorbei gegangen ist? Ich will gar nicht wissen, wie viele dieser Frauen lieber ein Kaffee- oder Chaikränzchen abhalten würden, während die Waschmaschine die Drecksarbeit erledigt. Und wie viele dieser süßen Kinder mit den Knopfaugen später lieber im kalten, trostlosen Infosys Geld scheffeln wollen, anstatt in papas Messingwerkstatt blutige Finger zu kriegen.
    Tut mir leid – ich möchte dir um Himmels Willen nicht das letzte Stück Frieden klauen, aber ich mache mir wirklich Sorgen, warum Indien im Auge des westlichen Betrachters arm sein muss, um zu faszinieren und stimmungsvoll zu wirken. Ich glaube nicht, dass ganz Indien den McDonald’s-Weg gehen muss, aber Rückständigkeit zu romantisieren? Den Fehler hat schon Max Mueller gemacht.

    LG
    Daniela

  4. jules says:

    @ Steffi: Finde ich eben auch, deshalb mag ich das Viertel so sehr. Schön, dass Du Dich von mir begeistern läßt. Und danke für das Kompliment.

    Drück Dich.

    @ Kerstin: Das hängt davon ab: Wir haben hier in Pune “vermischte Viertel”, aber eher selten. Das Kasbah-Peth ist jedenfalls neben ein paar anderen eines der ursprünglichsten und es gibt in der ganzen area keine modernen Neubauten. Das macht es für mich so besonders, inklusive der alten Handwerksbetriebe: Töpfer und Schmiede, die es dort gibt.
    Und: Ja, leider geht gerade die Exotik zum Teufel, die mich so beflügelt hat. Welcome to reality.

    Liebe Grüße
    J.

    @ Daniela: Schön, mal wieder von Dir zu hören! ICH für mich habe keine schlechte Phase, höchstens ich und Indien. Aber danke für´s Mutmachen: Wär schön, wenn´s wieder wegginge 😉

    Also, mit dem Kasbah Peth ist es so: Ich mag nicht die Armut daran, die ist nur Begleiterscheinung.

    Was ich an dem Viertel mag, ist der FRIEDEN, den die Menschen ausstrahlen. Sie scheinen zufrieden zu sein, nicht mehr, nicht weniger. Und das ist bemerkenswert. Würde es ein Viertel in Deutschland geben, das eine ähnliche Ausstrahlung hätte, ich würde auch dort hingehen, um aufzutanken. Leider findet man das nicht in Deutschland, so ein ganzes Viertel voller (vermeintlichem?) Frieden…

    Und was ist so schlecht daran, in der Messingwerkstatt den ganzen Tag vor sich hinzudängeln? Ich habe den Eindruck, dass die Leute, die da arbeiten das durchaus gerne tun. Kein mürrisches Gesicht, nur konzentrierte, gezielte Arbeit. Hat Würde, wie ich finde.

    Mag sein, dass die Kids von einer Karriere bei Infosys träumen: Aber das ist ein Schritt, den viele von uns ihnen voraus haben: Und hat es uns glücklich gemacht? Wie viele glückliche Leute sieht man in Deutschland? Wie viele ZUFRIEDENE Leute?

    Ich teile Deine Bedenken, dennoch: Vielleicht gehören die Menschen, die im Kasbah Peth leben und arbeiten, mit zu den ärmsten der Welt. Aber materieller Reichtum ist in meinen Augen nicht der ALLEINIGE Gratmesser für Rück-oder Fortschritt. Ich finde, die Menschen vom Kasbah Peth haben uns da Einiges voraus. Du bist herzlich eingeladen, es Dir einmal anzusehen, mein Kasbah-Peth, und Dir ein eigenes Bild zu machen, wenn Du in Pune sein solltest. Mal sehen, wie es auf Dich wirkt.

    LG,

    J.

  5. Kerstin says:

    Warum die Leute in Deutschland nicht zufrieden scheinen, liegt aus meiner Sicht daran, dass sie den Blick verloren haben fuer ihr wirkliches Leben, das naemlich ein durchaus zufriedenes ist. Nur will der Mensch immer mehr von dem, was er gerade hat. Wenn er sich mal ab und zu bewusst macht oder mit offenen Augen durch diese Welt laeuft, wuerde ihm naemlich auffallen, dass es wohl kaum ein zufriedeneres Leben als in Deutschland gibt. Zumindest weiss ich fuer mich genau, wenn ich irgendwann wieder zurueckgehe, dass ich die Leichtigkeit, die Freundlichkeit, die Ruhe und meine eigene Zufriedenheit, ebenso meine Freiheit, nicht so mehr so schnell als “normal” abtun, sondern sie als hohe Gueter ansehen werde.

    Ich finde schon, dass Deutschlands Kleinstaedte eben solche zufriedenen Viertel haben, nur eben anders. Ich z. B. mag Gebiete, in denen nur kleine Einfamilienhaeuser stehen. Diese Atmosphaere strahlt fuer mich auch Frieden und Ruhe aus, den ich in vollen Zuegen geniesse.

    LG
    Kerstin

  6. jules says:

    Hallo Kerstin,

    das ist schön, dass Du diesen Frieden auch in Deutschland siehst und erlebst. Und ich gebe Dir Recht darin, dass Menschen immer MEHR wollen, als sie haben oder etwas ANDERES wollen, als sie haben. Das ist leider so.

    Ich kann mich jedenfalls an ganz viele unglückliche Gesichter erinnern, an der Schlange vor der Kasse im Supermarkt z.B., wenn man für drei Sachen im Einkaufskorb mal wieder 80 Euro hinblättern sollte etc., etc. Und die Stimmung in den meisten Firmen?

    Ich weiß nicht, ich glaube, auch eher mies – die Menschen haben Angst um Ihre Jobs, wissen nicht, wie sie klarkommen sollen.

    Es mag ja sein, dass die Kupferschmiede in Pune nicht viel verdienen, aber sie haben keine Angst, das kann man spüren. Sie leben einfach ihr Leben in der Sicherheit ihrer Tradition und das scheint ihnen nicht zu schaden. Vielleicht ziehe ich mal mit einem Dolmetscher los, so ich einen auftreiben kann, und frage einfach.

    LG nach Bengaluru

    J.

  7. Daniela says:

    Hallo Julia,

    Ich möchte materiellen Wohlstand nicht mit Zufriedenheit gleichsetzen.
    Ich komme nur nicht klar mit der Annahme, dass Menschen in Kasbah-Peth glücklicher sein sollen als Familien anderswo, nur weil du im Vorbeigehen ein Lächeln auf ihren Lippen gesehen hast. Es ist immer wieder gleich: wenn man lachende Kinder im Slum sieht, meint man gleich, die sind zufriedener mit dem Leben. Warum? Welche Überlegung steckt dahinter?

    Du sagst, diese Menschen haben uns etwas voraus. Was ist das?

    Müssen arme Menschen denn den ganzen Tag schlechte Lauen schieben, nur weil sie arm sind? Ist ihr Lächeln etwas Besonderes, weil sie arm sind? Sie haben auch gute und schlechte Tage, Sorgen und Zweifel, Glück und Zufriedenheit. Dabei suchen wir immer Inspiration in denen, die weniger haben. Sicher denkt sich auch ein Millionär, wenn er einen schlechten Tag hat, voller Wunder und Verblüffung, wie die Mittelklasse mit ihren paar Kröten auf dem Konto überhaupt ein Lächeln zu Stande bekommt.

    Du hast es in deinem Beitrag selbst geschrieben: “Und dann ist kein wahres Erleben mehr möglich: Dann hast Du ein Date mit dem Film in Deinem Kopf, aber nicht mit dem, was Du gerade erlebst.” Der Film ist in Europa schon seit Ewigkeiten Mode. Die Zufriedenheit der Anderen, nur nicht unsere. Und da ist der Kupferschmied, konzentriert und würdevoll, trotz dass sein Leben billiger und schmutziger und öder ist als unseres. Wie macht er das nur?

    Eine kühle Schokolade? Kuscheln mit Kalu? Ein schmalziger Film? Mach dich nicht fertig mit dem Gedanken, dass Andere das Glück/die Zufriedenheit für sich gebucht haben. Die weinen auch bloß leise in ihren Kämmerchen. Heimlich.

    LG
    Daniela

  8. jules says:

    Himmelherrgott, Dani,

    es geht nicht um ein Lächeln auf ihren Gesichtern und ich habe nie behauptet, dass sie GLÜCKLICHER sind, als andere Menschen: Führe doch bitte nicht immer alles auf die arm/ wohlhabend-Diskussion zurück! Ich glaube, es gibt Dimensionen AUßERHALB dieser beiden Kriterien und ich mag mich ungern wiederholen: Es ist ihre Zufriedenheit. So wie ich sie wahrnehme, und ich meine nicht, dass ich dabei eine rosarote Brille auf habe, denn ich hab schon ne ganze Menge gesehen.

    Und ich würde gern zurückfragen: Warum glaubst Du, dass das Leben des Kupferschmieds öder ist, als unseres? Was ist befriedigender daran, gestylt im Rechnungswesen eines großen Konzerns zu sitzen und täglich irgendwelche Vorgänge zu verwalten? Akte links, Akte rechts. Ist das erfüllend, ist das reich?

    Ich glaube, wir haben beide keine große Lust, jetzt die alte Marx´sche Diskussion zu beginnen, die mit der Entfremdung des Kapitals von der Arbeit beginnt und was-weiß-ich-wo aufhört. Aber eins ist klar: Dieser Mensch ist abends zu Hause und er WEIß, was er getan hat. Und diese Zufriedenheit strahlt er aus.

    Ich mach mich nicht fertig, weil ich unsere Leben nicht vergleiche, nicht mal vergleichen könnte, selbst wenn ich wollte. Alles, was ich feststelle, ist, dass ICH in diesem Viertel eine große Harmonie wahrnehme, und Zufriedenheit. Und die hat nichts mit mir zu tun, aber eine Menge mit den Menschen eines Indiens, in dem ich mich wohlfühle.

    Mag alles falsch sein, ist aber mein Eindruck. Und die Zufriedenheit haben diese, ich würde mal sagen, einfach gestrickten Menschen, uns voraus. Es wird dazu auch Äquivalente in Deutschland geben. Sind nur selten.

    Aber ich werde Deinen Kommentar zum Anlass nehmen, mich näher mit dem Viertel zu beschäftigen und mit den Leuten zu reden, sie nach ihren Träumen zu befragen: Vielleicht kommt dann ja heraus, dass sie lieber Tee trinken würden, anstatt zu arbeiten und das ihnen alles zu ärmlich und primitiv ist. Ich weiß es nicht. Aber ich bin gespannt auf die Antworten.

    LG

    J.

  9. Daniela says:

    Oje, ich glaube, du hast mich komplett missverstanden. Es geht mir weder um Klassenkampf noch darum, materiellen Fortschritt zu propagieren oder die vermeintlich Armen zu bemuttern. Im Gegenteil: es ging mir darum, diese Leute als GLEICHWERTIG darzustellen – nicht eindimensional sondern vielschichtig wie du und ich, mit guten und schlechten Tagen und Glück und Sorgen. Das war schon alles. Mein Problem besteht ausschließlich darin, dass gewissen sozialen Schichten die Komplexität ihres Lebens aberkannt wird. Wenn DU die Harmonie fühlst, dann ist das ja was anderes, als wenn du sagst, DIESE LEUTE führen ein harmonischeres Leben.

    Aber es stimmt: Ich finds irgendwie ziemlich daneben, wenn man sich als Reicher Mensch daran ergötzt, wenn andere hart arbeiten müssen, zum Beispiel die Wäscherinnen. Wie abgeschmackt. Ich habe selber zwei Jahre alles mit der Hand gewaschen und fand das weder ergötzend noch romantisch, jeden Tag zu zwei Eimern Wäsche nach Hause zu kommen, aber ich hatte kein Geld für ne Waschmaschine. Das ist natürlich mein wunder Punkt, und ich habe da sicher schärfer drauf reagiert als notwendig. Das war nicht persönlich gemeint.

    Ich bin gespannt auf deine Recherchen in diesem Viertel.

    LG
    Daniela

  10. jules says:

    Hi Dani,

    ich finde, das hast Du schön herausgearbeitet: “Mein Problem besteht ausschließlich darin, dass gewissen sozialen Schichten die Komplexität ihres Lebens aberkannt wird. Wenn DU die Harmonie fühlst, dann ist das ja was anderes, als wenn du sagst, DIESE LEUTE führen ein harmonischeres Leben.”

    Dem stimme ich absolut zu! Ich glaube auch nicht, behauptet zu haben, DASS diese Leute ein harmonischeres Leben führen, als beispielsweise wir. Ich sprach nur von der Harmonie, die ICH empfinde, wenn ich in diesem Viertel bin, weil wiederum ich den Eindruck habe, dass die Menschen zufriedener sind.

    Ich weiß schon, wogegen Du Dich wehrst. Keine Romantisierung des Elends. Richtig. Aber ich glaube nicht, dass ich das tue.

    Ich werde sehen, was sie sagen. Wovon sie träumen. Oder ob sie wirklich zufrieden sind.

    LG

    Julia

  11. Gast says:

    “Sie scheinen zufrieden zu sein, nicht mehr, nicht weniger. ”

    Und das sind sie auch,mit Sicherheit.Denn im Gegensatz zu dir haben diese Menschen einen-lebenserhaltenden und lebenswerten- Lebensinhalt.Sie sind nicht nur Angeheiratete,die Personal beaufsichtigen,sondern schaffen sich ihren Lebensunterhalt durch eigene Hände Arbeit.Ich kann deine Faszination(dieser Seite Indiens) und deine Frustration(deiner eigenen Lebenssituation-emanzipiert und doch zum Heimchendasein verdonnert)sehr gut nachvollziehen.

  12. Steffi says:

    Hallo “Gast”,

    wow, so einen unverschämten Kommentar zustande zu bringen- dafür benötigt es schon eine Menge eigener Frustration und Boshaftigkeit.
    Respekt!
    Und wie mutig, hier als “Gast” aufzutauchen und jemanden beleidigen zu wollen, den Du offensichtlich überhaupt nicht kennst und deswegen auch nicht treffen wirst. Findest Du kein (Hunde- oder Hausfrauen-)Forum, in dem Du Deinen Frust lassen und Dich mal richtig profilieren kannst um Dich weniger elend und überflüssig zu fühlen?

  13. Gast says:

    Hallo “Steffi”,

    ich könnte mich Jürgen,Anna,Börn,Melissa,oder sonstwie nennen,Fotos von Quasimodo,Don Quichote und anderen einstellen.Was würde das ändern?Öffentlich ins net gestellte Lebensgeschichten erwarten doch Resonanz,oder irre ich mich da?Und-muß ich mich überall registrieren,um meine Meinung zu schreiben?Säßen wir uns an einem Tisch gegenüber,hätte ich es genauso formuliert.Jules-entschuldige,daß wir jetzt so über deinen Kopf hinweg reden-,ist eine äußerst intelligente und gebildete Frau,wie ich aus ihren bisherigen Berichten herausgelesen habe-aber in der jetzigen Phase ihres Lebens eben “nur” Anhängsel;und das drückt sich m.E.in diesem Bericht sehr aus.
    Wenn Direktheit der Wortwahl(der eigenen Meinung) bei dir Boshaftigkeit assoziiert,dann habe ICH nicht verstanden,warum ihr euch öffentlich im net präsentiert,oder DU kannst nur mit einschmeichelnden Kommentaren leben…
    Die Hausfrauen-oder Hundeseiten suche ich mir tatsächlich manchmal,wenn ich mal wieder ein neues Kochrezept,einen Tip für bestimmte Sachen,oder Behandlungsmöglichkeiten für unsere Hunde brauche.Ansonsten bin ich mit unserer Farm tagsüber ziemlich ausgelastet und surfe kurz vorm Schlafengehen nochmal ein bißchen auf Seiten,die mich interessieren.Und gebe einen Kommentar ab,wenn ich der Meinung bin,daß er zum Nachdenken anregt.
    Und da die Kommentare auf Jules site freigeschaltet werden,wäre es ja auch möglich,dies bei Mißfallen einfach nicht zu tun.

    Nicht Jeder,der den Finger auf einen wunden Punkt legt,ist ein Feind.

  14. jules says:

    @ Gast und Steffi

    Danke, Steffi, meine Adjutantin.

    Ich muss sagen, auch mich hat die Schärfe des Kommentars gestern ziemlich vor den Kopf gestoßen – Der Kommentar ist nicht gerade ein Ausbund an Feinfühligkeit, oder?

    Dennoch gebe ich zu, dass Gast mit seiner (ihrer?) Interpretation ziemlich ins Schwarze getroffen hat. Wären wir beim Schiffe-Versenken gewesen, hätte ich gesagt: “Treffer, versenkt!” Ziemlich clever, und das meine ich ernst.

    Allein was mich wirklich gestört hat, ist, dass Gast mir einen lebenswerten Lebensinhalt abspricht – ich finde, das geht zu weit. So gut kennst Du mich und mein Leben nicht, Gast!

    Ich empfinde mich durchaus als mehr als das Anhängsel meines Mannes, oder die Wächterin unseres Personals, auch wenn ich hier nicht arbeiten darf und mir sehr eine erfüllende Arbeit wünsche. Immerhin haben sie mir hier noch nicht das Denken verboten. Somosa ist ein Ausdruck davon.

    Im Übrigen trifft die Frustrationssituation m.E. auch auf viele Menschen zu, die in Lohn und Brot stehen, gerade weil in vielen Jobs eben keine Identifikation mit den Früchten der Arbeit mehr möglich ist und darauf vor allem zielte mein Artikel ab.

    Unserer Arbeit heutzutage fehlt in sehr vielen Bereichen die Bodenständigkeit, die Zufriedenheit verschafft und die ich bei den Menschen im Kasbah Peth sehe. Wenn ich mich in Deutschland morgens in eine Bahn setze oder die Menschen auf dem Weg zur Arbeit in ihren Autos beobachte, schaue ich in alles andere als zufriedene Gesichter, sondern sehe Gehetztheit, Frustration, Angst, Ehrgeiz, Ellbogenmentalität und die ganze Palette falscher Motivationen des “Rat Race”. Selten sehe ich Glück (das flüchtige Ding) oder, viel wichtiger, Zufriedenheit – den Frieden, der mit Zufriedenheit einhergeht.

    Und das ist in der Tat, was ich in einer Arbeit suche und noch nicht gefunden habe. Du hast Glück, Gast, mit Deiner Farm. Und deshalb solltest Du vielleicht nicht diejenigen so hart anfassen (wenn auch nicht böse gemeint), die dieses Glück nicht haben, denn derer gibt es so verdammt viele.

    Julia

    P.S.: Ein schöner Satz: Nicht jeder, der den Finger auf einen wunden Punkt legt, ist ein Feind. Das ist richtig.

  15. Steffi says:

    Hallo “Gast”,

    ich kann durchaus mit Kommentaren leben, die nicht dazu dienen sollen, sich irgendwo einzuschmeicheln. Ehrliche Kritik, die eigene Meinung vernünftig ausgedrückt, finde ich sehr wichtig und gerade für einen Blog toll. Denn sie ermöglicht dem Verfasser und dem Leser, mal über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen, vielleicht eine andere Sichtweise auszuprobieren, mehr Fakten kennenzulernen und vielleicht seine Meinung zu ändern.

    Dein Kommentar war meiner Ansicht nach etwas anderes als sachliche Kritik oder die eigene Meinung vernünftig auszudrücken.
    Den Lebensinhalt einer anderen Person als lebenswert oder eben nicht lebenswert zu beurteilen erinnert mich an eine ganz dunkle Zeit deutscher Geschichte. Ich halte sowas nicht für geeignet, um Gedankengänge anzuregen und es ist auch nicht das Gegenteil von “sich einschmeicheln”.

    Ich bin mir nicht sicher, ob Du die Diskussion in den Kommentaren verfolgt und verstanden hast, denn dann wäre ein Beitrag in diesem Stil unnötig gewesen.

    Und Julia, ich weiß nicht, ob ich mich wegen des Titels “Adjutantin” geschmeichelt fühlen soll oder eher nicht. Ich bin ja nicht hier, um Dich “zu beschützen”, zu verteidigen oder zu helfen, das kannst Du hervorragend allein. Sondern ich sage auch einfach nur meine Meinung. Und die ist, daß ich den ersten Gast- Beitrag unverschämt und boshaft finde.
    Der zweite hört sich schon ganz anders an, auch wenn ich ihm inhaltlich nicht oder nur teilweise zustimmen kann.

    Der Ton macht eben die Musik, – wenn zum Angriff geblasen wird, soll man nicht auf die Idee kommen, es sei Krieg? 😉
    Wäre schon ziemlich widernatürlich.

    Ansosnten kann ich Dir, Julia, in Deinen Ausführungen nur zustimmen.

  16. Gast says:

    Hallo Julia,

    du hast Recht,lebenswert abzusprechen war zu hart-entschuldige bitte.Ich lese deine Berichte seit längerem sehr gern,obwohl mein Lebensmittelpunkt jetzt in einer ganz anderen Ecke dieser Welt liegt.Ich gehörte in Deutschland zu dieser Schicht der ja eigentlich Gut-bis Besserverdiener,auf selbstständiger Basis…Aber erst seitdem ich vor 3 Jahren Deuschland verlassen und mich in ein ganz anderes Abenteuer,respektive Leben gestürzt habe,ermesse ich so allmählich,woran diese gesättigte s.g. 1.Welt krankt(und ich zu erkranken drohte…).
    Hättest du DIESE Gedanken

    “Unserer Arbeit heutzutage fehlt in sehr vielen Bereichen die Bodenständigkeit, die Zufriedenheit verschafft und die ich bei den Menschen im Kasbah Peth sehe. Wenn ich mich in Deutschland morgens in eine Bahn setze oder die Menschen auf dem Weg zur Arbeit in ihren Autos beobachte, schaue ich in alles andere als zufriedene Gesichter, sondern sehe Gehetztheit, Frustration, Angst, Ehrgeiz, Ellbogenmentalität und die ganze Palette falscher Motivationen des “Rat Race”. Selten sehe ich Glück (das flüchtige Ding) oder, viel wichtiger, Zufriedenheit – den Frieden, der mit Zufriedenheit einhergeht.”

    in deinen Bericht eingefügt,hätte ich einmal mehr im Stillen deine Rhetorik,deine Aufnahme-und Begeisterungsfähigkeit gewürdigt.
    Aber OHNE diese Gedanken machte der Bericht auf mich den Eindruck des Unverständnisses,wieso arme Menschen Glücklichsein/Zufriedenheit ausstrahlen können…eine Zufriedenheit,die ich auch hier in meiner neuen Heimat tagtäglich sehe und die ich,zugegebenermaßen auch noch nicht endgültig verinnerlicht habe.Dafür braucht der materiell verwöhnte Mitteleuropäer sicher ein bißchen Zeit,aber meine Nachbarn,meine Tiere,meine neue-gänzlich ungewohnte-Arbeit helfen mir dabei.

    Also bitte,Julia,entschuldige meinen Beißreflex,so ganz bin ich eben noch nicht in der tranquilidad angekommen …und “vernünftig”,Steffi,werde ich wahrscheinlich nie werden;dieses Wort wirkt auf mich wie das rote Tuch auf die Stiere in Pamplona 😉 .
    Übrigens bin ich weiblich,aber “Gästin” kam mir zu albern vor…

  17. Steffi says:

    “Gästin” 😉 , so hört sich das doch schon ganz anders an, ist nachvollziehbar und verständlich. Um vernünftig zu diskutieren, zu argumentieren, muß man ja nicht selbst durch und durch vernünftig sein. 😉
    Deinen Beitrag find ich interessant und er trägt viel zur Diskussion bei.
    Und macht neugierig. Magst Du etwas mehr über Dich und Dein Leben erzählen?

  18. jules says:

    @ Steffi:

    Ich hoffe doch, dass Du Dich geschmeichelt fühlst: Adjutantin war durchaus als Kompliment gemeint, denn Du hilfst, INDEM Du Deine Meinung äußerst. Die sich zufälligerweise häufig mit meiner deckt. So ist das!

    Herzliche Grüße!

    @ Gast (w.)

    Es ist schon erstaunlich, wie Du mich gleichzeitig so gut erkennen und so mißverstehen kannst! Für mein Verständnis habe ich in dem Beitrag ganz klar zum Ausdruck gebracht, wie sehr mich diese einfachen Verhältnisse faszinieren und -ohne zu idealisieren- begeistern:

    Zitat: “Und um genau zu dem zurückzufinden, was in der Vergangenheit meine Faszination und meine Freude an Indien ausgemacht hat, bin ich heute mit einer guten Freundin in eines der ältesten Viertel Punes gefahren…”

    Ich bin zum Kasbah-Peth gefahren, UM DAS wiederzuentdecken, was ich liebe, an Indien, diesem lebend(ig)en Paradoxon.

    Ich kann da beim besten Willen kein Unverständnis entdecken, ebensowenig wie in der obigen Comment-Diskussion.

    Anyway, ich nehme Deine Entschuldigung gern an – vielleicht beobachtest Du mal Deinen Beißreflex?

    Viele Grüße in ein unbekanntes Land, auf eine unbekannte Farm,

    Julia

  19. Gast says:

    Hallo Steffi,

    “Magst Du etwas mehr über Dich…”-nein,möchte ich nicht.Sonst würde ich einen Blog schreiben… 😉

    Hallo Julia,

    Ich habe meinen Beißreflex mal zum Spielen auf die Wiese geschickt und versuche ganz “nett” zu sein(DAS Wort kommt bei mir gleich nach,oder noch vor “vernünftig”,weil es so “schön” nichtssagend ist).Sicher hast du deine Faszination klar zum Ausdruck gebracht;die habe ich auch mit keinem Wort infrage gestellt.Ich bin “nur” auf deine Diskussion mit Daniela eingegangen,ob diese einfach lebenden Menschen zufrieden sein können.Und dabei ging es mir einzig und allein um die Zufriedenheit,die jemand in sich spürt(und hat).Ich zitiere mich nochmal:”Ich kann deine Faszination(dieser Seite Indiens) und deine Frustration(deiner eigenen Lebenssituation-emanzipiert und doch zum Heimchendasein verdonnert)sehr gut nachvollziehen.”
    Ja,ich weiß-es klingt hart.Aber genau DAS ist der Punkt.Du möchtest nochmal recherchieren gehen…wozu?Deine beim letzten Besuch gemachten Bilder sagen alles,was du wissen willst.Ich lebe nicht in “deinem” Land,aber aus meiner bisherigen Erfahrung hier weiß ich,daß diese Menschen zufrieden sind.Würdest du ihnen beim nächsten Besuch das “schillernde” Leben in anderen Teilen der Welt ausmalen(ich weiß,daß du das nie machen würdest),die Möglichkeit bieten,dieses Leben wählen zu können,würden die jungen Leute sofort ja und die alten Leute nein sagen.Handwerk(der eigenen Hände und des Geistes Werk),eigenständiges Leben und Zufriedenheit…das sind für mich (heute)untrennbare Begriffe.Nein,ich bin nicht gegen Fortschritt,aber ja,ich bin ein absoluter Globalisierungsgegner,da der Mensch dabei auf der Strecke bleibt.
    Dein Zitat:”Und deshalb solltest Du vielleicht nicht diejenigen so hart anfassen (wenn auch nicht böse gemeint), die dieses Glück nicht haben, denn derer gibt es so verdammt viele.”
    Ich habe kein GLÜCK gehabt,sondern ich habe den Sprung ins eiskalte Wasser bewußt gewählt(ohne wahnsinnig große Summen auf dem Konto,da vorher ehrlicher Steuerbürger in D-land)-in ein Leben ohne Fremdbestimmung,aber dafür mit weniger Komfort und sehr viel mehr (meiner Hände)Arbeit.Noch fröstelt es mich manchmal,aber die Zufriedenheit wärmt ungemein…

  20. jules says:

    Hallo Gast,

    ich wollte noch einmal recherchieren, weil Daniela mir, verkürzt formuliert, die Romantisierung von Elend vorgeworfen hat und ich Ihr entgegenhalte, dass ICH dort eine große Zufriedenheit der Menschen wahrnehme. Das gilt es zu verifizieren, obwohl ich glaube, die Antworten zu kennen. Die bestimmt ähnlich ausfallen wie das Szenario, das Du beschrieben hast.

    Und doch bin ich der Ansicht, dass Du trotz allen Mutes, den Du bewiesen hast, und der Bereitschaft zu materiellem Verzicht auch GLÜCK gehabt hast. Und zwar, weil Du in jeder Hinsicht die Möglichkeiten hattest, einen realistischen Schritt in die Selbstbestimmung zu tun, und zwar vor allem in intellektueller und emotionaler Hinsicht und sicher auch in materieller.

    Die Auswanderer-Serien sind voll von Menschen, die nicht annähernd das Potenzial für die jeweiligen Neustarts mitbringen. Sie enden als Gescheiterte. Sie haben nicht das Glück des notwendigen Horizonts, um ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten realistisch einschätzen zu können.

    Sicher ist Dein heutiges Leben das Ergebnis Deiner freien Entscheidungen. Aber das, was Du mitgebracht hast, was wir alle mitbringen, ist nicht unser Verdienst. Das sind die Karten, die wir zugespielt bekommen haben, als wir auf die Welt kamen, in bestimmte Familien geboren wurden, wo wir Förderung und Wachstum erleben durften, oder auch nicht. Den Verstand, den wir besitzen, oder auch nicht. Die emotionale Stärke, oder auch nicht.

    Das meine ich also mit Glück. Genieße Deiner Hände Arbeit. Und die daraus resultierende wärmende Zufriedenheit. Denn sie ist kostbar in dieser Welt, wie Du weißt.

    Julia

  21. Steffi says:

    Hallo!

    Julia, fühl Dich mal gedrückt!

    @Gast: ich zitiere Dich:
    ““Magst Du etwas mehr über Dich…”-nein,möchte ich nicht.Sonst würde ich einen Blog schreiben…”

    Ok, es war eine Einladung zur friedlichen Kommunikation.
    Die Tatsache, daß Du Deine Meinung als Kommentar in einen Blog schreibst und da natürlich auch eigene Erfahrungen einbringst, lies mich doch glatt fälschlicherweise annehmen, Du seist dran interessiert, etwas von Dir preiszugeben. Daran, daß Menschen Deine Kommentare lesen, verstehen, drauf reagieren.

    Ich ziehe hiermit mein Interesse zurück, wie konnte ich mich nur so irren. 😉

    Was man über andere schreibt, sagt mehr über den Autor aus als über den, um den es geht. Beschreibe Dein Gegenüber und ich erkenne Dich.

    Einen schönen Abend noch,
    Steffi