Villain or victim? Der Fall Ahuja.

Momentan zerreißt sich Bollywood (und ALLE indischen Tageszeitungen) das Maul über den Schauspieler Shiney Ahuja, dessen Karriere wenn nicht beendet, so doch bis auf weiteres auf Eis gelegt ist: Montagnacht wurde der vielversprechende Nachwuchsschauspieler Shiney Ahuja, 2006 bekanntgeworden mit dem Film “Gangster”, in seinem Apartment in Mumbai verhaftet. Grund: Ahuja wird beschuldigt, das unter Umständen noch minderjährige Dienstmädchen in seinem Haus vergewaltigt und ihr mit dem Tod gedroht zu haben, sofern sie redet.

Nun, sie hat geredet. Und zwar gleich nach dem Vorfall; das hat die Beweissituation vereinfacht. Die polizeilichen Untersuchungen der vermutlich Siebzehnjährigen geben ihren Vorwürfen recht (was nicht selbstverständlich ist, da viele Frauen gern auch Falschanzeigen machen) und bestätigen, dass es nicht zu einem “consensual sex”, also einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr zwischen den beiden gekommen ist, auf den Ahuja sich zurückzieht. Angesichts dieser Umstände dürfte es Frau Ahuja schwer fallen, ihre noch am Dienstag so lauthals und tapfer öffentlich bekundete “Ahuja ist unschuldig!”-Verteidigungshaltung zu bewahren. Es tut mir leid für sie.

Aber deshalb schreibe ich nicht darüber. Ich schreibe darüber, weil so viele seiner Bollywood-Kollegen Ahuja verbal die Stange gehalten haben, sofern er nicht schuldig ist. Kaum einer traute ihm die Tat zu, aber jeder verlangte drakonische Strafen für so ein übles Subjekt, falls er es doch getan haben sollte.

Es sieht wohl so aus. Shiney wird nicht mehr scheinen, wenn er Pech hat. Und die Ehre der missbrauchten Maid wird Gerechtigkeit erfahren. Gut so.

Allerdings wundere ich mich über die lautstarken Moralapostel in diesem Land, die sich zumindest verbal so benehmen, als hätte es das hier noch nie gegeben. Dabei ist die zeitgenössische indische Literatur voll von Fällen, in denen der Hausherr meint, die angestellte Maid auch physisch besitzen zu können. Und, abgesehen davon, wie viele Fälle allein hier in Pune nahezu täglich bekannt werden, glaube ich, dass das Missbrauchs-Phänomen von jungen, weiblichen Angestellten, die das Pech haben, sich allein mit dem Hausherren aufzuhalten, gar nicht so unverbreitet ist.

Nur diesmal hat es einen Prominenten erwischt. Ich habe kein Verständnis für die Tat. Sie ist schrecklich. Was mir allerdings übel aufstößt, ist der laute Schrei der prominenten Öffentlichkeit nach harter Bestrafung. Das riecht allzusehr nach einem Bauernopfer und der allgegenwärtigen Doppelmoral hier in Indien. Ich möchte wissen, wie viele Leichen da sonst im Keller liegen. Womöglich schreien die am lautesten, die ebenfalls etwas zu verbergen haben?

Eines ist sicher: Falls Shiney Ahuja schuldig ist, wird er büßen. Und ich nehme an, nicht nur für seine Tat.

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2 Responses to “Villain or victim? Der Fall Ahuja.”

  1. Kerstin says:

    Hallo Julia,

    tja, schoen doof, kann ich da nur sagen, fuer so eine widerliche Tat sein ganzes Leben (Karriere, evtl. Ehe, Ruf usw.) auf’s Spiel zu setzen. Heute habe ich aber wieder seine Frau in der Presse gesehen mit dem Spruch, dass er unschuldig sei. Klar weiss sie das, denn sie war ja dabei, gelle?

    Ich finde ohnehin immer irgendwie befremdlich, dass man immer Hinz und Kunz zu einer Tat befragt. Was bitte sollen denn Familie, Freunde, Kollegen usw. anderes sagen als “er ist unschuldig”, “ich wuerde ihm das nicht zutrauen” usw.? Kein Mensch wird sich wohl hinstellen und sagen: “ja, das habe ich mir schon gedacht, dass er/sie mal sowas machen wird”………

    Moralapostel findet man viele in diesem Land. Es ist halt immer einfach, ueber die Fehler der anderen zu diskutieren und drakonische Strafen zu fordern. Aber wehe, es geht einem mal selber an den Kragen…

    LG EHS Kerstin

  2. jules says:

    Liebe EHS,

    ja, wie dumm und unbeherrscht und brutal muss man sein. Und wie vermessen sich einzubilden, man käme mit solcher Tat davon, wenn er sie denn begangen hat, wovon ja wohl auszugehen ist.

    Aber ich bin gespannt, wie die Sache weitergeht, schließlich ist alles möglich in Indien. Schade, dass ich die Zahlen nicht aufgehoben habe, aber es bekleiden ja eine Reihe von Personen mit einem ernstzunehmenden Strafregister öffentliche/ politische Ämter hier in Indien.

    Mal sehen, was für Maßstäbe jetzt in Bollywood angelegt werden, falls er schuldig gesprochen wird. Wird an ihm ein Exempel statuiert werden, auch vor Gericht?

    Oder wird es ihm als VIP gelingen, auf irgendeinem Wege die Strafe nur teilweise zu verbüßen, wenn überhaupt. Um dann in Bollywood zu reüssieren?

    Ich halte alles für möglich. Schließlich sind wir in Indien. Es bleibt also spannend. 😉

    LG

    Julia