One thing to be grateful for.

Es ist schon so eine Sache mit dem Expat-Life: Du wirst in eine Gesellschaft gefeuert und kannst dann sehen, wie Du klarkommst. Bislang muss ich sagen, summa summarum, gut. Sehr gut, sogar.

Ich habe gerade mit U. gesprochen: Sitzt am Frankfurter Flughafen und schaut in grauen Nieselregen, 8 Grad? 10 Grad? 15 Grad? Auf jeden Fall saukalt, für indische Verhältnisse.

Oh, ich kann sie mir nur allzu gut vorstellen, all die Business-Traveller in ihren mausgrauen Anzügen, die dort mit ihm sitzen (müssen) und die Zeit in endlosen Handy-Telefonaten verbringen: “Oh ja, Herr Schulz, wollte mich mal kurz bei Ihnen melden, bin jetzt in Frankfurt, leider hat mein Flieger eine Stunde Verspätung, aber schaffen wir das Treffen mit Magna trotzdem noch? Nein, nein, der Flug war o.k., ich müsste nur kurz noch ins Hotel einchecken, bevor ich Sie abhole, wäre das o.k. für Sie? Oh, warten Sie, ich habe gerade einen incoming call, darf ich Sie kurz abhängen? So, da bin ich wieder…”

Und so geht das, endlos. Auf früheren Urlaubsreisen hat mich das immer furchtbar genervt: Ich kam gerade aus einer Gegend am anderen Ende der Welt, von einer entspannten thailändischen Insel (Ja, es gibt sie noch!) oder von einer Überland-Reise aus Burma. Kam aus der Stille, aus einfachen Verhältnissen.
Mellow, man könnte auch sagen, total entspannt, und dann blöken diese Genossen in Überzeugung ihrer eigenen Wichtigkeit furchtbare, ich wiederhole, FURCHTBARE Belanglosigkeiten in die Hörer ihrer edlen Mobiltelefone, während ich gerade versuchte, mich totzustellen: You don´t wanna come back for this, do you?

Ich musste zurück, und jedesmal war es BITTER: All diese Masken, all dies Geschwätz.

Das ist jetzt anders. Ich feixe mir einen, wenn ich am Narita-Airport stehe und sehe, wie Deutsche oder Österreicher auf die entsprechenden Maschinen nach Europa gebucht werden. Diesmal ist das Zepter an mir vorbei gegangen, diesmal werde ich nicht den Banalitäten ambitionierter Jungmanager lauschen müssen, denn ich verstehe glücklicherweise nicht genug Hindi. Diesmal bin ich frei. Ich gehe nach Indien. Und da erwartet mich: NICHTS. GOTT SEI DANK.

Noch eine Sache, warum ich das jetzt überhaupt gepostet habe: Ich habe Freunde hier, die mir im Leben nicht begegnet wären, wäre ich in Deutschland geblieben: Da ist T. (tatsächlich!) aus Deutschland, K. aus Belgien, M. aus Holland, obwohl sie die letzten 20 Jahre keinen europäischen Boden mehr betreten hat, sondern es vorgezogen hat, ihr Glück in Australien zu suchen, W. aus Australien, S. aus Großbritannien: Alles großartige, aufgeschlossene Charaktere, die es LIEBEN, woanders zu sein, und, ebenso wie ich, mehr die Bereicherung sehen als die Notwendigkeit, sich zu verbiegen, weil wir europäische Maßstäbe mal ganz gut hintenanstellen können.

Abgesehen von allem, was man hier sonst erlebt und manchmal nicht begreifen kann: Ich treffe eine Menge wundervoller Leute und das macht es allemal lebenswert, dies Leben im Ausland, das manchmal eben auch einsam sein kann. Ich werde gleich nach draußen gehen, mir die Palmwedel näher ansehen und den verbleibenden 37 Grad Celsius huldigen. It isn´t so bad, is it?

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2 Responses to “One thing to be grateful for.”

  1. Daniela says:

    Eeewww, 8 Grad! 8-| Bekommt man nicht schon von dem Gedanken Gänsehaut?

  2. Steffi says:

    Das klingt doch schon viel besser als letztens, Julia! 🙂
    Ich drück Dich!