“Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt.
Ganz Gallien?
Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf….”
(Asterix)
Wir befinden uns im Jahr 2010. Ganz Indien befindet sich im Festtagsrausch.
Ganz Indien?
Ja! Es gibt kein von feierunwilligen Indern bevölkertes Dorf. Denn Indien liebt seine religiösen Feste. Und feiert. Wie sowieso immer. Diesmal jedoch flächendeckend und in allen Teilen des Landes gleich heilig: Navaratri, das Fest der neun Nächte, das in allen Bundesstaaten Indiens der holden göttlichen Weiblichkeit, der Muttergöttin Durga, in allen Inkarnationsformen gewidmet ist. Während der neun Nächte (und der neun Tage) wird zu Gunsten von Gesundheit und sich mehrendem Reichtum gefastet und gebetet und innere Einkehr gehalten. Während der neun Nächte wird ein Licht in einem Tontopf (ghatasthapana) installiert, das während der neun Tage nicht ausgehen darf – es erhellt das symbolische Universum, den Topf, und verhilft Adishakti, der ursprünglichen weiblichen und mütterlichen Energie, zu neuer Kraft.
Dagegen ist grundsätzlich überhaupt nichts einzuwenden, hat das Weibliche, insbesondere die weibliche Person an sich, in weiten Teilen Indiens doch ansonsten keinen so hohen Stellenwert, aber das nur nebenbei. Zurück zum Fest: Seinen Höhepunkt findet Navaratri schließlich in Dussehra, dem zehnten Tag, an dem insbesondere in Nordindien der Sieg Ramas (als Symbol für das Gute) über das Böse, Ravana, gefeiert wird.
Damit ist die Feierei noch lange nicht zu Ende: Zwanzig Tage nach Dussehra beginnt das nächste große Fest im hinduistischen Kalender, das fünf Tage dauert: Diwali, das Lichter- und hinduistische Neujahrsfest, ebenfalls eine höchst glückverheißende Zeit, in der das Böse vertrieben und, naürlich, Glück gesucht wird. (Anmerkung am Rande: Es gibt kein mir bekanntes anderes englischsprachiges Land auf dieser Erde, in dem so verschwenderisch mit dem Begriff ‘auspicious’ – glückverheißend – um sich geworfen wird. Ginge es nach der Anzahl der ‘auspicious days’ müsste Indien das mit Abstand glücklichste Land der Erde sein. Ist es nicht. Aber wir arbeiten daran.)
Diwali geht so: Vor dem Fest werden Haus und Geschäfte geputzt und geschmückt. Am ersten Tag dann, Dhanteras, werden die vielen Geschenke eingekauft, die man sich traditionell gegenseitig macht. Am zweiten Tag, Naraka Chaturdasi, werden die Lichter entzündet und das gigantische Feuerwerk gestartet um den Sieg über die Dämonen zu feiern. Der dritte Tag markiert den Höhepunkt, das eigentliche Fest, an dem der Göttin Lakshmi (Wohlstand und Reichtum) in einer Puja gehuldigt wird. Am vierten Tag, Govhardan Puja, sind die heiligen Kühe dran, der fünfte und letzte Tag, Bhayiduj, ist schließlich den guten Beziehungen zwischen Geschwistern gewidmet. Watt mutt, datt mutt.
Und wer dann noch nicht den Überblick verloren hat, kann zwei Tage vor Diwali noch eine Dantheras-Puja zelebrieren, widerum ein Ritual, das Ganesh, dem hinduistischen Hindernisbeseitiger, und Lakshmi gewidmet ist.
ALLES KLAR?
So viel zum Verständnis. Ich erwähne das deshalb hier, weil ich neulich an unserem Töpferviertel vorbeikam, und mich über die farbenprächtigen Tontöpfe freute, die zu Navratri gehören, über die süßen, naiven Kuhfiguren, denen, wenn ich es richtig verstanden habe, ein Tag von Diwali gewidmet ist, sowie über die unendlichen Mengen der kleinen Tontöpfchen, Dyas, die die Namensgeberinnen des Lichterfests sind: 12 Stück 30 Rupien. So einfach ist es, in Indien Schönheit zu kreieren:
Tags: Diwali, Feste, Indien, Leben in Indien, Navratri, religiöse Fest in Indien
Ohhhhhh ich krieg sofort Bastellaune!!
Manche mögen ja lachen, aber sowas würde ich mir auch als Mann in meine Wohnung hinstellen.
Schön wieder was von Dir zu hören, Julia
LG Uwe
Das sind wirklich schöne Stücke…würd ich mir auch glatt nen paar untern Nagel reissen 🙂
Gruß Jenny
Hallo Ihr Lieben,
freut mich, dass sie Euch gefallen! Indien ist voller Kunst, wenn auch naiv und unvollkommen, aber vielleicht gerade deshalb so liebenswert.
Viele Grüße an Euch
Julia
Hallo Julia,
Kunst liegt sowieso im Auge des Betrachters. Oft ist nicht derjenige der Künstler, der die Gegenstände erschafft, sondern derjenige, der sie als Kunst erkennt.
Danke für die schönen Fotos und dafür, daß Du Dich mal wieder meldest.
Ich hoffe, Dir geht es gut.
Liebe Grüße,
Steffi