Posts Tagged ‘Leben in Indien’

Überlebensmaßnahmen. Ein Katalog.

Sunday, April 25th, 2010

Kalu-sleeping

Indien macht fett, faul und blöde.

Dies ist kein Witz. Der Sommer in Indien ist nicht witzig. Wenn ich morgens mit kleinen, verklebten Augen aufwache, steht mir schon präventiv der Angstschweiß auf der Stirn, weil ich genau null Bock auf einen weiteren heißen Tag in der Sonnenhölle Maharashtras habe, zero tolerance sozusagen, und keine Möglichkeit, ihr zu entkommen. Man weiß, der Tag wird heiß, lang und langweilig, ganz einfach, weil man in dieser Hitze nichts tun kann, ohne postwendend zu kollabieren.

Auch wenn ich mir Kalu unzeitgemäß schon zwischen sechs und sieben Uhr morgens schnappe, um die Morgenrunde zu drehen, läuft mir nach zehn Minuten der Schweiß aus den Haaren in den Nacken, igitt. An Joggen ist nicht mehr zu denken, Einkäufe werden seit neuestem nur noch wöchentlich erledigt. Danach: Hausarrest.

Ein neues China? Indien zensiert blogs.

Friday, April 23rd, 2010

Manchmal hilft der Zufall etwas nach: Zunächst konnte ich nicht glauben, dass die Unerreichbarkeit der blogs von blog.de etwas mit Politik zu tun haben könnte. Erst als Tage und Wochen ins Land gingen, und die Webseiten für mich unerreichbar blieben, wurde ich misstrauisch: Sollten die Seiten gesperrt sein, zensiert?

Lächerlich! Keine der Seiten, weder Danielas, noch Kerstins, enthält auch nur annähernd kriminellen content, höchstens ein wenig Sozialkritik, aber das ist es auch schon.

Was zunächst eine Vermutung war, verdichtete sich heute zu einer sehr wahrscheinlichen Erklärung: Bemerkenswert ist nämlich, dass die Seiten über einen Anonymizer, einen verschleierten Web-Proxy, erreichbar sind. Was lässt das allein für einen Schluss zu?

Richtig: Mein Internetanbieter, der staatliche Provider BSNL, hat blog.de-Seiten gesperrt. Und weil man das nur bedingt selektiv tun kann, wurden mal kurz alle, ALLE, blog.de-Seiten verbannt. Zur Terrorbekämpfung? Das wäre bestimmt die offizielle Variante, gäbe es eine.

It´s only April…

Thursday, April 22nd, 2010

Morgens, 9.30 Uhr. Das Thermometer steht bei 37,5 Grad Celsius, Tendenz steigend. Mittags sind es 43. Ich weiß. dass man an dieser Stelle eine wunderbare Analogie zur ehemaligen Drei-Wetter-Taft Werbung einflechten könnte, aber das tue ich nicht. Es ist zu heiß. Zu heiß, um zu denken, zu sprechen, sich zu bewegen, zu heiß für irgendeine Aktivität außer Schnappatmung. Das morgendliche Joggen ist längst eine Erinnerung an aktivere Zeiten, Kalu und ich schleppen uns schweren Schrittes durch die benachbarten Straßenzüge und werden nicht attackiert – jedes Lebewesen, die giftigen Hundemeuten um die Ecke eingeschlossen – liegt japsend in einer schattigen Ecke im Energiesparmodus. Hecheln statt Hetzen, für mehr reicht die Kraft nicht.

Heute gab es dann zusätzlich das Geschenk eines ganztägigen Stromausfalles; im Klartext bedeutet das: keine Ventilatoren, ein abgetauter Kühlschrank, keinen Fatz Kühlung während des verdammt langen, heißen Tages. Wasser!

Art Of Nature.

Saturday, April 10th, 2010

Fruchtstand-Flaschenpalme

seeds

Fundstücke eines Spaziergangs: Das erste ist ein trockener Blütenstand einer Flaschenpalme, die beiden unteren Bilder sind Fruchthülsen eines tropischen Urwaldriesens, dessen Namen mir leider noch keiner nennen konnte, nicht einmal in Hindi oder Marathi. Baum eben. Oder so. Die Haptik der Männerfaust-großen Samenkapseln ist jedenfalls erstaunlich: Unbestreitbar hart und riefig, dennoch schmeichelnd. Ich würde gern eine einzige Perle hineinlegen, so sehr erinnert mich das Gehäuse an eine offene Auster, die ihren Schatz preisgibt. Leider habe ich keine. Macht nichts. Auch so schön.

seeds2

Auch das ist Indien.

Thursday, April 8th, 2010

Ich bin sauer, stinksauer. Angeblich ist Indien ja ein ach so spirituelles Land, jeder hält am Tag mindestens fünf Poojahs ab, man rennt in die Tempel, man betet, man wirft sich vor Lakshmi oder Ganesh in den Dreck, man verbrennt viel Räucherwerk und macht einen großen Zauber um alles, was heilig ist oder sein könnte.

Nur im Alltag sieht die Sache anders aus. Da gilt das Faustrecht oder eher alttestamentarische Gesetze wie ‘Auge um Auge, Zahn um Zahn’. Indien ist meiner Erfahrung nach ein Land der Missgunst, keiner gönnt dem anderen die Butter auf dem Brot oder gar größeren materiellen Wohlstand.

Nun zum Auslöser meines Ärgers: Heute hatte ich vor, den Hundezwerg Zorro endlich seinem neuen Zuhause zuzuführen, das im Moment noch eher eine Baustelle ist als ein fertiges Haus, denn mein bester-Freund-und-Frauenversteher Somar hat gebaut. Und zwar hinter der neu gezogenen Mauer. Und legal. Endlich gehören ihm die 20 Quadratmeter Grundfläche indischen Bodens, auf denen jetzt sein neues, zweigeschossiges Haus entsteht. Soweit, sogut.

Look who’s watching…

Tuesday, April 6th, 2010

um-die-Ecke-geguckt

In den alten Alleen von Pune’s Koregaon Park ist es noch verhältnismässig schattig und kühl. Hier hat sich nicht nur der Geldadel der Stadt mit seinen großkotzig-grotesken Residenzen versammelt (Poonawallah, Bajaj etc.), auch andere Bewohner schätzen den alten Baumbestand, die großzügigen Gärten und die relative Stille mitten in der Stadt. Seit dem Anschlag in der German Bakery ist hier alles noch ruhiger geworden, das Militär hat sich rund um den Osho-Ashram hinter Sandsäcken verschanzt, allein Fussgänger und die Bewohner (mit ihren Autos) dürfen passieren, die alten Alleen atmen auf: Kein Durchgangsverkehr für Euer Durchlaucht.

Es war auf einer meiner Hunderunden, als ich an einem verwaisten Spekulationsobjekt der abgesperrten Lane Zwei vorbeikam und meinen Augen kaum trauen konnte: Ich wusste zwar, dass Hornbills, Papageien und Pfauen in den Gärten des Koregaon Park wohnen, neu waren jedoch diese niedlichen Käuzchen, derer ich gleich vier erspähte: Die spotted owlets vom Koregaon Park waren mein Geburtstagsgeschenk und ich fuhr noch einmal zurück, um die Kamera zu holen.