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an early morning walk

Tuesday, May 6th, 2008

Glücklicherweise leide ich seit meiner Ankunft in Indien an Schlafstörungen. Diese Tatsache versetzt mich als frühere Nachteule in die Lage, gelegentlich schon morgens um 7 Uhr das verschlafene Assaichen (“was willst Du jetzt von mir?..”) zu schnappen und die halbwegs frische Morgenluft (nur 31 Grad Celsius) für einen Spaziergang entlang schattiger Alleen zu nutzen, deren Bewohner noch nicht zum öffentlchen Leben erwacht sind, nicht mal die Streuner. Es herrscht also für indische Verhältnisse Ruhe und manchmal kann ich es wagen, Assaichen einmal für eine ca. 300 Meter lange Strecke von der Leine zu lassen, ohne zu riskieren, dass er überfahren wird oder sich die wilde Hundemeute von nebenan auf ihn stürzt.

Heute also bin ich mal wieder früh dran und mit mir ein paar weitere early-morning-birds, zumeist ältere Bewohner von Pune, die diese stillen Stunden für ihren Morgensport nutzen, oder zumindest für das, was Inder darunter verstehen – gemäßigt schnelles Gehen. Und dann passiert mir an diesem viel zu frühen Morgen ein kurzes Gespräch, das einem so nur in Indien passieren kann und wofür ich dieses Land liebe, Reflektionstiefe eingeschlossen:

Was ist das Leben ohne eine Ayya?

Tuesday, May 6th, 2008

Antwort: harte Plackerei in zu großer Hitze und seelische Grausamkeit durch entgangene Lebensfreude.

Wieso?

Deshalb: Unser Edelstein heißt Jothie und ist eine glutäugige Schönheit unbekannten Alters und graziler Statur. Zwei Stunden täglich weht sie in ihren farbenprächtigen Saris durch unsere leeren Räume und beseitigt unseren Schmutz; kaum zu glauben, dass es so etwas gibt… dass man solch dienstbare Schönheit kaufen kann!

Nur, um Euch einen Eindruck zu geben: Mit schnellen Strichen ihres kleinen Hirsebesens fegt sie den Staub von unseren glatten Böden, gleichmütig und elegant ein wenig nach vorn geneigt, lange, schwarze Locken lose auf dem Rücken liegend. Dann kommen die Möbel dran: Keine Strebe unserer Esstisch-Stühle entgeht ihrem aufmerksamen Auge, bis kein Stäubchen mehr auf ihm liegt. Immer wieder blickt sie blitzend hoch, und ich lächle zurück – Sie spricht kein Englisch, ich kein Marathi, dennoch sind wir uns einig – sie macht ihre Arbeit gut, go on, Jothie, Du kannst Dich hier wohl fühlen, während Du putzt, ich werde Dich nicht beschimpfen, schlagen, generell schlecht behandeln oder gar zu Schlimmerem nötigen (was durchaus nicht selbstverständlich ist). Dann Esstisch, Sideboard, die drei Badezimmer, Schlafzimmer und Küche. Abwasch. Wischen: In der Hocke, neben sich den Eimer mit Putzwasser stehend, wischt Jothie jede Einzelne unserer hellgrauen Marmorfliesen, bis alles blitzt und man vom Boden Essen könnte. Jede schwäbische Hausfrau hätte ihre wahre Freude an Jothie!