Stuck.

Wir sind gefahren wie die Teufel: 2400 Kilometer in drei Tagen, das ist verdammt viel für indische Verhältnisse, plus ein Tag in Udaipur, zum Luftholen. Wir wollten Zeit für den Himalaya, Zeit für die Pässe, Zeit für die Weite und die Einöde.

Nun sitzen wir fest, alle Fahrerei umsonst: In Manali hat sich ein Gewitter zusammengeschoben, das seit 15 Stunden eine Regenfront nach der anderen durch das Tal jagt und die Gipfel der umliegenden Berge in graue Schleier hüllt, sofern sie nicht durch krachende Blitze erhellt werden.

Die steil abfallenden Dorfstraßen haben sich in Sturzbäche verwandelt, seit unserem Spaziergang nach Alt-Manali bin ich klatschnass. Nur die Affen, die munter von einem Baumwipfel zum anderen turnen, und wummernd auf den Blechdächern landen, scheint das kalte Nass nicht zu stören: In Gruppen jagen sie durch die Stadt und legen sich gern einmal mit den Straßenhunden an, die zusammengerollt auf den kleinen Holzveranden der einfachen Hütten vor dem Unwetter Schutz gesucht haben: Alles an ihnen, von der Nase bis zur eingerollten nassen Schwanzspitze sendet eine kollektive Message: Hey, man, THIS IS A FUCKING DAY in a dog`s life!

Und wie sehe ich das Ganze?

Drücken wir es mal so aus: Es hat schon bessere Tage gegeben. Es ist nach 36 Grad in Rajasthan und Harayana kalt, verdammt kalt, es ist verdammt nass, es hat Berge, von denen man nicht viel sieht. Wir stehen wie die Rennpferde am Start, aber der Schuss fällt nicht.

Wir werden dieses liebliche Kifferörtchen mitsamt seinen nassen Kühen, Affen und Hunden nicht eher verlassen können, bis der Regen aufgehört hat: Natürlich könnten wir auch im Regen fahren, aber was bringt das? Wenn ich mir schon die Mühe mache, diese beschissenen Pässe zu fahren, dann will ich auch was sehen, will “Ah!” und “Oh!” denken und fühlen und vor Ehrfurcht erstarren, wenn ich dem ewigen Eis der ladakhischen Gipfel ins Auge sehe. Ich will “Ohgottohgott!” denken und Gott auf Knien um Erbarmen anflehen, wenn sich die Stoßstange des Scorpio für meinen Geschmack ein wenig zu weit über den Abgrund der einspurigen Schotterstraße schiebt, die sich anmaßend Highway nennt.

Kann ich das, wenn ich auf 3000 bis 5000 Meter Höhe nur in eine graue Wolkenwand gucke, es sei denn, ich befinde mich gerade darüber? Brauche ich Drei Farben Grau?

Nein. Also. Deshalb warten wir. Auf das Ende der Sintflut. Ich will meinen Staub zurück und die gleißende Sonne des Himalayas. Dann, erst dann, werden wir starten.

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2 Responses to “Stuck.”

  1. Steffi says:

    Och Mensch, so ein Pech!
    Dann drück ich mal die Daumen, daß sich der Regen bald gibt und Ihr den Rest der Reise so richtig genießen könnt!

  2. Daniela says:

    Ihr Armen! Sehr bedauerlich.
    Ich hoffe, die Hummeln in eurem Hintern treiben euch nicht zu zeitig voran, denn nach Wetter wie diesem schreit die Strecke geradezu nach Hangrutschen. Das war der Grund, weswegen wir unsere Reise 2005 abgeblasen hatten. Eine Freundin von uns fuhr trotzdem, geriet in einen Hangrutsch, kam mit dem Schrecken davon und durfte umkehren. Ich hoffe wirklich, solche Szenarien bleiben euch erspart. es ist besser, die Reise zu verschieben und wieder umzukehren und drei Runden durch Nordindien zu fahren, als sich da oben in unnötige Gefahr zu begeben.

    LG & viel Glück mit dem Wetter,
    Daniela