Pune – Mumbai by night

Zweieinhalb Stunden Autobahn, zweieinhalb Stunden Nachtfahrt, zwischen 1.00 und 3.30 Uhr in der Früh über eine der gefährlichsten Strecken der Welt: Der Mumbai-Pune Highway ist berüchtigt für sein lächerliches Geschwindigkeitslimit (80 km/h) und seine hohe Anzahl an “fatalities”, Todesopfern, die hier wortwörtlich auf der Strecke geblieben sind.

Jedes Mal, auch am Tage, sehen wir gecrashte Autowracks am Straßenrand: In keinem davon möchte man gesessen haben, denn die Fahrgasträume sind zerdrückt wie Kakerlaken unter einem Schuh: Es ist nichts übrig von den Insassen von Toyota Innova, Tata Indica & Co – hier sterben Menschen, jeden Tag, jede Nacht.

Aber das ist kein Wunder: Tagsüber werden Wasserbüffelherden über die Autobahn getrieben, mitten durch den fließenden Verkehr, ganz zu schweigen von kleineren Tieren und auch Menschen, die entlang und auf der Autobahn spazierengehen…Dazu Harakirifahrer, die von allen Seiten überholen, kriechende Laster auf der Überholspur, LKW´s und Busse, deren Technik auf dem (ungewarteten!) Stand von 1950 ist und deren Bremsen in den Bergen der Western Ghats abrauschen. Das kann nicht gutgehen, das geht auch nicht gut.

Abenteuerlicher, wenn man das Risiko liebt, und noch gefährlicher sind hingegen die Nachtfahrten, auf die ich gerne verzichte. Bedingt durch die Flugzeiten jedoch bleibt uns nichts anderes, als auch nachts zurückzufahren: Kaum eine Maschine landet tagsüber aus Deutschland, oder fliegt innerhalb des Tageslichts ab. Also: Augen zu, und hinter sich bringen.

Wir aber haben auf unserer Rücktour vom Flughafen in BOM die Augen offengehalten und uns mal den Spaß gemacht, sämtliche LKW´s und Busse im Hinblick auf ihre Beleuchtung zu erfassen, denn es ist nicht selbstverständlich, dass diese Fahrzeuge überhaupt beleuchtet sind, sprich: in der Dunkelheit zu erkennen sind.

Erstaunliches Ergebnis: Von den insgesamt 450 Fahrzeugen (Bussen und Lastern), die wir gezählt haben, waren, gutmütig betrachtet, 131 vollständig beleuchtet, das entspricht einem prozentualen Anteil von 29 Prozent. Das heißt, sie hatten zwei funktionierende Rücklichter, wenn auch zum Teil sehr funzelig, also kaum zu sehen.

98 Fahrzeuge (22 %) hatten immerhin ein Rücklicht, waren also nicht gänzlich unbeleuchtet – Man konnte sehen, dass da was fährt. Großartig.

Und die restlichen 49 Prozent? Was glaubt Ihr?

Richtig! Waren absolut unbeleuchtet! Also NICHT oder nur sehr spät von hinten zu sehen. Echt klasse, wenn dann plötzlich ein großer Geister-LKW zwischen Mittel-und Überholspur mit 40 Sachen dahinschneckt und Shabundin mit 140 angebügelt kommt. Allerdings haben wir einen großen Vorteil in Sachen Überleben: Unser Auto hat Bremsen. Und sie funktionieren.

Warum sollte man sich da also aufregen?

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9 Responses to “Pune – Mumbai by night”

  1. sarangiji says:

    da habt ihr aber Glück gehabt, dass da keiner ohne headlights entgegen kam. Das passierte uns tagsüber ab und zu. Nachts aber…..
    da hätten wahrscheinlich auch die Bremsen nichts genützt.

    Über- oder Unterführungen bei einem highway scheinen die Inder nicht zu kennen. Überhaupt ist die Infrastruktur wohl ein großes Problem.

    Also, wenn man total sicherheitsorientiert sein will (in Indien wohl besonders (!) die Deutschen, und nicht nur in Indien): immer ganz links fahren und nie schneller als der Vordermann. Nachts gibts ja zumindest keine langsamen Pferde- oder Kamelkarren auf dem Highway und keine vollgepackten Rikshas oder tuktuks. Das müsste doch beruhigen.

    LG
    Andreas

  2. adam says:

    Wer haelt sich an den Geschwindigkeitslimits, ob es 80km/hr ist oder 150km/hr? 😉 . Aber ich habe in der Zeitung gelesen, der Geschwindigkeitlimit auf dem Expressway wird auf 120 erhoeht, weil niemand an den 80km/hr Grenze haelt. Aber ich bin nicht sicher, ob an den neuen Geschwindigkeitslimit gehalten wird. Ich denke, die meisten Fahrer sehen die Gesetze eher als Richtlinien u. keine feste Regeln. Eh, aber dein Fahrer faehrt auch mit 140km/hr 🙂

    Aber es gibt eigentlich zwei Highways zwischen Mumbai u. Pune. Eine ist der ältere Highway und der andere ist der Expressway. Auf dem Expressway zwischen den Mautstellen darf keine Tiere, Bueffeln, Menschen laufen. Das ist auch geregelt. Aber auf der aeltere Highway ist alles erlaubt. Auf welchem Highway bist du gefahren?

  3. jules says:

    @ sarangiji: Glück, ja – haben wir bislang immer gehabt! Und auch bislang keine entgegenkommenden Pferdekarren etc, jedenfalls nicht auf dem Pune-BOM-Highway. Sonst immer!

    Ansonsten meinst Du bestimmt rechts: rechts ist hier beim Linksverkehr die Überholspur….Und ich bin auch nicht beunruhigt: Betrachte das eher mit stirnrunzelndem Engagement, schließlich geht es um unser Leben, also das von U., Shabundin und meiner Wenigkeit!

    @ Adam: Hi Adam,

    natürlich auf dem neuen Expressway – aber wen interessieren schon Verbote 😉 )

    LG

  4. Daniela says:

    140km/h war dort auch unsre Spitze. Mehr haben wir des verstreuten, bockigen Verkehrs wegen nicht geschafft. Man muss ja ständig abbremsen.
    Uns ist da mal ein unbeleuchtete Traktor entgegen gekommen – war aber nicht auf dem Highway sondern einem anderen, ich weiß nicht mehr wo. Über solche Momente kann man nicht nachdenken!

    Schön, dass ihr das mal gezählt habt. Sehr engagiert 😉

    LG
    Daniela

  5. Kerstin says:

    Fuer mich hoert bei diesem Thema der Spass einfach auf, weil es hier um Menschenleben geht, mit dem wahrscheinlich unbewusst (sonst waere es ja Absicht) gespielt wird. Als taegliche Autofahrerin in Bangalore kenn ich all die Geisterfahrer, Linksueberholer, Draengler, unbeleuchteten Vehikel auf meiner Spur und natuerlich die Cab-Fahrer, die immer im Kofferraum zu haengen scheinen.

    Noch nie habe ich ein Land gesehen, in dem so sehr ohne Konsequenzen permanent gegen alle moeglichen Regeln im Strassenverkehr verstossen wird. Wenn es dann mal (korruptionslose) Kontrollen gibt, zahlen sie laecherliche 200 oder 300 Rps und disktutieren noch ueber die Ungerechtigkeit (!!). Aus meiner Sicht sollten die Strafen so hoch sein, dass sich jeder zweimal ueberlegt, ohne Licht auf der Gegenspur zu fahren. Aber dafuer braucht man natuerlich engagierte Polizisten, die nichts weiter machen, als die Gesetze durchsetzen bzw. kontrollieren….

    In Deutschland werden die Regeln ja auch nicht eingehalten, weil wir alle so anstaendige Menschen sind, sondern weil die Strafen so empfindlich sind. Und zumindest ich fuer meinen Teil war immer zu geizig, um auf die Art die Staatskasse aufzufuellen. Sobald es also an den eigenen Geldbeutel geht, funktioniert’s naemlich.

    @Sarangiji, leider geht das mit dem permanenten Linksfahren auch nicht, weil links staendig alles vollgestellt ist oder gelangweilte Motorrad/Rikshawfahrer telefonieren. Slamlomfahren ist also angesagt, was nervig ist, weil nur ein zu vernachlaessigender Teil von freundlichen Autofahrern einen wieder zurueck auf die Mittelspur laesst.

    Das mit der Driving-License fuer lernende Autofahrer finde ich auch super daneben. Leute, die nur ein paarmal im Auto sassen, haben aus meiner Sicht auf der Strasse (noch) nichts zu suchen.
    Allerdings gibt es auch einen grossen Kreis von Nicht-Fuehrerschein-Inhabern (ohne Konsequenzen versteht sich), Fuehrerschein-Kaeufern (ebenfalls ohne Konsequenzen), so dass man sich ueber diesen alltaeglichen Wahnsinn nicht wundern muss.

    LG
    Kerstin

  6. sarangiji says:

    In Google earth sieht der expressway ganz vernünftig aus. Und nach wikipedia sind auch nur Fahrzeuge mit vier Rädern erlaubt und keine landwirtschaftlichen Traktoren. Also schon mal nix mit Kamelkarren und Mopeds. Wikipedia schreibt von neuen Paradigmen in Punkto Geschwindigkeit und Sicherheit. Zwei Stunden von Mumbai nach Pune.
    Letzteres stimmt mit Deinem Bericht überein (kommt immer drauf an, ob der Ausgangs- und Endpunkt in der jeweiligen Stadt liegt oder am Beginn des expressways). Über die Geschwindigkeiten haben wir ja schon diskutiert. Und Sicherheit, da hast Du uns ja auch aufgeklärt. Wikipedia bildet also eher die Theorie und nicht die Wirklichkeit ab.
    In Google Earth kann man ja auch schöne Landschaftsaufnahmen sehen von dem Gebiet, durch das der Expressway kreuzt. Da ist es natürlich schade, wenn man nachts fahren muss.

    Gruß
    Andreas

  7. jules says:

    @ Kerstin: Stimme Dir vollumfänglich zu! Drastische Strafen für real begangene Verkehrsdelikte wären sicher ein Weg, die Verkehrsteilnehmer zu disziplinieren. Hier aber geht es bisher leider ja immer nur ums Abgreifen von Bakshish, halt mal den obligatorischen 50 oder 100 Rupien-Schein, mit dem man sich herauskaufen kann. Das wissen die Leute natürlich:-(

    @ Daniela: Ja, hat Spaß gemacht, ist sozusagen eine Art Hobby von uns, um die ätzend späten Fahrten herumzukriegen, bei denen man eh wach bleibt, damit der Fahrer nicht mal wieder auf die Idee kommt, bei 140 km/h mit nur einer Hand am Lenkrad eine Vollbremsung zu machen, so ist er nämlich drauf. Seufz!

    @ Sarangiji: Der Highway an sich ist auch nicht das Problem, sondern das, was sich auf ihm bewegt, und wie es sich bewegt! Und die Strecke ist am Tag wirklich sehr schön, zumindest der Abschnitt durch die Western Ghats. Sehr malerisch!

    LG an Euch alle!

  8. Falk says:

    Hallo Julia,

    da hat sich ja der Schnitt mit den Rücklichtern dramatisch verschlechtert, seit wir das letzte Mal gemeinsam gezählt haben. Damals hatten wir ziemlich genau Drittel für die drei Kategorien. Oder habt Ihr nicht mehr so generös als Typ 2 gelten lassen, wie wir das damals gemacht haben. Das Drittel komplet beleuchtete hat sich nämlich nicht geändert.

    Liebe Grüße

    Falk

  9. jules says:

    Hallo Falk,

    nein, wir haben genauso bewertet, wie damals. Vielleicht hatten wir einfach damals einen besonders guten Tag oder bei dieser Zählung einen besonders schlechten, wer weiß?

    Lass und einfach weiterzählen, dann bekommt man irgendwann einmal eine repräsentative Aussage 😉

    Hoffe, Euch geht es trotz der Kälte gut in D und alle Weihnachtsgeschenke sind schon im Sack!

    Feiert schön und trinkt einen Glühwein für uns mit!

    Ganz liebe Grüße an Euch alle,

    Julia