No space for pretty young things and their lovers

Wohin gehst Du, wenn Du jung bist, Schmetterlinge im Bauch hast und Du mit Deinem Herzensmann oder der Herzensfrau einmal allein sein willst, zum Quatschen, Händchenhalten, oder vielleicht sogar zum Küssen? Denn mehr ist eh‘ nicht drin? Zum Üben, wie es ist, mit dem Anderen zu sein, ihn (oder sie) kennen zu lernen, die Art, wie er denkt, wie er spricht, wie er küsst – flüssiges Feuer im Bauch, oder sogar tiefer?

Klar, die deutsche Antwort lautet: Nach Hause. Zu ihm oder zu Dir, the choice is yours. Normal.

Das ist anders, hier in Indien, definitiv.

Gestern tobte ein Sturm der Entrüstung durch Pune‘s Lokalpolitik, denn hiesige Liebespaare wagen es, das kulturelle Erbe der Stadt mit ihren Unflätigkeiten zu beschmutzen: Die Ruinen des Shaniwarwada, das Vorzeigestück Punes aus der Peshwa-Ära im 18. Jahrhundert, wird nämlich von Liebespaaren heimgesucht! Da geht ein empörter Aufschrei durch sämtliche Parteien, denn der unselige Trend, sich an diesem stillen Ort zu treffen, um, wie es hier euphemistisch formuliert wird, ein wenig ‘quality time‘ miteinander zu verbringen, beschmutzt die Heiligkeit dieses einmaligen Platzes.

Also, ich hab mir das einmal angeguckt: Ein klobiges Steinportal und ein paar Mauern sind übrig von diesem großartigen Zeugnis geschichtsträchtiger Archtektur, und auch ein paar große Bäume haben die Stürme der Zeit überlebt. Ich habe damals nicht einmal Fotos gemacht: So nichtssagend fand ich, was ich an Mäuerchen vorfand.

Jetzt, an der Schwelle der Commonwealth Youth Games, die hier im Oktober abgehalten werden, ereifern sich die fürsorgenden Sittenwächter und befürchten einen Imageschaden für die Stadt, sollte das liederliche Lotterleben im kulturellen Garten Eden weitergehen: Was werden die internationalen Touristen denken, wenn so ein ungehöriges Benehmen an solch großartigem Ort passiert? Was, ja, was?

Was mich angeht, sie haben mein Mitleid, die Liebespaare. Mitleid, dass es den PYT‘s und ihren Lovern nicht mehr gestattet sein soll, die letzten Refugien der Privatsphäre ausserhalb des Zugriffs von Müttern, Schwestern, Brüdern und sämtlichen Anstands-Wau-Waus zu besuchen, um ein paar Stunden ‘quality time‘ miteinander zu verbringen. Denn jetzt wird sogar die Verhängung drakonischer Bussgelder gegen Liebespaare im Shaniwarwada erwogen – der nächste Park mit einigermaßen stillen Winkeln ist weit. Wohin also gehen, wenn man mal allein sein möchte?

Da gefällt doch der folgende Vorschlag von Ujiwal Keskar, Korporator (was immer das ist), von BJP: Er fordert einen Lover‘s Park in Pune, ein Gelände, gewidmet den jungen Liebenden der Stadt. Natürlich verlief dies Ansinnen ungehört.

Trotzdem besteht Hoffnung: Als ich heute bei Dorabjees im Wine-Shop einkaufte, kam ein junger Smart-Guy herein und kaufte zwei Bacardi-Breezer, zum Mitnehmen, geöffnet. Dabei guckte er ziemlich verträumt. Und die zweite Flasche war bestimmt nicht für seinen besten Kumpel: Shaniwarwada und andere Bollwerke der Sittenwacht are still in lovers hands.

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2 Responses to “No space for pretty young things and their lovers”

  1. Daniela says:

    Betrachte das mal von der Seite der Politiker, deren rund-gefressene Frau zu Hause sitzt und keinen Bock hat, weil in Indien hat man ja nur Sex zum Kinder machen, und wenn die fertig “gemacht” sind, ist halt Sense. Da kann schon Neid aufkommen, wenn junge Paare noch knackig und verliebt sind. 😉

    Ähnliches gibts auch in Mumbai, aber da kommt die Polizei mitunter gleich mit dem Schlagstock und das Paar wird aufs Revier mitgenommen. Dort ergeht es ihnen dann nicht gut. In Meerut (einer “Klein”stadt in Nordindien) wurden sogar mal Paare in einem Park verdroschen. Und in ganz Mumbai wurden Eine-Person-Bänke aufgestellt, nachdem man die Zwei-Personen-bänke in Parks entfernt hat. Verrückt ist das.

    LG
    Daniela

  2. jules says:

    Hi Dani,

    Ein-Personen-Bänke? HiHiHi, wenn es nicht so traurig wäre, würde ich lachen. Kann man darauf zu Zweit sitzen, wenn man sich aneinander quetscht? Das wäre toll!

    Dass Indien keine liberale Familienpolitik verfolgt, war mir schon klar.
    Aber dass so viel Angst vor Werte- und Kontrollverlust das Handeln der Politiker prägt, spricht Bände.
    Prüdes Indien!

    Ist es jetzt auf dem Weg der Veränderung? Und wenn ja, in welchem Maß? Oder werden die heutigen PYT‘s und ihre Liebhaber widerum ihre Kinder in zwanzig Jahren aus schattigen Parks vertreiben lassen, weil sich das nicht gehört?

    Hmmm, spannend!

    LG
    Julia