The indian craze.

Ok. Ich habs getan. ICH HABE MIR EIN MOTORRAD GEKAUFT. Ich bin verrückt genug, um mit einem Zweirrad durch den 5,5 Millionen-Moloch zu wedeln und ich hoffe, dass sich dieser Mut (oder diese Tollkühnheit, ist Auslegungssache) nicht als kapitaler Fehler erweist.

Leider kann ich im Moment noch keine Fotos von meiner Neuanschaffung ins Netz stellen, weil mir die liebe, liebe indische Bürokratie ein paar Steine in den Weg legt. Ich bin nämlich Ausländer. Und Ausländer können nicht mal so eben ein Fahrzeug auf sich zulassen. Von der Zulassung widerum hängt aber die Auslieferung an mich ab, weil man hier Motorräder in der Regel inklusive einem Jahr Steuern und Versicherung kauft. Und der Händler sich um die Zulassung kümmert. Erst dann kann ein Bike ausgeliefert werden.

Um das Ganze mal zu verdeutlichen:

Das sind die Unterlagen, die ein indischer Staatsbürger für die Zulassung seines neu gekauften Motorrades beibringen muss:

indian´s-list-to-register

Hübsch übersichtlich, oder nicht? EIN Dokument, nicht mehr.

Und DIES ist die Liste der Unterlagen, die man als Ausländer beisteuern muss, damit alles seine Ordnung hat:

foreigners-list-to-register

Die ist schon ein bisschen länger: Foto und Identitätsnachweis sind verständlich. Pass mit gültigem Visum auch. Gemein fängt es dann aber an zu werden, wenn Du von der Firma Deines Göttergatten eine Bestätigung brauchst, dass sie mit dem Kauf eines Motorrades in deinem Namen einverstanden sind, eine Elektrizitätsrechnung auf Deinen Namen nachweisen muss (hat bei Mietverhältnissen kein Mensch, noch nicht einmal Inder), das zertifizierte Rental-Agreement, also den registrierten Mietvetrag vorlegen musst, Dein RFO-Papier (die Aufenthalts-Genehmigung) und eine Bescheinigung Deiner nächstgelegenen Polizeistation, dass Du wirklich da wohnst, wo Du zu wohnen angibst und dass Du auch ein Recht hast, dort zu wohnen. Da fängt es an, ins Lächerliche abzugleiten, weil Du für denselben Sachverhalt ungefähr zehn verschiedene Schriftstücke beibringen musst, die überhaupt nichts, ÜBERHAUPT NICHTS, anderes aussagen, als z.B. Dein Residential Permit. Nur damit Indien dem unglaublichen Wust seiner Bürokratie weitere Ordner einverleiben kann, die in den nächsten 50 Jahren eh keiner mehr anguckt. Ach so, und dann muss man die ganzen Schweine-Papiere auch noch im Collectors Office beglaubigen lassen (Affidavit), eine Veranstaltung in einer alten Baracke, bei der ich gestern nach einer halben Stunde am Ende der unendlichen Schlangen schwitzender, streitender Inder, die alle dasselbe wollten, wieder herausgekippt bin – unverrichteter Dinge, natürlich. Ich fuhr zu meinem Motorradhändler zurück und fragte ihn als erstes, ob er mich umbringen wolle, oder was das denn solle. Hätte er mich nicht besser auf den Kampf vorbereiten können?

Ich naives Schaf hatte ja keine Ahnung, dass mich bei einer staatlichen Notariatsstelle ein hundertfacher Gladiatorenkampf bei 50 Grad Celsius erwartet.

Erschwerend kommt bei mir hinzu, dass ich mich momentan illegal im Land aufhalte, aber nicht etwa, weil wir uns nicht rechtzeitig um die Visumsverlängerung gekümmert hätten – der Antrag läuft seit einem halben Jahr. Nein, weil es die indischen Behörden einfach nicht gebacken bekommen. Also ist das Visum im Pass und der RFO abgelaufen – und ich muss nachweisen, dass der Extension-Prozess auf dem Weg ist.

Haryaa! (Was so viel heißt, wie: Mensch, was für ein Nerv!)

Sie können einen mit dieser Bürokratie in den Wahnsinn treiben und manchmal vermute ich, dass sie das absichtlich tun.

Wir werden sehen. Heute jedenfalls hat Shravan hoffentlich das letzte Stück Papier, das noch in meiner Sammlung fehlte, dem HR-Mann der Company aus der Nase gezogen und morgen geht es hoffentlich an die Erledigung der notariellen Beglaubigung. Und so Gott will, oder Ganesh, oder Shiva oder Laxmi, ist dann der Weg für die Zulassung geebnet. Um Helge Timmerberg zu zitieren: “Er liebt, was er sieht, und das macht die Straße für ihn frei.”

Das gilt allerdings nicht für die indische Bürokratie.

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8 Responses to “The indian craze.”

  1. Jenny1978 says:

    Hi,
    ich glaube das hätt ich dann lieber verzichtet…
    Wieso kann denn dein Mann das nicht für dich machen? Wäre das nicht einfacher?
    Ich bin eh kein Motoradfan da meine Tante beim Unfall ein Bein verloren hat….aber jedem das seine 🙂

    Gruß Jenny

  2. Bernd Symons says:

    Vermutlich hat Deine Hautfarbe bei den Temperaturen die Farbe des 1000-Rupienscheins angenommen 😉 Indische Schergen werden oft ungemein kreativ, wenn sie so was sehen. Es werden neue Bedingungen geschaffen, die nur eines zeigen: Man will nur Dein Bestes. Dein Geld.

    Jetzt musst Du vermutlich beim Vorgesetzten einen neuen Sachbearbeiter kaufen…. (Achte auf Sonderangebote!)

    Du wirst das schaffen! Denn wer den indischen Verkehr schon einige Jahre kennt und trotzdem den Mut aufbringt, selbst zu fahren, den werfen solche lächerlichen Hürden nicht von der Bahn. Ich habe schon Daniela bewundert, die in Mumbai mittlerweile Auto fährt – aber Du setzt mit dem Bike ohne jegliche Kn(a)utschzonen glatt noch einen drauf!

    Da Du damit wiederum dokumentierst, dass Du total indianisiert (dots, not feathers) bist, gibt es sicher bald ein Foto von Dir mit 5 Beifahrer(innen)…

    I keep fingers crossed!

  3. jules says:

    @ Jenny: Ich bin mir des erheblichen Risikos ziemlich bewusst. Dennoch freue ich mich auf die Mobilität – unabhängig, ohne Fahrer.
    Und für U. wäre es das gleiche Prozedere: Auch er ist Ausländer, also diskriminiert, zumindest seit den Anschlägen in Koregaon Park. Leider wäre es auch für ihn nicht einfacher, auch wenn er derjenige ist, der hier Geld verdient. Wir sind alle gleich – eben Nicht-Inder. Und damit verdächtig und der besonderen Überprüfung wert. Was soll´s!
    Aber ich werde vorsichtig sein – nach zwei Jahren Autofahren im Straßenverkehr hier, meine ich, die Risiken beurteilen zu können… Wir werden sehen!

    LG
    Julia

    @ Bernd: Dies war der zweite Tag, den ich in Sachen Motorrad-Zulassung unterwegs war: Ich werde darüber noch schreiben, aber soviel vorab: Wenn Du in Indien etwas erreichen willst, dann lachen die Rupien-Scheine; dies war das erste Mal, dass ich bewusst einen Agenten verwendet, also “Bribe-Money” bezahlt habe… Aber darüber schreibe ich noch.
    Und wenn Du ein Foto erwartest, bei dem ich mit fünf Beifahrern abgelichtet bin, dann muss ich Dich leider enttäuschen: Ich bin gestern die Honda Karizma Probe gefahren und so ein kleiner Werkstatt-Inder meinte, er müsste mich auf meiner Probefahrt als “Schweinehälfte” begleiten – NIX DA! Ich kann Motorrad fahren und ich brauche gewiß kein Begleitgewicht, nur weil es außerhalb des indischen Vorstellungsvermögens liegt, dass Frauen Motorrad fahren können. Der flog gleich wieder runter!

    Thanks for keeping fingers crossed!
    Julia

  4. tomX says:

    Julchen, Du bist verrückt!! Aber das wußte ich ja schon immer. Dich zu toppen schafft nur die indische Bürokratie. Dies aber mit Bravour!

  5. Uwe says:

    Live to ride, ride to live

    ride save and straight

  6. ruuuuhig bleiben und nichts hinterfragen!
    ich find das mit dem motorrad gut, würde ich mir hier in mumbai allerdings nicht zutrauen.
    aber lernen wollt ichs immer schon mal…;)
    viel erfolg!

  7. Daniela says:

    Wenn die Visumsverlaengerung schon so lange laeuft, du aber keinen dieser “Extension under consideration” Stempel hast…. Wie konntest du dann ausreisen? Du warst doch kuerzlich in Dt.
    Na ja…. die Buerokratie. Das mit dem fehlenden Namen auf der Stromrechnung aergert mich jedes Mal. Ich habe ueberhaupt keinen Nachweis darueber, dass ich wohne, wo ich wohne, da Mietvertraege irgendwie immer mit schiefem Auge betrachtet werden. Weiss der Geier, warum das so ist, wo er doch registriert ist.

    … Da ich aber schon das Foto des neuen Prachtstueckes in einem neuen Beitrag gesichtet habe, ahne ich, dass du schlussendlich erfolgreich warst. Bin ja gespannt, wie das gelaufen ist….

    LG
    Daniela

  8. micha says:

    hi,
    ich hab das prozedere in thailand erlebt, war aber net so schwierig wie in indien, eine woche hab ich gebraucht, dann war mein hondamotorroller auf meinen namen zugelassen, mit der wohnadresse meines damaligen guesthouses, das ich danach nie wiedergesehen hab.
    dann mit dem motörchen durch cambodia, dann laos. immer wieder residenten, die unkten, das ginge auf gar keinen fall und dann gings doch.
    diesen winter wäre indien mein traum, vielleicht einreise per schiff, durch burma scheints ja net möglich zu sein. hoffe dass die indische bürokratie mit einem zugelassenen bike nicht so krass umspringt.
    mir gehts genauso wie dir, will immer alles alleine entdecken, kann reiseführer , busse nicht ertragen, dadurch viele erlebnisse und freundschaften, die normalsterblichen touris verschlossen bleiben.
    greets
    micha