Als Gott Gott spielte.

 

morgenstimmung

Als Gott den Himalaya erschuf, hat er in die ganz große Trickkiste gegriffen. Oder aber er war gerade auf Ecstasy, hat sich den Mond näher angesehen und dabei festgestellt, dass er das Projekt ganz gut hinbekommen hat: “Junge, das habe ich aber fein angestellt. Das mach ich jetzt auf der Erde genauso so!”, mag er sich gesagt haben und nach einem Moment des Zögerns und der gerunzelten Stirn stach sein großer, behaarter Zeigefinger dorthin, wo sich heute Nordindien befindet und zog eine göttlich-gigantische Fingerspur durch den prähistorischen Matsch gen Osten, bis sich gewaltige Berge aufhäuften und tiefe, steile Täler abfielen, in denen Flüsse strömten und sich das Sonnenlicht gleißend mit der Erde vereinte.

Und dann hatte Gott eine glänzende Idee: Der alte weise Mann pumpte seine Lungen voll Luft und blies eisigen göttlichen Odem über das frischgeborene Land und er beschloss, dass es dort kalt werde und unzugänglich, denn Gott hatte einen Plan: Dies Gebiet sollte nur für die Götter sein, respektive für ihn, ein exklusives Gottesresort sozusagen, und die Menschen, diese fiesen kleinen Ameisen, die er in einer Stunde der Schwäche geschaffen hatten, sollten draußen bleiben, Om, Inshallah und allen Gebeten zum Trotz.

Aber die Menschen, diese nichtsnutzigen, ehrgeizigen Finsterlinge ließen nicht locker, und so kam es, dass mehrere Millionen Jahre nach diesem Schöpfungsakt, oder 2000 Jahre nach menschlicher Zeitrechnung, als Gott alt und abgezehrt schon längst auf einer ausgeleierten Couch lag und sich fragte, was er falsch gemacht hatte, die Menschen ameisengleich den Himalaya für sich erobert hatten: Stück für Stück hatten sie kleine Wege in das göttliche Refugium gefressen, die sie Straßen nannten und langsam, ganz langsam kamen sie dem Ort näher, an dem Gott auf seiner Couch lag und zu sich selbst betete, dass sie es nie schaffen würden. Leider hatte Gott nicht mehr viel Kraft und so konnte er seine Gebete nicht erhören. Und deshalb, ja deshalb, waren die Menschen jetzt auch dort angekommen, in dem Land der Götter, dem Himalaya.

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Wir starteten um 5.30 Uhr in Jispa, froh, das Eisloch, das sich Hotelzimmer nannte, wieder verlassen zu können. Wir hatten abermals Glück: Als wir irgendwann am Morgen am 4950 Meter hoch gelegenen Baralacha-La-Pass ankamen, hatte der Schneefall aufgehört, die Straße war passierbar, eine Spur war freigeräumt. Damit war unsere größte Sorge (und unser größtes Hindernis) ausgeräumt, denn ab dort begann die trockene Hochebene von Ladakh, so dass nach dem Passieren des Passes klar war, dass wir weiterkommen würden.

Für alles weitere fehlen mir jedoch die Worte. Man kann nur sagen, Gott, der alte Mann, hat in jungen Jahren seine Sache gut gemacht, denn was wir dann an Landschaft zu sehen bekamen, entzieht sich jeder Beschreibung, jedenfalls mit den Mitteln eines Ameisenverstandes.

Ich könnte jetzt sagen, die zwölfeinhalbstündige Tour über Sarchu, die Gata-Loops, die unendlichen Weiten der Hochebene zwischen Sarchu und dem 5060 Meter hohen Lachlung-La, und der zweithöchste, befahrbare Pass der Welt, der Tanglung-La, mit seinen 5602 Metern sei atemberaubend! gewesen, gigantisch! oder ähnlichen Quatsch. Ich sage nur soviel: Sie hat mir die Klappe gestopft und ich habe die zwölfeinhalb Stunden, bis wir in Leh ankamen nichts anderes getan, als a) zu fahren, b) zu starren, c) wild mit dem Finger um mich zu zeigen, d) meine Wachsbeine zu verwalten beim Pinkeln am Straßenrand. Auf 5000 Metern bewegst Du Dich eben nicht mehr so wie in der norddeutschen Tiefebene. Und zu fotografieren.

Auch wenn angesichts der Dimensionen des Gesehenen Fotos von einer Größe 500 x 335 eine geradezu lächerliche Abbildung darstellen, poste ich die Bilder jetzt, damit ich das Thema vom Tisch bekomme. Eine andere technische Lösung haben wir leider noch nicht gefunden, beim Update von wordpress ist da leider Einiges in die Grütze gegangen, trotz erheblicher Bemühungen, größere Bilder einbinden zu können. Viele Details, die eigentlich den Witz der Bilder ausmachen, die winzig kleine Schafherde vor einem gewaltigen Hang zum Beispiel, oder stecknadelkopfgroße LKW´s auf der Hochebene, gehen dabei verloren.

Und dennoch bin ich der Ansicht, dass die Bilder wenigstens eine Idee von dem vermitteln, was einen im Himalaya erwartet. Wir haben uns vorgenommen, die Tour nächstes Jahr wieder zu fahren, aber auch auf der Hochebene zu übernachten, was wir diesmal aus Angst vor der Höhenkrankheit vermieden haben. Aber wenn mich die AMS nächstes Jahr erwischt, kotze ich wenigstens Gott in den Schoß. Ich weiß zwar nicht, was der alte Mann dazu sagt, aber das ist mir dann auch egal. Enjoy.

Der Baralacha-La:

mountainridge

tal-am-baralacha-la

on-the-road-1

see-am-baralacha-la

anfahrt-zum-baralacha-la

baralacha-la

steinmaennchen-am-baracha-la

hoehe-am-baralacha-la

Auf dem Weg nach Sarchu:

the-road-to-sarchu

schafherde-auf-dem-highway

paradise

pinnacles

sandnadeln3

sandnadeln2

schafe-vor-gewaltigen-haengen

felstor

leh-highway2

flusstal

Sarchu-Camp:dhabas-in-sarchu

in-einer-dhaba

leh-251-km

camps-at-sarchu

Staubwirbel in der unendlichen Weite der ladhakischen Hochebene:

staubhose

Ein LKW zieht seine einsame Bahn:

hochebene

Die 21 Gatas (Serpentinen) vor dem Lachlung-La:

21-gatas

lachlung-la2

lachlung-la

Toiletten-Häuschen in Pang:

toilets-in-pang

himalaya-range

Tanglang-La, der zweithöchste, befahrbare Pass der Erde:

tanglang-la

gebetsfahnen-am-tanglang-la

waechter-am-tanglang-la

tanglang-la-stein

abfahrt-tanglang-la

Und, endlich, Leh:

leh-panorama

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6 Responses to “Als Gott Gott spielte.”

  1. Anna says:

    Hallo Julia,

    seitdem mir meine Mutter deine Seite hier gezeigt hat, lese ich seit vielen Wochen immer total gespannt deine Einträge und bereite mich auf meine 3 Wochen Indien vor, die jetzt endlich am 7. Oktober anfangen. 😉

    Als ich jetzt diese Bilder gesehen habe, dachte ich mir ich muss dir schreiben und dir mitteilen das ich dich MEGA ARG für diese Bilder beneide! Das alles mit eigenen Augen zu sehen muss gigantisch sein!!

    Ich wünsche Euch alles Gute und kommt gesund und munter vom Berg wieder runter 🙂

    Liebe Grüßli aus Frankfurt am Main

    Anna

  2. Mango says:

    Hallo Julia,
    da möchte ich mich gerne einmal mitten auf die Straße legen. Auf einem Abschnitt in einem Tal, wo die Berge links und rechts aufragen, und der Himmel über mir schwebt. Ich würde träumen und tief tief durchatmen und all die Kraft und Magie der Umgebung einsaugen und danach Gewißheit erlangen, dass ich mein Minileben für den Rest locker leicht meistern werde.

    Schade, dass ich momentan ein wenig knapp an Reisezeit bin….aber noch ist nicht aller Tage Abend und erstmal reise ich schließlich nach Udaipur…..

    Liebe Grüße
    Mango

  3. Steffi says:

    WOW! Wahnsinn! Irre! BOAH!

    … mir fehlen die Worte!

  4. Sabine says:

    Hallo Julia,

    danke fuer diese herrlichen Eindruecke. Traumhaft, wirklich unglaublich!
    Kommt bitte trotz alledem gesund und munter wieder!
    LG
    Sabine

  5. gast says:

    der bericht,die bilder…einfach nur espactucular!

  6. jules says:

    danke!

    und: gern geschehen.

    julia