Archive for December, 2008

Deutschland, Deine Tugenden.

Thursday, December 11th, 2008

Merkwürdig genug, dass man zu allen Dingen erst einmal ein wenig Abstand braucht, um sie zu schätzen.

Als ich Deutschland vor neun Monaten verließ, hing mir alles zum Hals raus: Das misepetrige Wetter, die gedrückte Stimmung der Menschen, die ewig schlechten Nachrichten, die hohen Sprit-und Energiepreise, die Mega-Supermärkte, die Sinnlosigkeit unserer Konsumgesellschaft, die Gleichförmigkeit meines Alltags.

Die vergangenen Tage zeichnen erfreulicherweise ein anderes Bild:

1. Kommuniktion: Ich freue mich, dass ich endlich mal wieder vernünftige Gespräche führen kann, UND ZWAR MIT JEDEM, ohne dass sich mein Gegenüber fragend am Kopf kratzt, wie es viele Inder gerne tun, wenn sie ratlos sind. In der Biologie nennt man das Übersprungshandlung. Die ist hier in Deutschland entbehrlich: Jeder spricht Deine Sprache, jeder versteht, was Du willst, warum Du es willst und wie Du es willst. UND WIE SCHNELL DU ES WILLST. Man muss die einfachsten Sachverhalte nicht dreimal wiederholen nur um in ein verblüfftes Gesicht zu schauen. Man darf in ganzen Sätzen sprechen und sogar einen erläuternden Nebensatz einschieben und wird trotzdem verstanden. Wow! Man kommuniziert auf gleicher Augenhöhe. Das ist sehr angenehm.

Where a cold wind blows…

Tuesday, December 9th, 2008

Deutschland, um die Null Grad, kalte, saubere Luft. Straßen, über die weder Hühner, Büffel, Kühe, Ziegen, Schafe und Hunde laufen, noch fünfspuriger Verkehr auf einer zweispurigen Straße, alles läuft geordnet, die Fahrzeuge auf der Autobahn sind alle bemerkenswert neu, sauber und groß, kein Mensch kackt an den Straßenrand (und schläft dort auch nicht) und es ist merkwürdig still hier.

Meine Seele hängt noch irgendwo zwischen indischem Chaos/indischer Lebendigkeit und den Eindrücken, die am Fenster des Audis vorbeifliegen: Kahle Birkenhaine im winterlich-fahlen Morgenlicht, leere Felder über deren Senken sich Nebel sammelt, ein einsamer Falke auf einem Zaunpfahl an der Autobahn, eine Gruppe Rehe, die vor einem Nadelwaldstreifen äst – wir sind zurück in good old Germany, das sich nicht verändert.

Geteilte Schönheit ist doppelte Schönheit

Thursday, December 4th, 2008

Viel Zeit zu Hause: Mein Sorgenkind Kalu verlangt rund-um-die Uhr-Betreuung mit vielen kleinen Portionen gekochter Hühnerbrust und Reis und anderen Leckerlis um seinen angeschlagenen Organismus wieder in Ordnung zu bringen. Da grüßte mich heute morgen diese Seerose, wie um zu sagen: “Lächel mal wieder – Das Leben ist so schön!”

Kalu, der Küchenhund.

Thursday, December 4th, 2008

Ich weiß nicht, was es ist, was die Magie eines Hundes ausmacht: Ist er der charakteristische Pfötchengeruch, ein bisschen Schweiß, viel Hund? Ist es das seidige, hellbraune Fell, das so gut nach Baby riecht? Ist es das Paar schwarzer Knopfaugen, das Dir so völlig ohne Argwohn mitten ins Herz sieht, voller Vertrauen, voller Zuversicht, denn das ist alles, was ein Hundewelpe kann? Sind es die langen schwarzen Wimpern und die Barthaare, oder ist es das rosa Bäuchlein, das Dir entgegengestreckt wird, damit Du es kraulen kannst?

Es ist auch völlig egal, was es ist: Ich bin verliebt, denn ich fand Kalu. Oder fand er mich?

Auf jeden Fall bin ich am letzten Samstag im letzten Tageslicht mit meinem Fahrrad durch den Koregaon Park gestreift – absichtslos, nur dabei, ein wenig indisches Alltagsleben zu genießen, den Kopf frei zu bekommen beim Fahrradfahren – zuviel ist passiert, vergangene Woche, U. war immer noch nicht da und ich hatte den ganzen Tag vor dem Rechner gesessen – also: raus!