Archive for the ‘Indien philosophisch’ Category

…Und sie können niemals, niemals leise sein.

Saturday, August 2nd, 2008

O.K. Eigentlich hatten wir etwas ganz Harmloses geplant am vergangenen Sonntag. Wir fuhren zu den Karla Caves zwischen Mumbai und Pune, genauer gesagt in Lonavala gelegen, in den Bergen, nicht besonders hoch, ca. 600 Meter. Derartige Enklaven sind vor allem für geschichtsbegeisterte Personen interessant, denn es handelt sich um schlichte Steinhöhlen, die einst vor 2100 Jahren von Buddhisten in die Felsen gehauen wurden und einen Tempel und diverse Einsiedler-Klausen beherbergen. Ihre Blütezeit erlebte diese indische buddhistische Kultur so etwa um Christus‘ Geburt, zeitgleich mit der berühmten Felstempel-Architektur von Ajanta und Ellora. Soweit, so gut.

Ich hatte mich also auf eine geruhsame, bedächtige, vielleicht sogar etwas langweilige, zumindest aber meditative Erfahrung eingestellt, mit ein paar einsam wandelnden Studienräten als Touristen, Dumont-Reiseführer (oder internationales Pendant) in der Hand, ihre Kunsthistorikerinnen-Gattinnen am Arm. Dachte: ‘Julie meditiert ein wenig in einer leeren, stillen, buddhistischen Höhle‘, so in etwa. Hatte sogar überlegt, ob ich mein Kissen mitnehme. Pah! Welch Irrtum, wie weit entfernt von der Realität!

This is what India is about

Sunday, June 29th, 2008

Manoj hatte mich gewarnt: “Tomorrow, Madam, you won‘t get anywhere in Pune – all the streets are going to be jam packed! There‘s going to be a big palkhi.” Ich fragte nach: Was ist denn so ein palkhi? Wem zu Ehren? Und warum? Manoj murmelte etwas von Sant Tukaram, ich dachte: “Häh?” Er konterte mit: “Someone like Sai Baba!” Das verstand ich. Sai Baba ist einer von Indiens berühmtesten selbsternannten Heiligen, ein Wundertätiger.

Aber lebte denn dieser Tukaram noch, kam er persönlich, oder was rechtfertigte den zu erwartenden Menschenauflauf? “No, no, he‘s dead”, sagte Manoj und schüttelte den Kopf. Ein Palkhi könne man nicht erklären, das sei eben ein Palkhi, es gebe nichts Vergleichbares in der westlichen Welt. “Dann müssen wir dahin, Manoj!”, sagte ich und erntete ein zweifelndes Lächeln von der Fahrerseite. Ich sah zufrieden und ein wenig selbstgefällig aus dem Fenster: Das wird schon nicht so schlimm sein, dachte ich mir, eben eine der üblichen indischen Übertreibungen.

an early morning walk

Tuesday, May 6th, 2008

Glücklicherweise leide ich seit meiner Ankunft in Indien an Schlafstörungen. Diese Tatsache versetzt mich als frühere Nachteule in die Lage, gelegentlich schon morgens um 7 Uhr das verschlafene Assaichen (“was willst Du jetzt von mir?..”) zu schnappen und die halbwegs frische Morgenluft (nur 31 Grad Celsius) für einen Spaziergang entlang schattiger Alleen zu nutzen, deren Bewohner noch nicht zum öffentlchen Leben erwacht sind, nicht mal die Streuner. Es herrscht also für indische Verhältnisse Ruhe und manchmal kann ich es wagen, Assaichen einmal für eine ca. 300 Meter lange Strecke von der Leine zu lassen, ohne zu riskieren, dass er überfahren wird oder sich die wilde Hundemeute von nebenan auf ihn stürzt.

Heute also bin ich mal wieder früh dran und mit mir ein paar weitere early-morning-birds, zumeist ältere Bewohner von Pune, die diese stillen Stunden für ihren Morgensport nutzen, oder zumindest für das, was Inder darunter verstehen – gemäßigt schnelles Gehen. Und dann passiert mir an diesem viel zu frühen Morgen ein kurzes Gespräch, das einem so nur in Indien passieren kann und wofür ich dieses Land liebe, Reflektionstiefe eingeschlossen: