Archive for the ‘indische Gesellschaft’ Category

New Life

Friday, July 24th, 2009

Ich weiß nicht, warum Inder, wann immer sie in der Regenzeit einen Wasserfall sehen, aus dem Häuschen geraten. Und zwar total. They go totally bananas. Nuts!

Wann immer ich mich außerhalb Punes bewege, um mir das ach-so-grüne-Grün der frischgepflanzten Reisfelder anzusehen, oder die zum Bersten gefüllten Staudämme, oder die frisch erstarkte Natur inklusive der allgegenwärtigen Wasserfälle – nun die Inder sind schon da: Und zwar unter den Wasserfällen. Ganze Großfamilien picknicken UNTER den kalten Wassermassen, die die Ausläufer der Western-Ghats herunterrauschen und alles strahlt, jauchzt und jubiliert, wenn die nassen Saris an die kalten Körper klatschen. Deren einziger Wärmespender nach dem Bad ein schwarz verbrannter Maiskolben vom Maiskolben-Wallah next door ist, der geschäftstüchtig direkt NEBEN dem Wasserfall seinen Erdloch-Grill eröffnet hat.

Das muss so sein, das ist Tradition, das muss man nicht verstehen. Manche Dinge sind eben, wie sie sind. Versteh einer die Inder!

Don´t mess with Indian Gods

Friday, July 10th, 2009

Die Macht gehört den Multinationals. Normalerweise sind weltweit operierende Unternehmen, die Trittbrettfahrer der Globalisierung, kaum durch etwas zu stoppen. An Indien hat sich jedoch jüngst eines der Schwergewichte dieser Unternehmenskultur die Zähne ausgebissen – ironischerweise eine Kette, die Fast-Food vertreibt:

Burger King hatte es gewagt, bei einer kleinen Anzeigenkampagne in Spanien die indische Göttin Lakshmi auf einen Burger zu setzen und diesen als heiligen Snack – La Merienda es Sagrada- zu bezeichnen. Weit sind sie damit allerdings nicht gekommen: Kurz nach Verbreitung der Poster in gerade einmal drei (!) spanischen Gaststätten liefen die Hindu American Foundation und die nationalistische Hindu-Partei BJP Sturm gegen die als geschmacklos empfundene Kampagne, die eine hinduistische Gottheit für den Verkauf und den Verzehr fleischhaltiger Nahrung einsetzt – ein striktes No-Go für strenggläubige Hinduisten. Keine Fleischlappen für Lakshmi.

Burgerking knickste und zog die Kampagne unter Entschuldigungen zurück: “Wir hatten nicht die Absicht, jemanden zu verletzen”, sagte Pressesprecherin Denise Wilson für Burger King.

Love´s the only thing that´s (for) free

Tuesday, July 7th, 2009

Gerade bekam ich Besuch von einem lieben indischen Freund, nennen wir ihn: X.

X ist einer der wenigen, der letzte Woche den Fall von Sektion 377 gefeiert hat, denn X ist schwul. Wir fingen an zu reden und natürlich fragte ich ihn, wie denn jetzt das Lebensgefühl sei, als freier schwuler Mann, in der Ära Post-377-Penal-Code. Er sagte: “Juli, ich erzähle Dir jetzt mal eine kleine Geschichte, wie ich mich all die Jahre gefühlt habe und wie es so war, in Indien, bis vor einer Woche:

Weißt Du, ich war vor ein paar Jahren mal auf einer schwulen Party und da gab es einen Jungen, der mir ziemlich gut gefiel und ich ihm wohl auch. Auf jeden Fall beschlossen wir, Sex zu haben, für uns, allein. Also gingen wir und suchten uns eine dunkle Ecke unter einer Brücke, als wir auf einmal Trillerpfeifen hörten. Ich bekam Angst, mein Lover auch, und hastig zogen wir uns halb an, als auch schon mehrere Polizisten die Kegel ihrer Taschenlampen auf uns richteten und uns abführten, aufs Revier.

Ein weiter Weg. Noch immer.

Monday, July 6th, 2009

Endlich. Endlich frei.

In einem Grundsatzurteil des Delhi High Courts wurde Sektion 377 des indischen Strafgesetzbuches vergangenen Donnerstag für verfassungswidrig erklärt, der homosexuellen Geschlechtsverkehr unter Erwachsenen auch in privaten Räumen unter drakonische Strafe gestellt hatte. Bislang konnten Homosexuelle für den in Sektion 377 als widernatürlich kriminalisierten Verkehr mit einer zehnjährigen bis lebenslangen Haftstrafe bestraft werden, auch wenn de facto während der letzten 20 Jahre keine Verurteilungen mehr ausgesprochen wurden. Dennoch: Homosexuelle blieben erpressbar.

Das hat nun ein Ende, wenn es nach dem Willen der Richter geht, die deutlich machten, dass das Gesetz die verfassungsmäßig garantierten Rechte der persönlichen Freiheit und Gleichheit verletze sowie das Verbot von Diskrimierung.

Willkommen im 21. Jahrhundert, Indien.

Ich hätte Freudenfeuer erwartet, lachende, tanzende Menschen allerorten, die diesen wichtigen Schritt Indiens in eine ernst zu nehmende Demokratie feiern. Es hat nicht sollen sein.

The story hasn´t ended here. Yet.

Wednesday, July 1st, 2009

Ich hatte mich gefragt, wie lange es dauern würde, bis Schwierigkeiten auftreten würden. Schwierigkeiten, die mit Sha- anfangen und -bundin aufhören. Nun, es dauerte nicht lange. Heute morgen sprach mich Kailash an: Ein grauhaariges muselmanisches Männlein, das ca. 40 Kilo wiegt, bei uns in den Carports wohnt und für Shabundin unser Auto gewaschen hat. Normalerweise ist das Sache der Fahrer, ist Teil ihres Jobs. Aber Shabundin zog es vor, sich nicht die Finger schmutzig zu machen – Kailash war der Mann für die Dreckarbeit. Shabundin hat Kailash für vergangenen Monat nicht bezahlt, natürlich nicht. Also tat ich es.

Vor einer Stunde dann klingelte es abermals an der Tür: Sunil, der Fahrer von Kishore, unserem Nachbarn und Vermieter: Shabundin hätte 2000 Rupien Schulden bei ihm und hätte versprochen, es von diesem Monatsgehalt zu bezahlen. Ob wir ihn schon bezahlt hätten?

Another Welcome (and Goodbye).

Wednesday, July 1st, 2009

Ach, wie ich Indien liebe!

Ganz besonders fällt mir das auf, wenn ich verschwitzt und übernächtigt um 3.50 Uhr aus dem Flieger in die Arme der absurden indischen Bürokratie kippe, die sich zur Vermeidung der Influenza einen besonderen Spaß ausgedacht hat: Alle Passagiere werden noch vor der Immigration abgefangen und einer Zwangsuntersuchung unterzogen: Zwei dickwangige, rundbäuchige Gesundheitsbeamte thronen feixend hinter zwei provisorisch aufgebauten Tischen unter einem Transparent (“medical examination”) und genießen es sichtlich, den Passagieren von ihren Assistenten schmuddelige Thermometer in die Ohren stecken zu lassen: Wer Fieber hat, darf nicht passieren, sondern landet im Gefängnis, das sich als Quarantäne-Station der staatlichen Hospitäler tarnt: Gehen Sie direkt ins Gefängnis, gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie nicht 4000 Mark ein. Los. Stopp. Schade. Vorbei. Das Grauen wartet am Airport.

Glücklicherweise hatte ich gestern kein Fieber, trotz meiner fetten Erkältung. Gottseidank. Sonst hätte sich den Beamten sicher eine Show geboten: Europäerin erleidet hysterischen Anfall, Flughafenverkehr für eine Stunde gesperrt. Oder so ähnlich.